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LANDKREIS KITZINGEN: Als Schulmilch noch zehn Pfennige kostete

LANDKREIS KITZINGEN

Als Schulmilch noch zehn Pfennige kostete

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    Musikfibel: Diese beiden Gesellen unterstützten die Lehrer in den 80er-Jahren bei der musikalische Erziehung.
    Musikfibel: Diese beiden Gesellen unterstützten die Lehrer in den 80er-Jahren bei der musikalische Erziehung. Foto: Foto: timo Lechner

    September 1984 – erster Schultag in der Grundschule Mainbernheim. Mit meiner blauen Schultüte, prall gefüllt mit Leckereien, stand ich im Schulhaus. Eltern und Großeltern strahlten um die Wette. Wir Kinder konnten den Hype damals nicht verstehen. Schule war wie eine Fortsetzung des Kindergartens, nur mit stillem Sitzen und eben dem Lernstoff. Man kannte jedes Mädchen, jeden Jungen in der Klasse – so war das eben in einer Grundschule auf dem Land in den 80ern.

    Zweckmäßige Ausrüstung

    Die Schulranzen waren viereckig und hatten Lederbänder und Schnallen sowie höchstens zwei Farben. Ponys oder Ritter hatten auf den Büchertaschen noch nichts zu suchen. Die Ausrüstung für den Erstklässler war zweckmäßig und schlicht.

    Wenn mein heute dreieinhalb Jahre alter Sohn – so Gott will – 2017 eingeschult wird, werde ich ihm erzählen, dass wir noch auf Schiefertafeln schreiben lernten. Dann wird er sagen „Quatsch, das war doch bei Oma so“. Stimmt. Und bei Uroma auch. Mitte der 80er hatten aber auch wir ABC-Schützen diese rechteckigen Tafeln, dazu jedoch statt einem Stück Kreide immerhin einen weißen Stift. Riesige Buchstaben wurden auf die Tafeln und in die Hefte gemalt. Die Mädchen kriegten das immer besser hin, wofür wir Jungs sie noch doofer fanden als ohnehin.

    Blaue Finger und Tintenkiller

    Was die heutige Jugend auch verpasst, das sind kopierte Blätter aus der Matrize. Wenn der Lehrer die kurz vor dem Unterricht noch eben frisch durchgezogen hatte, schickte einen der alkoholische Geruch der Farbe auf den Bögen schnell ins Land der Träume.

    Tafelputzen mit dem Schwamm mussten wir uns damals teilen. Da gab es noch keine LED-Wände, auf die die Lehrinhalte projiziert wurden. Als technisches Hilfsmittel hatte der Lehrer höchstens einen Overhead-Projektor. Und bis er das Bild endlich scharf gestellt und an die doch recht unebene Wand geworfen hatte, vergingen meist unzählige Minuten.

    Kugelschreiber waren in der Grundschule der 80er-Jahre verpönt. Wir lernten das Schreiben mit dem Füllfederhalter. Die meisten hatten einen von Geha, wer etwas mehr auf sich hielt, benutzte einen von Pelikan. Der Effekt war immer der selbe: Ständig hatten wir von der Tinte blaue Finger, wenn wir Patronen wechselten. Für Fehler im Heft gab es den Tintenkiller, größere Flecken sog das Löschpapier auf. Die Industrie dieser Produkte verdiente sich dumm und dämlich an uns Schülern.

    Die Zeugnisse wurden vom Klassenlehrer noch mit der Hand geschrieben. Wobei der todsicher keinen Füller benutzten musste, was uns damals schon sauer aufstieß. Für einen Einser zahlten meine Eltern mir als Belohnung zehn Mark, für einen Zweier fünf, für einen Dreier immerhin noch zwei. Reich wurde ich leider nicht – für eine He-Man-Figur für 15 Mark hat es aber meistens gelangt.

    Auf dem Lehrplan standen die Klassiker: Hauptfächern wie Deutsch und Mathematik wurden weitaus

    mehr Stunden eingeräumt als heute. Der Heimat- und Sachunterricht hieß damals noch Heimat- und Sachkundeunterricht, warum auch immer. Daneben gab es Musik, Sport und Religion. Wer hier keinen Einser oder Zweier hatte, galt nicht als Heide, sondern als faul – und eine gute Religionsnote war quasi Ehrensache.

    In der Pause wurde im Schulhaus Milch verkauft, in praktischen 0,2-Liter-Päckchen für zehn Pfennige das Stück. Geschmacksrichtungen: Erdbeere, Schokolade, Vanille und Milch pur. Schoko war immer als erstes aus.

    Fahrt im Schulbus

    Die erste und zweite Klasse hatten wir in Mainbernheim Unterricht, für die dritte und vierte ging es dann mit dem Bus in den Nachbarort Rödelsee. Und damit in eine neue Erfahrung: Schulbusfahren! Im Bus herrschten zwei klare Regeln. Nummer 1: Wer seine Busfahrkarte nicht dabei hatte, wurde vom stets mies gelaunten Fahrer immer angeraunzt, dann aber doch mitgenommen. Nummer 2: Auf der Rückbank sitzen die coolen Großen, und wer sich nur mal aus Versehen dort hinsetzte und nicht dazu gehörte, der durfte sich auf Ärger gefasst machen.

    Auf dem Pausenhof wurden im Gebüsch Bandenkriege ausgetragen. Das war quasi eine erweiterte Form von Fangen spielen, bei der jedoch klare Grenzen von den gegnerischen Gruppen nicht überschritten werden durften. Das Niemandsland, in dem keiner gefangen werden durfte, hieß „Käst“ – was auch immer das bedeutete. Zuhause waren wir immer zwischen halb zwölf oder halb eins. Von Nachmittagsunterricht war noch keine Spur zu sehen. Die Hausaufgaben dauerten im Durchschnitt 15 Minuten – danach hatten wir echte Freizeit, die allerhöchstens von Klavierunterricht oder Fußballtraining unterbrochen wurde.

    Übertritt ans Gymnasium

    Szenenwechsel: September 1989 - erster Schultag im Armin-Knab-Gynasium. Die 90er waren nah, die 70er aber noch allgegenwärtig im Lehrerkollegium. Nahezu die Hälfte der noch aktiven Lehrer hatte mein Vater schon, der 1973 Abi gemacht hatte. Und die waren auch noch im Dienst, als ich 1997 mein Zeugnis entgegen nahm.

    Wenn der Bäcker zur Pause kam, haben wir uns darum gerissen, ihm beim Ausladen seiner Körbe zu helfen – zur Belohnung gab es immer eine Salzstange, und die war lecker! 1989 gab es noch die 13. Klasse. Die Schüler der 12. und 13. Klassen trafen sich im dritten Stock im Kollegstufenzimmer, im Volksmund „KZ“ geheißen. Damals störte sich kein Mensch daran, dass das auch die Abkürzung für Konzentrationslager ist.

    Zuhause lernen? Das war bislang kein Thema gewesen. Nun flatterten aber plötzlich die ersten Dreier und Vierer ins Haus. Das Ende des Jahrzehnts bedeutete für uns Schüler auch das Ende der Unschuld: Jetzt war immer mehr Büffeln statt Freizeit angesagt. Schnell merkten wir: Mit dem Lotterleben war es vorbei. Und: Die Mädchen fanden wir zwar immer noch doof, aber umso mehr, weil die frühreifen Gören sich für uns nicht interessierten, sondern die Sechstklässler besser fanden.

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