Es gab und gibt sie in den Ratssitzungen in Prichsenstadt immer wieder: Tagesordnungspunkte, die nachträglich auf die Tagesordnung gekommen sind. Und mehrfach schon hat der Rat darüber diskutiert, was die Geschäftsordnung zu diesem Thema hergibt. Deshalb hatte sich die Geschäftsführerin im Rathaus, Heidi Isidorczyk, an Hubert Nöth vom Landratsamt Kitzingen gewendet. Nöth, im Landratsamt die Anlaufstelle für kommunalrechtliche Fragen, empfahl die Übernahme der Mustersatzung des bayerischen Gemeindetages. Der würde die Prichsenstädter Geschäftsordnung in einigen Punkten nicht entsprechen, insbesondere der Paragraf 26. Mit 9:7 stimmte der Rat der Übernahme der Mustersatzung als neue Geschäftsordnung zu, die am Tag nach der Sitzung gültig wurde.
Nicht nur dieser Paragraf 26 sorgte für einige Diskussion in der jüngsten Ratssitzung. Denn der behandelt auch die Vorgabe, dass Anträge schriftlich und mit Begründung spätestens am zwölften Tag vor der Sitzung beim ersten Bürgermeister zu stellen sind. Sind darin Kosten enthalten, die nicht vom Haushalt gedeckt sind, sollen Vorschläge zur Deckung enthalten sein.
Umgang mit verspäteten Anträgen
Absatz zwei betrifft „verspätet eingehende oder erst unmittelbar vor oder während der Sitzung gestellte Anträge“. Bislang konnten laut Prichsenstädter Geschäftsordnung solche Anträge erst behandelt werden, wenn der Antrag dringlich ist und der Stadtrat der Behandlung mehrheitlich zustimmt. Nun hat die Verwaltung diesen Punkt durch einen Zusatz aus der Musterordnung erweitert. Die erwähnten verspäteten Anträge können wie schon oben beschrieben behandelt werden oder „wenn sämtliche Mitglieder des Stadtrates anwesend sind und kein Mitglied der Behandlung widerspricht“.
Anträge zur Geschäftsordnung oder einfache Sachanträge wie „Absetzen von der Tagesordnung“, „Zurückziehen eines Antrages“ oder Änderungsanträge können weiterhin während der Sitzung gestellt werden.
Damit im Zusammenhang steht der Paragraf 24, Absatz 1, nämlich die rechtzeitig eingegangenen Anträge. Die setzt der Bürgermeister möglichst auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung, spätestens aber nach drei Monaten. Das war Ratsmitglied Alexander Schöpfel zu lang, und er beantragte mündlich die Verkürzung auf zwei Monate. Das lehnte der Rat mit 9:7 ab. „Normalerweise kommt ein gut ausgearbeiteter Antrag möglichst auf die nächste Tagesordnung“, ergänzte Schlehr.
Geheimhaltung für Beschlussvorlagen?
Für Verwirrung sorgte eine Formulierung im Paragraf 4, „Umgang mit Dokumenten und elektronischen Medien“. Die Mustersatzung bezeichnet im Absatz 2 die Beschlussvorlagen und weitere Sitzungsunterlagen als „interne Ausarbeitungen der Verwaltung für den Stadtrat“, und die dürften nur veröffentlicht werden, wenn sie zum einen nicht der Geheimhaltung unterliegen und, der Knackpunkt, sowohl der Bürgermeister als auch die Stadträte unter Wahrung des Datenschutzes zustimmen würden.
Warum sowohl der Bürgermeister als auch die Räte zustimmen müssen, konnte sich niemand so recht erklären. „Diese Formulierung steht auch in der Wiesentheider Geschäftsordnung“, sagte Christoph Schmidt, der im Bauamt der Gemeinde Wiesentheid arbeitet, „wir wissen auch nicht warum, aber wir lassen es einfach stehen.“
Schlehr wies darauf hin, dass die Mustersatzung „juristisch ausgefeilt“ sei. Wegen des Datenschutzes beschwichtigte Schlehr Räte und die Zuhörer: „Wir werfen hier unsere Beschlussvorlage per Beamer auch an die Wand“, sagte Schlehr. (Das ist in vielen Stadt- und Gemeinderatssitzungen der Region gang und gäbe, Anm. d. Red.).