Wer macht sich schon Gedanken darüber, ob Kabeljau überfischt ist oder nicht, wenn er vor der Kühltheke im Lebensmittelmarkt steht? Anders im Bauch des Schiffes „MS Wissenschaft“, das an diesem Freitag, 7. September, und am Samstag, 8. September, am Mainkai in Kitzingen festmacht.
Dort gibt es unterschiedlich lange Modelle von Fischen, die man auf einen Messtisch legen kann. Sofort zeigt ein Display an, dass sich der nur 35 Zentimeter lange Kabeljau wahrscheinlich noch gar nicht fortgepflanzt hat und nicht gefischt werden sollte.
Das mit den Fischen ist nur ein Beispiel für die vielen Alltagsthemen, die auf dem Schiff unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit unter die Lupe genommen werden. Vieles ist interessierten Zeitgenossen bekannt – zumindest vom Grundsatz her. Hier aber ist es besonders anschaulich dargestellt. Oft laden die Themenstände sogar zum Spielen ein und sind daher auch für Kinder geeignet. Zehn Jahre alt sollten sie allerdings schon sein, um das Dargebotene zu verstehen, rät Vanessa Fremd.
Als Themen wurde das aufgenommen, was jedem Menschen täglich begegnet – und worauf er oft selbst Einfluss nehmen kann, indem er nachhaltiger oder weniger nachhaltig handelt. Früher hätte man gesagt: umweltfreundlich.
Die Wohnung, der Markt, das Kaufhaus, der Bahnhof, das Reisebüro, der Spielplatz, der Stadtpark, die Stadtwerke und die Stadt selbst sind Schauplätze der interaktiven Schau.
An einem großen Berührungsbildschirm kann man jeweils eine Stadt in Europa, in Asien oder in Lateinamerika bauen, indem man Elemente wie Wohnraum, Industrie, Straßen, Schienenwege, Grünanlage, Bäume oder Wasserflächen auf den Stadtplan zieht. Sofort werden die Auswirkungen dieses menschlichen Tuns aufgezeigt, beispielsweise mit den Hinweisen „zu viel Emission“, „zu wenige Arbeitsplätze“ oder „zu wenig Wohnraum“.
Man erfährt, dass alleine der Konsum von Schnittblumen in Deutschland so viel Treibhausgas verursacht wie das komplette Land Eritrea in Afrika. Was bei der Diskussion ums Energiesparen weniger berücksichtigt wird: Energiesparende HQL-Lampen werden von Insekten besonders intensiv wahrgenommen und locken sie daher besonders an. In der interaktiven Schau kann man sich in die Rolle einer Eule versetzen, die solche Insekten jagt. Man breitet die Arme zum Steuern wie Flügel aus. Trickreich die Technik: Eine Kamera nimmt die Armbewegungen auf und man steuert so einen Flugkurs durch einen Park mit Bäumen und Laternen. Fliegt man zu einer Laterne, gibt es zur Belohnung eine Frage, die man wieder per Armbewegung beantwortet.
Mit einem Stepper kann man einen 304 Meter hohen Mast erklimmen, der in der russischen Taiga steht und der Erforschung der Luft und des Klimas dient. Anschaulich wird erklärt, welche Materialien in einem Handy „versteckt“ sind und dass sie aus aller Welt kommen.
Ein Kino mit 14 Kurzfilmen rundet den Rundgang durch das 100 Meter lange und 9,50 Meter breite Schiff ab. Im Sommer dient es als Ausstellungsschiff, im Winter ist es als Frachtschiff unterwegs.
300 Wissenschaftler haben an der Ausstellung mitgearbeitet. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Seit elf Jahren schon ist das Schiff alljährlich unterwegs. In den Vorjahren lauteten die Themen „Energie“ und „Gesundheit“, im kommenden Jahr wird der demografische Wandel im Mittelpunkt stehen.
Start war heuer Ende Mai in Berlin. Über Hamburg und Bremen ging es den Rhein hinauf. Vor Kitzingen kamen Karlstadt und Aschaffenburg, danach folgt Wien. Auf dem Rückweg ist Würzburg von 12. bis 15. Oktober an der Reihe.
Die Öffnungszeit ist von 10 bis 19 Uhr, der Eintritt frei.
ONLINE-TIPP
Mehr Information unter
www.ms-wissenschaft.de und www.zukunftsprojekt-erde.de
MS Wissenschaft
Schwimmende Ausstellung: „Die MS Wissenschaft“ wurde 1969 als MS „VERA“ auf der Bauwerft Elfring Haren/Ems gebaut und fährt seit 1987 als MS „Jenny“. Das Schiff hat eine Länge von 105 Metern ist 9,50 Meter breit und hat einen Tiefgang von 3,16 m. Der Laderaum ist 77 Meter lang, 7,7 Meter breit und 3,7 Meter hoch. Die Gesamttonnage von 2303 Tonnen entspricht der Kapazität von 92 Lastwagen. Angetrieben wird das Schiff von einem Sechszylinder Schiffsdiesel mit einer Leistung von 1100 PS bei 375 Umdrehungen pro Minute. Kapitäne sind Albrecht und Karin Scheubner. 2010 gehörte die MS Jenny als Event- und Ausstellungsschiff zu den Preisträgern der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“. fw