Wer ein ausgefallenes Bauwerk sucht, der ist bei der Stadt Prichsenstadt richtig: Die will den im 16. Jahrhundert gebauten Eulenturm, den größten von einstmals 21 Wehrtürmen in der komplett erhaltenen Stadtmauer verkaufen. Der neue Besitzer muss aber Geld in die Hand nehmen, um den vom Verfall bedrohten Turm zu retten.
Die gesamte Altstadt von Prichsenstadt ist ein einziges Schaufenster ins Mittelalter. Kaum ein Gebäude, das nicht seine eigene Geschichte zu erzählen hätte, so auch der Eulenturm. Ursprünglich war er der Kerker der Stadt, in ihm wurden alle Verbrecher interniert, die „ihren Kopf verwirkt hatten“. Ein Entkommen aus diesem Turm war praktisch nicht möglich. In acht Metern Höhe führte die einzige Tür ins Innere des Turms und man stand gleich auf der gewölbten Decke des darunter liegenden, tür- und fensterlosen Kerkers. In der Mitte der Decke befindet sich noch heute das Loch, durch das der Missetäter in einem angeseilten Korb hinab gelassen wurde. Ein im vorigen Jahrhundert dort entdeckter steinerner Wasserkrug zeugt davon, dass den Eingekerkerten zumindest Wasser gereicht wurde.
Sobald das „Halsgericht“, das die Stadt ausüben durfte, zu dem Urteil gekommen war, den Verbrecher am Galgen aufzuknüpfen, wurde er aus dem Turm heraus durch die enge „Arme-Sünder-Gasse“ entlang zum Galgen geführt. Der befand sich am Weg von Wiesentheid nach Stadelschwarzach, an einem Weiher mit dem Namen „Galgensee“. Dort vollstreckten die Henker zwischen den Jahren 1555 und 1663 laut Chronik 14 Todesurteile, teils durch den Strang, teils durch das Schwert und teils auch durch das Rad. 1792 wurde Prichsenstadt dem Königreich Preußen zugeteilt und der Stadt das Halsgericht entzogen. Der Galgen stand noch bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts, der Eulenturm hat die Zeit überlebt und ist bis heute eines der Wahrzeichen der Stadt.
Ein Wahrzeichen, an dem die Jahrhunderte nicht spurlos vorbei gegangen sind. Lange Jahre war er, nachdem er als Gefängnis ausgedient hatte, Lagerstätte für Landwirte. Georg Friedrich Döblinger beantragte 1852 beim „Magistrat“ der Stadt, die Pacht für dreißig Kreuzer pro Jahr, zu entrichten an Martini (11. November) jeden Jahres. Döblinger ließ auf eigene Kosten eine Tür durch die Mauer brechen und versprach, der Stadt den Turm zurückgeben zu wollen, sobald sie ihn selbst benötige. Zuletzt war im Eulenturm eine Trafostation untergebracht, bis diese ins Rathaus verlegt wurde. Jetzt ist der Bruchsteinturm vom Verfall bedroht, Tauben bevölkern das Helmspitzdach, auf dem das Schneefanggitter locker ist und Dachpfannen herabzufallen drohen. Mehrere Ziegel sind locker, ein Betreten ist nicht ganz ungefährlich. Der Turm müsste dringend saniert werden, und im Haushalt der Stadt sind auch 200 000 Euro dafür eingestellt worden. Die stellte der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung für ein Jahr zurück und sucht in dieser Zeit einen privaten Investor. Der Kaufpreis steht noch nicht fest, doch der Rat lässt darüber mit sich reden.
Sollte sich ein potenzieller Käufer gefunden haben, muss der- oder diejenige über den normalen Weg eine Bauvoranfrage oder einen Bauantrag an die Stadt richten. Da es sich um einen Teil des denkmalgeschützten Ensembles der Altstadt handelt, ist der denkmalpflegerische Aspekt mit ausschlaggebend für eine mögliche Nutzung.
Der zukünftige Besitzer sollte sich auch auf Auflagen des Landratsamtes als untere Denkmalschutzbehörde einstellen. Aber die, sagt Corinna Petzold, Sprecherin des Landkreises als untere Denkmalschutzbehörde, hängen davon ab, wie der Turm genutzt werden soll, „eine pauschale Antwort können wir jetzt noch nicht treffen“.
Informationen bei Stadt Prichsenstadt, Thomas Mayer, Tel. (0 93 83) 97 50 10.