Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kitzingen
Icon Pfeil nach unten

Knauf: 85,5 Millionen Euro "unangemessen"

Kitzingen

Knauf: 85,5 Millionen Euro "unangemessen"

    • |
    • |
    Knauf: 85,5 Millionen Euro "unangemessen"
    Knauf: 85,5 Millionen Euro "unangemessen" Foto: FOTO EIKE LENZ

    Knauf reagierte auf die in der vergangenen Woche wegen angeblicher Preisabsprachen mit der Konkurrenz verordnete Buße aus Brüssel mit ungewöhnlicher Schärfe. "Diese Strafe ist ungerecht und unverschämt. Die Höhe steht in keinerlei Verhältnis zu dem gegen uns erhobenen Vorwurf", sagte er am Freitag auf der Jahresversammlung seines Unternehmens in Iphofen. Der geschäftsführende Gesellschafter kündigte gegen den Bußgeldbescheid juristische Schritte an und sprach erstmals davon, geplante Investitionen möglicherweise aufzuschieben.

    Sein Unternehmen investiere pro Jahr 300 Millionen Euro weltweit in den Aufbau neuer Fabriken. "Wenn wir einen Teil der Summe bezahlen müssen, können wir nicht alle Pläne verwirklichen", sagte Knauf. Auf die Liquidität der Unternehmensgruppe Knauf habe die ungewöhnlich hohe Strafe von 85 Millionen Euro keinen Einfluss.

    Der von Baldwin Knauf erwogene Investitionsstopp könnte sich auch auf den Standort Iphofen auswirken. Dort sollten - nach der im nächsten Jahr abgeschlossenen Verlegung der Bundesstraße 8 - die Bandstraßen erneuert werden. Bei diesem Vorhaben spielt allerdings auch die konjunkturelle Lage eine wichtige Rolle. Wenn der deutsche Markt so schwach bleibe wie zuletzt, werde sich die Modernisierung um ein bis zwei Jahre verzögern.

    Trotz der schlechten Situation der Bauindustrie hat sich Knauf auch im Jahr 2002 gegenüber dem Markt behauptet. Während der Umsatzrückgang der Konkurrenten bei zehn Prozent lag, musste Knauf nur einen Abschlag von 8,8 Prozent hinnehmen. Einmal mehr lief das Hauptgeschäft im Ausland. Mehr als drei Viertel des Gesamtumsatzes von 2,9 Milliarden Euro sei außerhalb Deutschlands erwirtschaftet worden. Nur 24 Prozent wurden am deutschen Markt erzielt. Das weltweite Umsatzwachstum seiner Gruppe von zehn bis elf Prozent in diesem Jahr führte Knauf in erster Linie auf den Zukauf von Unternehmen, etwa aus der Dämmstoff-Branche, zurück. Ohne diese neu gewonnenen Geschäftsfelder hätte der Zuwachs nur bei ein oder zwei Prozent gelegen.

    Gute Zahlen kamen vor allem aus Frankreich, England, Spanien, Griechenland, Italien und den Benelux-Ländern. In China liege der Umsatz der drei Knauf-Werke nur leicht über dem Vorjahr. In Russland wolle man demnächst eine neue Bandstraße in Betrieb nehmen. Für den osteuropäischen Markt verkündete Knauf eine neue Personalie: Zum 1. Januar 2003 werde dort Beatrix Knauf die Leitung übernehmen. Sie ist die Tochter von Baldwins Vetter Nikolaus Knauf, der ebenfalls geschäftsführender Gesellschafter ist.

    Weltweit hat die Knauf-Gruppe in diesem Jahr 500 Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten abgesetzt. Aufeinander geschichtet ergäbe dies einen 2333 Kilometer hohen Turm, wie Geschäftsführer Klaus Koch vorgerechnet hat. Für die im Inland tätigen Westdeutschen Gipswerke legte Koch eine Bilanz vor, die er trotz der Wirtschaftsmisere als "tollen Erfolg" bezeichnete. Erstmals seit Jahren sei der Marktanteil im Kerngeschäft der Gipskartonplatten nicht rückläufig. "Wir waren 2002 deutlich besser als unsere Mitbewerber im Markt. Knauf hat eine Qualität, für die der Kunde bereit ist, auch einmal etwas mehr zu bezahlen."

    Koch rief alle Mitarbeiter in einer an den Gemeinschaftsgeist und den Zusammenhalt appellierenden Rede dazu auf, nicht zu jammern, sondern Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. In erster Linie gelte es dabei, sich an Leistung und Erfolg zu orientieren. "Das Versorgungsdenken darf nicht an erster Stelle stehen", sagte Koch, der sich in seiner Rede für eine Unternehmenskultur aussprach, mit der es gelinge, die Mitarbeiter für ihre Firma zu begeistern. Nokia in Finnland habe das geschafft.

    Deutliche Kritik an den deutschen Unternehmensvorständen übte der Betriebsratsvorsitzende Ewald Greif. "Es ist an der Zeit, dass vor allem die Köpfe der Konzerne ihren Egoismus ablegen und zu einer dem Staat und der Allgemeinheit nützlichen Denkweise umschwenken, auch wenn das weniger Profit bedeutet", sagte Greif. Der Gewerkschafter warnte die deutschen Unternehmen, weiter "Raubbau am Staat" zu Lasten der kleinen Leute zu betreiben. Darunter breche irgendwann das gesamte System zusammen.

    Baldwin Knauf war zuvor hart mit der Politik der rot-grünen Regierung ins Gericht gegangen. SPD und Grüne bescherten Bürgern und Industrie immer neue Hiobsbotschaften. Statt den Ursachen der Wirtschaftsflaute auf den Grund zu gehen, beschäftige sich die Regierung Schröder nur mit den Symptomen. Die "größte Perversion" sei dabei das "Steuervergünstigungs-Abbaugesetz", das künftig Abschreibungen von Unternehmen erschweren soll. "Konzentrierter kann man den ganzen Blödsinn gar nicht mehr benennen", sagte Knauf unter Beifall.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden