"Dass ich einmal für ein Bundesamt vorgeschlagen werde, das hätte ich mir nicht träumen lassen", so beginnt Glos seine kurze Ansprache in der voll besetzten Prichsenstädter Mehrzweckhalle und bricht gleich wieder ab, die Stimme versagt ihm, Tränen stehen ihm in den Augen.
Und nicht nur ihm. Ein Blick in die Runde zeigt, das geht ganz schön ans Gemüt. Ein so mächtiger Mann wie Glos, seit einigen Tagen Bundeswirtschaftsminister, den seine Gefühle so mitnehmen. Das schafft Sympathien, da wird so manches Auge ebenfalls feucht.
Eine kurze Pause, ein Schluck Wasser und es geht wieder. Da sorgen die "Opa, Opa, Opa" Zwischenrufe des Enkels, der Glos am Rednerpult entdeckt wieder für Erheiterung.
Sie zeigen aber auch eins: Glos ist angekommen in der Heimat, für ihn ein ganz wichtiger Begriff, der nicht aufgesetzt ist. Und zur Heimat gehört nicht nur seine Familie, seine Stadt, da gehören auch die vielen Menschen dazu, die sich in Prichsenstadt versammelt haben, die ihn von zu Hause abgeholt haben, ihm die Hände geschüttelt, gratuliert und Glück gewünscht haben.
Glos weiß, wem er diesen Erfolg, diesen Aufstieg auf den Zenit der Macht zu verdanken hat. Da spielt natürlich der Zufall eine große Rolle, die richtigen politischen Konstellationen, wie der Rückzug seines Parteivorsitzenden Stoiber aus Berlin. Landtagsabgeordneter Dr. Otto Hünnerkopf bescheinigt ihm: "Du hast ohne Zögern Ja gesagt, Du bist nicht weg gelaufen."
Und da ist die Familie, mit Gattin Ilse an vorderster Front. Wie sehr sie ihm eine Stütze ist, das zeigen die Blicke, die die beiden immer wieder tauschen. Und da sind die Menschen hier in Prichsenstadt, im Landkreis, im Wahlkreis, denen er auch diesen Erfolg zu verdanken hat. Das weiß er und das zeigt er eben auch.
Und denen will er auch erklären, was zur Zeit so alles passiert. Warum er etwa so viele Staatssekretäre, also Vertreter hat, was ihm angekreidet wurde. Das liege an der Größe des Ministeriums, an den vielen Aufgaben, die er selber so genau noch gar nicht kennt: "Ich weiß noch gar nicht, was alles auf mich einstürzt", bekennt er freimütig.
Und ist dann ganz schnell bei der SPD, auch diese Partnerschaft ist ja ganz neu und auch das ist Neuland für seine Anhänger. Deshalb mit ein wenig Schalk im Augenwinkel: "Ich grüße auch die Vertreter des SPD-Ortsverbands ganz besonders."
Die Roten in Bonn bekommen diesmal nicht ihr Fett weg: "Wenn man die Leute näher kennen lernt", so die Einschätzung des Wirtschaftsministers zur Bundes-SPD, "sieht man, dass uns der Wille verbindet: Wir wollen das Beste für Deutschland machen."
Was er sich auch nicht hätte träumen lassen: Dass Michael Glos das erste Kabinettsmitglied der neuen Regierung ist, das nach Russland fährt. Und wieder der Schalk: "Und wieder zurückkommen darf." Bei aller künftiger Weltläufigkeit des Ministers bekennt Glos am Ende. "Ich werde mir immer anmerken lassen, dass ich aus Unterfranken komme: Ich möchte einer von Euch bleiben." Und da ist er wieder der Kloß im Hals von Michel Glos, der die Stimme abwürgt, die Augen feucht werden lässt und die Verbundenheit mit "seinen" Leuten zeigt.