Holprig war schon der Start des MVZ. Ende 2008 vertagte der Volkacher Bauausschuss den Bauantrag für einen üppigen Umbau des Wohnhauses mit Anbau wegen ungeklärter Stellplatzfragen und der Umnutzung einer Doppelgarage, bei der der Nachbar wegen der Grenzbebauung die Unterschrift verweigerte.
Das war dem Stadtrat zu viel
Zwei Monate später gab's ein klares Nein im Ausschuss. Acht Befreiungen von den Festlegungen des Bebauungsplans waren dem Gremium einfach zu viel. Zudem seien die Planungsideen der Stadt für das Wohngebiet gänzlich andere, so Bürgermeister Peter Kornell vor Gericht. Die Stadt wolle in dem Bereich keine gewerblichen Nutzungen mehr.
Der Weigerung der Stadt, dem Vorhaben ihren Segen zu geben, schloss sich das Landratsamt als Genehmigungsbehörde an. Ein Grund waren die Ausmaße des Vorhabens, das unter anderem drei Geschosse vorsieht, während der Bebauungsplan nur zwei zulässt. Knackpunkt zwei: Weil das Haus vom Keller bis zum Dach der Medizin dient, werde der in einem Wohngebiet festgeschriebene „Wohnzweck“ unterlaufen.
Den Service-Charakter des Hauses für die Allgemeinheit und die Gesundheit strich der Anwalt von Bauherr Seis heraus. Das Baugebiet lasse „nicht störendes Gewerbe“ wie das MVZ zu. Dies sei im übrigen kein Ärztehaus. Die ProMedKlinik GmbH sei Träger der Einrichtung, die niedergelassene Fachärzte als Angestellte beschäftigen wolle. Künftige Patienten seien damit Kunden des MVZ und nicht des einzelnen Arztes.
Ob nun Ärztehaus oder MVZ – für Bernd Schlör, Abteilungsleiter im Landratsamt, ist das nur eine Frage der internen Organisation. Entscheidend für die Ablehnung des MVZ sei die Größe des Projekts und die unzulässige Aushebelung des Wohnzwecks. Dass schon ungenehmigte Tatsachen geschaffen worden seien, erklärte ein Nachbar, der sich gegen das Vorhaben stemmt. So seien auf zwei Etagen bereits Arztpraxen eingerichtet worden.
Der Nachbar liegt mit Seis im Clinch wegen der Doppelgarage, die auf der Grenze zu seinem Grundstück steht und laut Bauantrag als physiotherapeutische Praxis genutzt werden sollte. Als solche wäre sie allerdings auf der Grenze „unzulässig“, wie das Gericht feststellte. Dies war wohl auch dem Bauherrn bewusst, der laut seinem Anwalt inzwischen die Garage als Lager nutzen will – vermutlich um der Beseitigungsanordnung des Landratsamts zu entgehen.
Leise Zweifel des Nachbarn
Das dürfte klappen, wenn der in der Gerichtsverhandlung ausgehandelte Kompromiss greift und Seis innerhalb von vier Wochen einen Bauantrag für das Lager in der Garage stellt. Leise Zweifel an dieser Nutzung ließ der Nachbar durchklingen, mit Blick auf ein Schreiben von Seis an Bayerns Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel. In dem habe er zugegeben, „unvorsichtigerweise“ das Garagentor durch Fenster ersetzt, Fußboden und Heizung gelegt zu haben – um die Physiotherapiepraxis zu etablieren.
Ob die im Haus weiterarbeiten kann und das Medizinische Versorgungszentrum jemals in die Gänge kommt, ist derzeit noch unklar. Das Verwaltungsgericht gab am Mittwoch lediglich den Urteilstenor bekannt. Die genauen Gründe werden erst in einigen Wochen erwartet (AZ: W 4 K 09.479 und -478).