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SULZFELD: Ein Stück Süden: Sulzfeld greift nach der Goldmedaille

SULZFELD

Ein Stück Süden: Sulzfeld greift nach der Goldmedaille

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    „Bisher hatten wir immer Glück gehabt, wenn die Prüfungskommissionen kamen“, sagt Sulzfelds Bürgermeister, und es scheint, als ginge ihm gerade jetzt ein Stoßgebet durch den Kopf. Vom weichen Licht durchflutete Gassen wären keine schlechte Hilfe für den Sprung aufs Siegertreppchen beim Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Kreis- und Bezirksentscheid hat der Weinort mit dem mediterranen Flair schon gewonnen, im Frühjahr gab's die Goldmedaille auf Landesebene, und am 8. September will sich nun die Kommission des Bundesentscheids in Sulzfeld umsehen. Für Schenkel und seine Mitstreiter waren die Vorbereitungswochen Stress pur. An tausend Dinge musste gedacht, nichts sollte dem Zufall überlassen werden. Denn was früher unter dem Namen „Unser Dorf soll schöner werden“ mehr eine Art Blumenschmuck-Wettbewerb war, ist inzwischen viel mehr. Wer heute beim Dorfwettbewerb gewinnen will, muss die strengen Damen und Herren der Prüfungskommission davon überzeugen, dass das Dorf nicht nur Zukunft hat, sondern auch schon ein wenig in ihr angekommen ist – wie Sulzfeld zum Beispiel. „Früher haben die alten Leute drinnen gewohnt, die jungen sind nach draußen in die Siedlung gezogen. Den Trend haben wir umgekehrt, wir sind hier weg von der Abrissbirne“, berichtet Gerhard Schenkel. Wie zum Beweis zeigt er auf Sulzfeld ältestes Haus in der Langgasse. Das 1437 erbaute Bauernanwesen hat vor über zehn Jahren eine junge Familie erworben – heute ist es ein Schmuckstück mit Lebensqualität. Ähnliche Beispiele gibt es überall im Ort.

    Als es Mitte der 80er Jahre darum ging, für die Gebäude innerhalb der Dorfmauern eine Gestaltungssatzung zu erarbeiten, waren Skepsis und Ablehnung im Ort groß. Auch heute noch gibt es immer wieder Debatten, zum Beispiel wenn ein Weingut ein Betriebsgebäude mit topmodernen Konturen genehmigt bekommt, während man anderswo Glas- und Metall als Fassadenelemente ablehnt. „Da muss man sehr mit Fingerspitzengefühl arbeiten“, sagt Gerhard Schenkel. „Aber es ist eben ein Unterschied, ob – wie bei dem Weingut – ein Architekt mit edlen Materialien arbeitet oder ob jemand seine Sachen im Baumarkt kauft. Unsere Gestaltungssatzung gilt ja als hart, aber inzwischen sieht man auch die Ergebnisse“, meint der Bürgermeister.

    Und Ergebnisse hat Sulzfeld nicht nur vorzuweisen, wenn es um Straßen, Dächer und Fassaden geht. Auf knapp 40 Seiten haben Autoren aus der Vorbereitungsgruppe zusammengetragen, was so alles für Sulzfeld spricht. Da geht es um Entwicklungskonzepte, um Architektur und Grüngestaltung oder um soziale Angebote für alle Altersgruppen. Ziemlich am Schluss ist der Broschüre, die den Mitgliedern der Prüfungskommission ihr Ja zu Sulzfeld erleichtern soll, ein Argument der besonderen Art beigeheftet: der Veranstaltungskalender. Dass sich in einem 1450-Seelen-Ort zwischen Mai und September kaum ein Wochenende ohne Veranstaltung findet, spricht eine deutliche Sprache: In Sulzfeld geht was.

    Doch Gerhard Schenkel weiß natürlich, dass man auch andernorts nicht schläft. Etwa zwei Dutzend Mitbewerber gibt es beim Bundesentscheid, ein paar davon hat er sich angesehen. Überhaupt: Ganz ablegen kann der Bürgermeister die „Wettbewerbsbrille“ derzeit sowieso nicht, wahrscheinlich auch nicht im Italien-Urlaub, den er sich vor dem großen Endspurt gönnt: „Dort sehe ich mir gern die alten Städtchen an, es gibt immer etwas abzuschauen.“ Das südliche Lebensgefühl hat sich unterdessen längst in Sulzfeld am Main breitgemacht. „Auch bei uns spielt sich das Leben oft draußen ab“, sagt Schenkel und zeigt auf Bänke und Sitzgruppen vor den Häusern. Auch die Kinderfahrräder, die sich in Reihe an ein Wohnhaus lehnen, gehören dazu: „Die Kommission darf ruhig sehen, dass bei uns Leben im Ort ist.“

    Willkommen sind indes nicht nur neue Bewohner, auch für Gäste öffnet Sulzfeld gern die Tore. An diesem Freitagvormittag pilgern die Touristengruppen im Stundentakt durch den Ort. Allerdings: „Massentourismus wie in Rothenburg ist nicht unser Ziel, wir setzen auf Individualreisende“, sagt Schenkel. Und die Besucher erwartet in Sulzfeld nicht nur good old Germany in Reinkultur, sondern auch fränkische Gastlichkeit. Lokale und Weinstuben haben sich im Dorf gehalten, während sich andernorts die Gastronomie zurückzog. Auch in vielen Weingütern bekommt der Besucher seinen Schoppen kredenzt.

    Einladend will Sulzfeld sein und sich genauso auch am Mittwoch zeigen. „Die Lokale und Weingüter machen alle auf, das ist doch klar“, sagt Schenkel. Ein Glockenläuten überm Tor wird die Prüfungskommission begrüßen – danach gilt's. Irgendwann Ende des Jahres wird Schenkel dann einen Anruf bekommen. So viel ist klar: Wenn's geklappt hat mit der Goldmedaille, wird nicht nur die kleine Glocke überm Maintor läuten. Dann muss der Kirchturm ran.

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