Kommen Babys heutzutage eigentlich schon mit einem Smartphone-Wischfinger auf die Welt? Sicher ist, die Kleinen wachsen von der Wiege an mit digitalen Medien wie Smartphone und Tablet auf. Eine Herausforderung für die Eltern und eine Herausforderung, der sich die Kindergärten "Zauberbaum" in Hohenfeld und "Haus für Kinder St. Sebastian" in Dettelbach stellen.
Sie sind zwei von 100 bayerischen Kindertagesstätten, die beim Modellversuch "Medienkompetenz in der Frühpädagogik stärken" mitmachen. Praktisch heißt das für die Kindergärten: Ihnen werden Tablets, Beamer und Mediencoaches für drei Jahre zur Verfügung gestellt.
Ende dieses Jahres läuft das Projekt aus. Nina Hahn, Leiterin des Kindergartens "Zauberbaum", ist mehr als zufrieden: "Für die Kinder war die Teilnahme auf jeden Fall ein Gewinn." Auch ihre Dettelbacher Kollegin Manuela Welter, Leiterin vom Kindergarten "Haus für Kinder St. Sebastian", zieht ein positives Fazit: "Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht."
Magische Anziehungskraft
Auch die kritischen Eltern sind mittlerweile überzeugt. Ihnen wurden die Hintergründe erklärt, das Projekt genau vorgestellt und so die Sorgen genommen. "Viele fanden es aber auch von Anfang an gut", erinnert sich Hahn an den Start.
Statt gedruckter Elternbriefe gibt es jetzt ein eigenes Informationstool. Da das Handy ohnehin meistens bei der Hand ist, ist das Tool praktikabler als die Homepage. Essensauswahl, Infos über Elternabende oder die Abmeldung der Kinder – alles läuft jetzt digital über die App.
"Das reduziert die Telefonate am Morgen enorm", sagt sie. Diese Beobachtung hat Welter auch in Dettelbach gemacht. "Die junge Generation ist mit dem Smartphone erreichbar", sagt sie. Besonders schön findet sie es, dass "alle Eltern zur gleichen Zeit auf dem gleichen Informationsstand sind".
Die digitale Zusammenarbeit mit den Eltern ist einer der drei Bereiche, um die es in dem Modellversuch geht. Ein anderer Bereich ist die Stärkung der medienpädagogischen Kompetenz der Erzieher. Bevor es losging, wurden sie geschult, wurde ihnen erklärt, was wichtig ist, wurden Apps für Kinder und die nötigen Sicherheitseinstellungen erklärt und gezeigt.

Der dritte und spannendste Bereich ist die Arbeit mit den Kindern und mit den digitalen Medien. Der Studieninitiator, das bayerische Institut für Frühpädagogik, geht davon aus, dass medienkompetente Kinder besser vor den Risiken in der digitalen Welt geschützt sind. Hahn hat beobachtet, dass viele Buben und Mädchen schon Grundkenntnisse haben. Oder, wie Welter es sagt: "Die Geräte haben eine magische Anziehungskraft." Im Kindergarten sollen sie nun lernen, sich in einer komplexen Medienwelt zurechtzufinden.
Kreatives Werkzeug
Das heißt nicht, dass jedes Kind ein Tablet in die Hand bekommt und für sich alleine die digitale Welt erforscht. Das ginge auch gar nicht, da dem eingruppigen Hohenfelder Kindergarten nur zwei Tablets zur Verfügung gestellt wurden, in Dettelbach sind es bei drei Gruppen sechs Geräte. Hahn und Welter ist es wichtig, dass die Kinder nie alleine am Gerät sitzen.
"Die Kinder sollen reden und sich austauschen", erklärt Hahn. "Soziale Kompetenzen sollen nicht zurückstecken", ergänzt Welter. Beide Erzieherinnen sind sich einig, dass man schon früh die Chance der digitalen Bildung nutzen muss, um die Risiken zu minimieren. Auch wenn die Kinder nur selten im Internet unterwegs sind, werden sie auf einen sensiblen Umgang mit Daten oder Fotos aufmerksam gemacht. Meistens wird das Tablet als "kreatives Werkzeug genutzt".

Zum Beispiel in der "Löwenschule". So heißt die Vorschule im Kindergarten "Zauberbaum", und dort werden die Tablets regelmäßig eingesetzt. "Du musst hier drücken", erklärt Jaron Amelie. Heute sollen die Kinder über eine App ein Buch über ihr Lieblingstier erstellen. Mit der App können Stimmen aufgenommen werden, Bilder gezeichnet, Texte geschrieben und auch Fotos auf die Seiten eingefügt werden. Dafür müssen die Kinder erstmal auf Papier und mit einem Stift ihr Tier malen.
Die Stifthaltung ist nämlich auch im digitalen Kindergarten wichtig. "Meine Katze wohnt in einem Tempel und heißt Tiger. Tiger liebt es zu springen", spricht Magdalena ins Tablet. Nina Hahn hält sich im Hintergrund, lässt die sechs Vorschulkinder erstmal alleine machen. Erst, wenn diese nicht mehr weiter wissen, greift sie ein.
Kompetent in die digitale Welt
In Dettelbach spielt das Tablet eine wichtige Rolle für das Vulkan-Projekt. Zusammen mit dem Vulkanologen Valentin Troll, der an der Universität in Uppsala in Schweden forscht, lernen alle Kinder diese besonderen Berge kennen. "Das fängt in der Krippe an und geht bis in die Vorschule", erzählt Welter. "Ohne digitale Medien wäre dieses Projekt einfach nicht machbar."
Egal ob Vulkane oder selbst gestaltete Bücher – das Tablet bestimmt nicht den kompletten Tag der Kinder. Brettspiele, Gruppenspiele oder freies Spiel sind nach wie vor wichtig. "Die Kinder sollen lernen, dass das Tablet ein Werkzeug ist wie ein Stift oder eine Schere", erklärt Hahn. Im "Zauberbaum" und auch in "St. Sebastian" funktioniert das gut. Es soll im Kindergarten ein Bildungswerkzeug sein – damit die Kinder fit und kompetent ihren Weg in die digitale Welt gehen können.
Anmerkung der Redaktion: Die Autorin war vor der coronabedingten Schließung zum Ortstermin im Kindergarten. Mittlerweile können wieder alle Kinder in Kindergarten und auch die Arbeit mit dem Tablet geht weiter. Bevor die Buben und Mädchen starten, müssen sie sich gründlich die Hände waschen, danach wird das Gerät desinfiziert.