Offensichtlich großen Spaß hatten die Mitglieder der Kitzinger BRK-Motorradstreife, als sie ihre schwere Dienstmaschine "aus dem Stall holten", um sie einsatzklar zu machen. Zuerst einmal wurde geputzt und kontrolliert, ob die "Anneliese", wie das Motorrrad liebevoll genannt wird, auch technisch im einwandfreien Zustand ist.
Am nächsten Wochenende, wenn in Berlin, Brandenburg und Hamburg die Sommerferien beginnen, ist auch in Bayern auf der Nord-Süd-Achse der Autobahnen wieder mit hohem Verkehrsaufkommen zu rechnen. Bis in den September hinein, wenn Bayern und Baden-Württemberg als Letzte Ferienende haben. In der Zeit dazwischen: Chaos, Tränen, Lachen, Leid. "Alles ist da geboten", sagt Staffelleiter Hanns Strecker.

Das Einsatzgebiet der Streife ist der Bereich zwischen Steigerwald und dem Biebelrieder Kreuz. Und wenn andere jetzt mit ihrem Urlaub beginnen, fangen die ehrenamtlichen Motorrad-Sanis mit der Arbeit erst an. Jedes Wochenende von Freitag bis Sonntag. Aus Sicherheitsgründen nur zur Tageszeit. "Aber es gibt auch Situationen, wo wir nachts raus mussten", erinnert sich Roland Vicedom. "Bei schweren Lkw-Unfällen zum Beispiel. Wenn alles zusammenbricht."
Der 62-jährige Sommeracher, ein Urgestein der Staffel, ist Anästhesie-Pfleger. Ihm gelang es im letzten Sommer, als die Autobahn wieder einmal komplett verstopft war, ein Kleinkind mitten auf der Fahrbahn wiederzubeleben. Nach einem Hitzekollaps setzte die Atmung aus. Anschließend lotste er mit Blaulicht und Martinshorn das Auto der Eltern bis zur nächsten Abfahrt, wo der Rettungswagen, der im Stau stecken geblieben war, wartete. Das Kind hat ohne Schaden überlebt. "Glücksgefühle kommen da auf!", sagt er.
Freud und Leid nah beieinander
Oft liegen nur Sekunden zwischen Tragik und Freude. "Es gibt nichts, was es nicht gibt", ist die Erfahrung von Thomas Ringelmann aus Biebergau. Über 20 Jahre fährt er das Rettungsmotorrad. "Die medizinische Hilfe ist nur ein Teilbereich", so der erfahrene Motorradfahrer. "Nach Unfällen betreuen wir Angehörige und kümmern uns um verängstigte Kleinkinder." Oftmals gibt es auch verletzte Tiere in den Fahrzeugwracks. "Blutende Wunden können wir auch verbinden", meint ein weiteres Gruppenmitglied. "Und wenn es schwerere Verletzungen sind, organisieren wir über hilfreiche andere Verkehrsteilnehmer den Transport in eine Tierarztklinik, wo wir als Lotsen fungieren."
Für Felix Wallström, Chef des Kitzinger BRK, ist das Motorrad ein ausgezeichnetes Unterstützungsmittel für den Rettungsdienst. "Durch die Wendigkeit und Schnelligkeit erreichen sie oft noch vor dem Rettungsdienst die Einsatzstelle und können die ersten lebensnotwendigen Maßnahmen einleiten." Doch wie so immer hat auch die Motorradstreife mit knappen Finanzmittel zu kämpfen. Und da hatte Wallström eine gute Idee: Derzeit werden alle großen Tankstellen im Landkreis angeschrieben, ob man bei ihnen Plastiktonnen aufstellen kann, in die die Kunden ihre Pfandflaschen einwerfen können. Geleert werden sie dann vom Roten Kreuz, und der Pfanderlös wird der Motorradstreife gutgeschrieben.

BRK-Motorrad-Streife Bei dem Motorrad handelt es sich um eine BMW 1200 RT. Mit der Sonderausstattung hat sie ein Gewicht von knapp 300 Kilogramm und eine Leistung von 110 PS. Im Schnitt legt die Gruppe bei ihren Streifenfahrten pro Woche 1000 Kilometer zurück. Im Jahr 2019 wurden bei insgesamt 15 000 Dienstkilometern 350 Einsatzstunden registriert. Die Streife konnte 95 Verletzten helfen und kam auf insgesamt 150 Hilfeleistungen. Eine Motorradgruppe besteht aus sechs Fahrern, die für die Bedürfnisse einer Motorradstreife eine gesonderte Ausbildung erhielten. Über Spenden freut sich das Kitzinger Rote Kreuz unter dem Stichwort: Spende Motorradstreife – Sparkasse Mainfranken, IBAN: DE41 7905 0000 0000 0035 74. Quelle: BRK
