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PRICHSENSTADT: Die zweitkleinste Stadt in Bayern auf Erfolgskurs

PRICHSENSTADT

Die zweitkleinste Stadt in Bayern auf Erfolgskurs

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    Prichsenstadt kletterte in einer steilen Karriere nach oben in die Liste der beliebtesten fränkischen Ausflugsziele. Glückliche Verfügungen füllen jetzt den Stadtsäckel. Das war nach 1926 ganz anders, berichten die Schriften im Stadtarchiv, das im angrenzenden Nebengebäude des Rathauses ebenerdig beheimatet ist.

    1926 gründete die Kleinstadt bereits einen Fremdenverkehrsverein. Die schwer zu kämpfenden Geschäftsleute (Originaltext) erhofften sich durch die Hebung des Fremdenverkehrs wirtschaftlichen Aufschwung durch norddeutsche Sommerfrischler. Prichsenstadt galt als Juwel des Landkreises Gerolzhofen. Seit der Gebietsreform 1972 gehört es zum Landkreis Kitzingen. Die Stadtverwaltung amtiert im Prichsenstädter Rathaus über die Großgemeinde mit zehn Ortsteilen, insgesamt zirka 3 300 Einwohnern.

    Trotz aller gewaltigen Zerstörungen im Mittelalter sind eine Reihe von Fachwerkbauten in der Kleinstadt und Schlössern in den Ortsteilen als Denkmäler vergangener Zeiten geblieben. Die Archivalien der Ortsteile in Altenschönbach, Bimbach, Kirchschönbach, Neuses am Sand, Brünnau, Järkendorf, Neudorf, Stadelschwarzach und den Weilern Ilmbach und Rüdern sind im Prichsenstädter Archiv gesondert archiviert.

    Die Archivbetreuerin Lydia Heming, Stadträtin bis 1996, widmet sich zur Zeit einer besonders diffizilen Aufgabe. Sie archiviert die alten Prichsenstädter Urkunden. In schwieriger Falttechnik ummantelt sie die wertvollen alten Schriften mit säurefreiem Papier um die Dokumente vor dem weiteren Verfall und Säurefraß zu schützen. Das Paradestück dieser Urkundensammlung ist die Urkunde von Kaiser Karl IV. von 1367, in der er seinen Sohn Wenzel als Stadtherr einsetzt und ihn mit weiteren Privilegien ausstattete.

    Dr. Gerhard Wöppel forschte wissenschaftlich im Prichsenstädter Archiv und in den Stadtarchiven Würzburg und Nürnberg. Er publizierte 1968 diese Zeugnisse der Vergangenheit. Zum ersten Mal taucht 1258 der Name des Dorfes "Briesendorf" in einer Urkunde der Grafen von Castell auf. Durch finanzielle Schwierigkeiten gelangt das Dorf mit der Burg in die Hände der Fuchsen von Dornheim. 1366 kaufte der römische Kaiser und König von Böhmen, Karl IV. das Briesendorf dem Fuchsen wieder ab, um eine Landbrücke, einen befestigten Stützpunkt, entlang der Geleitstraße von Nürnberg nach Würzburg auszubauen.

    Kaiser Karl IV. verlieh 1367 Prichsenstadt das Stadtrecht. Prichsenstadt unterstand nun der Krone Böhmens, vertreten durch den Sohn König Wenzel, mit allen Rechten und Pflichten nebst der Gerichtsbarkeit. Um die Kosten der Stadtbefestigung finanzieren zu können, verlieh der König der jungen Stadt das Straßenzollprivileg und das Wochenmarktrecht. Durchreitende Kaufleute gerieten in den Straßenzwang und mussten bezahlen. Turm und gekrönter Löwe zieren seitdem das Wappen.

    Von Fehden geschüttelt

    Zeiten des Wohlstandes, der wirtschaftlichen und kulturellen Blüte und Zeiten der Not lösten sich fortan ab, denn schon bald verpfändete der Stadtherr König Wenzel Prichsenstadt an die Burggrafen von Nürnberg. Damals besaß Prichsenstadt schon einen bedeutenden Weinbau und so rangelte sich wiederholt das Hochstift Würzburg um Auslösung und Pfandschaft. Schutz und Schirm gewährte der Burggraf, dem nun auch die Mark Brandenburg übertragen wurde, gegen die erneuten Angriffe des Hochstifts Würzburg.

