Fahrlässige Tötung in zwei Fällen, fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Gefährdung des Schiffsverkehrs – so lautete am Dienstag das Urteil des Würzburger Amtsgerichts gegen einen 27-jährigen Ingenieur aus dem Kreis Aschaffenburg. Für das Schöffengericht stand nach vier langen Verhandlungstagen fest, dass der Angeklagte einen Bootsunfall auf dem Main zu verantworten hat, bei dem zwei junge Menschen ertranken: Er wurde zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt.
Als der 27-Jährige mit einem Freund und zwei jungen Frauen in der Nacht auf Pfingstsonntag 2013 mit dem Auto zum Aschaffenburger Sportboothafen fuhr, hatte er bereits Alkohol getrunken. Am Steuer wollten seine Begleiter den Ingenieur lieber nicht haben, deshalb fuhr eine 19-Jährige, die noch nüchtern war. Dass der 27-Jährige sie dann mit seinem Sportmotorboot mit der Aufschrift „Born to Porn“ zu einer Bucht fuhr, machte ihnen nichts aus.
Auf dem nächtlichen Main fühlten sich die jungen Leute sicherer als im Straßenverkehr – obwohl es auf dem Wasser im Dunkeln deutlich gefährlicher ist, wie Sachverständige im Prozess feststellten. Es war eine stockdunkle Nacht, Hindernisse auf dem Wasser waren wegen der Hintergrundbeleuchtung von beiden Ufern auf dem Fluss selbst nur schwer zu erkennen. Nur der Angeklagte hatte Erfahrung mit Motorbooten: „Es war eine problematische Situation, auf die er nicht mit der nötigen Sorgfalt reagiert hat“, sagte die Vorsitzende Richterin Martina Pfister-Luz.
Dass er das nicht tat, daran war nach Ansicht des Gerichts vor allem die alkoholbedingte Enthemmung schuld: In einer Bucht machte die Bootsgesellschaft ein Lagerfeuer und trank Whisky-Cola. Rund ein Promille Alkohol hatte der 27-Jährige im Blut, als er sich gegen 3 Uhr wieder ans Steuer des Bootes setzte. In einer engen Biegung des Flusses übersah er auf der Rückfahrt ein entgegenkommendes Güterschiff mit Nachtbeleuchtung, konnte nicht mehr ausweichen, es kam zur Kollision.
„Mit mindestens 30 Stundenkilometern“, so der Staatsanwalt, sei der Angeklagte unterwegs gewesen. Fest steht für die Richter, dass er viel zu schnell für die Verhältnisse war. Durch die Wucht des Aufpralls wurden alle vier Insassen aus dem Boot geschleudert. Ein 25-jähriger Mann und eine 22-jährige Frau prallten gegen die Bordwand des Schiffes, wurden bewusstlos und ertranken. Ihre Leichen wurden erst Tage später gefunden. Der Angeklagte und die 19-Jährige konnten sich verletzt ans Ufer retten.
Zur schlechten Sicht hat beigetragen, dass der Angeklagte vier Halogenscheinwerfer an seinem Boot eingeschalten hatte, deren Lichtkegel etwa 20 Meter reichte. „Er ist blind gefahren“, räumte Verteidiger Günther Fenderl (Aschaffenburg) in seinem Plädoyer ein. Der Ingenieur schwieg im Prozess beharrlich. So konnten auch die Folgen des Unfalls für ihn selbst im Urteil nicht berücksichtigt werden. Die Höhe der Strafe sei dadurch begründet, dass der 27-Jährige den Tod von zwei Menschen verursacht habe: „Der Alkohol war der maßgebliche Grund für den Unfall“, sagte Pfister-Luz. Auch sei der Angeklagte mit Sicherheit nicht so langsam gefahren, wie es in der Situation erforderlich gewesen wäre, so die Richterin. Die Angehörigen der beiden Getöteten leiden nach Worten eines ihrer Anwälte am meisten darunter, dass der 27-Jährige sich nicht zu seiner Verantwortung bekennt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.