Die Vorgeschichte des gestrigen Gerichts-Termins liegt fast drei Jahre zurück. Damals genehmigte die Stadt Kitzingen dem Landwirt Reinhard Dennerlein die Erweiterung seines Mastbetriebs an der Ausfallstraße nach Sickershausen. Statt 1000 sollten 1852 Mastplätze entstehen. Dagegen liefen viele der Anlieger am oberen Hohenfelder Ortsrand, aber auch einige Sickershäuser Sturm - wegen Geruchsbelästigungen und möglichen Gesundheitsfolgen des Geruchs. Sieben klagten gegen die Erweiterung, Dennerlein klagte auf sofortige Vollziehung der Baugenehmigung.
Die vierte Kammer des Würzburger Verwaltungsgerichts nahm gestern bei Wind und Regen den Stall des Anstoßes, das geplante Erweiterungsgelände und die Umgebung in Augenschein. Nach nasskalter halber Stunde vor Ort begann die Verhandlung im Kitzinger Rathaus.
Dort, im Sitzungssaal, schlug der Vorsitzende Richter eine "gütliche Einigung" vor. Kern: Der Landwirt baut in den neuen Schweinestall einen sogenannten Bio-Filter (gegen Geruchs-Emmissionen) ein, wie er bereits im zweiten Bauabschnitt der existierenden Anlage besteht. Damit wären auch die Kläger einverstanden gewesen, nicht aber Landwirt Dennerlein.
"Völlig unwirtschaftlich" sei der Bio-Filter, betonte der Schweinemäster. Alleine die Betriebskosten lägen bei rund 35 000 Mark. Die Summe sei nur in einem "sehr guten Schweinejahr zu erwirtschaften". Ausgaben in dieser Höhe bestätigte auch der Fachmann vom Amt für Landwirtschaft in Würzburg. Nach seinen Angaben bedeute der Filter auch Investitionskosten von 150 bis 200 Mark pro Mastplatz.
Zuschüsse seien dazu nicht zu erwarten, lediglich um 3,5 Prozent ermäßigte Darlehens-Zinsen, informierte der Landwirtschaftsexperte. Der unterstrich, dass Biofilter derzeit nie in Neubauten, sondern nur in Stallerweiterungen in unmittelbarer Wohn-Nachbarschaft eingebaut würden.
Gegen das Nein zum Biofilter-Kompromiss setzte der Anwalt der Kläger kräftigen Druck. Komme es nicht zum Vergleich, könnten über Jahre hinweg zivilrechtliche Verfahren gegen Dennerlein laufen. Dieser sah sich allenfalls zu einer Erhöhung seines Abluft-Kamins bereit - als Maßnahme zur möglichen Verdünnung der Gerüche.
Da machten die Kläger nicht mit. Die sind laut Tatbestand vom Gestank genervt, der ins Wohngebiet "Am Bächlein" und Randbereiche von Sickershausen dringe. Brechreiz und Unwohlsein seien die Folge. Ihr Problem: Nach Gesetzeslage müssen Schweinemast-Betriebe erst ab 2000 Plätzen Vorkehrungen - wie den Biofilter - gegen die Stall-Gerüche treffen. Damit wäre Dennerlein nicht betroffen.
Weiteres Problem für die Nachbarn: Gesetzliche Richtlinien ( wie die technische Anweisung Luft) sehen einen Schutzabstand von 300 Metern vor. In diesem Bereich steht jedoch kein Haus der Kläger.
Die berufen sich auf besondere Geländebedingungen und meteorologische Voraussetzungen. So drücke der Wind den Gestank ins Tal, wo er vor allem in den Sommermonaten sich an rund 100 Tagen über Häuser und Gärten lege. Deshalb, so der Anwalt der Kläger, müsse der Schutzbereich ausgedehnt werden. Er beantragte dazu ein Gutachten, eines zur Wirtschaftlichkeit eines Biofilters und zu Gesundheits-Gefahren durch die Schweineausdünstungen.
Alle Anträge lehnte das Verwaltungsgericht nach viertelstündiger Beratung ab. Die örtlichen Verhältnisse seien normal, die Wirtschaftlichkeit des Biofilters nicht entscheidungsrelevant und das Baurecht rein sachbezogen.
Ob nun der Kampf gegen den Gestank siegt oder Dennerlein weitere Mastplätze ohne Biofilter bauen darf, wird der schriftliche Beschluss des Gerichts in den nächsten Tagen ergeben.