    Die Kämpfe zwischen dem Markgrafen und dem Hochstift flammten immer wieder auf und führten zu großen Zerstörungen und Entvölkerungen. In Kleinschönbach blieb kein Stein auf dem anderen. Nur noch ein Protokollbuch und ein Grundstückskataster weisen im Archiv auf die Wüstung hin. 1525 marschierten die Prichsenstädter mit den Bauern zur Burg Zabelstein und vernichteten den Besitz des Hochstifts Würzburg. 1527 zog durch die Markgraftümer die Lehre Luthers ein.

    Die Pest holte sich auch in Prichsenstadt viele Opfern und der Friedhof wurde zu klein. Eine typisch protestantische Anlage mit Predigtkanzel von 1605 entstand vor dem westlichen Obertor.

    Als bleibende Geschichtsquelle liegt die erste zusammenfassende Chronik von 1889, 1939 überarbeitet, in den modernen Rollschränken im Archivraum. Einmaliges und unersetzliches Kulturgut, überwiegend in der Verwaltung aus dem 19. Jahrhundert entstanden, ist hier verwahrt. Die Archivalien wurden in den 80er Jahren durch eine ABM-Kraft verzeichnet. Lydia Heming ordnet die anfallende Registratur. Viele an sie gerichtete Anfragen betreffen Grundstücksnachweise aber auch die Familienforschung einstiger jüdischer Händler.

    Aus dem Verzeichnis der ortsansässigen Juden von 1933 bis 1945 ist die Berufsgruppe "Viehhändler" am meisten vertreten. An fröhliche Tage erinnert das Festprogramm zur Einweihung der neuen Synagoge vom 30. und 31. August 1912. Es lud ein zum Minchagebet und am Sabbat zum Einweihungsball in das Gasthaus "Zum Storch". Nach der Vertreibung der letzten jüdischen Besitzer 1938 stand der "Freihof" leer. Der frühere "Bauhof" des einstigen Schlosses ist die größte geschlossene Hofanlage in Prichsenstadt. Als Besitz der Markgrafen von Ansbach war der "Freihof" von verschiedenen bürgerlichen Pflichten befreit. Durch die "Freyung" bot er gegen Entgelt den Personen Aufbewahrung, denen zum Beispiel Totschlag vorgeworfen wurde. Die Verfolgten konnten bis zur Gerichtsverhandlung bis zu einem Jahr als Asylanten aufgenommen werden. Am Portal des Neubaues von 1592 sind das brandenburgische und zwei bürgerliche Wappen angebracht. 1799 beendete die preussische Regierung das Asylrecht. Später wurde der Freihof als Gasthof mit Tanzsaal und als Brauerei genutzt.

    Goldener Boden

    Nach der Rodung von Laubmischwäldern war der größte Teil in der Gemarkung landwirschaftlich ausgerichtet mit Weinbau am Kronenberg. Im 16. Jahrhundert wird Fischzucht im Wassergraben angegeben.

    "Kunstreiche Hand bringt viel zu Stand" sagt das Handwerkerverzeichnis in der Beschreibung des Kastenamtes von 1732 aus. Um die umliegenden Dörfer mit handwerklichen Gebrauchsgütern zu versorgen, hatten sich zehn Zünfte mit über 30 verschiedenen Berufen zusammengeschlossen. Zwölf Schuhmacher verarbeiteten das Leder zu Schuhen. Wild aus dem Steigerwald brachte nicht nur Fleisch für die Metzger, sondern auch das Wildleder, aus dem die ansässigen Rotgerber vom Rotwild, die Weißgerber von Kühen und Schafen das Leder gerbten. Der Gerbersee mit der Gerberlohe (getrocknete Rinde der Traubeneiche) weisen auf den Berufsstand "Gerber" hin.

    Die Waldtiere und der Hasenreichtum um Prichsenstadt herum lieferten dem Kürschner Pelze. Sechs Schneider waren mit der Herstellung von Bekleidung beschäftigt.

    Ein beträchtliches finanzielles Polster erhielt Prichsenstadt von dem Apotheker Carl August Paulus Ebenauer. Er verstarb 1964, sein Testament ist archiviert. Ein großzügiges Aktienpaket stiftete er der Stadt. Das Rathaus von 1682 und der hohe Stadtturm, einst Wohnung des Feuerwächters, werden dank dieses Geldes die nächsten Sanierungsobjekte sein, um dem Städtchen sein romantisches Aussehen zu erhalten.

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