Renate Zirndt ist als Bürgermeisterin die erste Frau in Biebelried. Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Wilhelm Kreuzer, den sie im Mai nach 18 Jahren im Amt abgelöst hat, startet sie ihre politische Laufbahn gerade erst. Vorkenntnisse hat sie kaum, „ich bin von Null auf Hundert“, sagt die 48-Jährige, die viel vor hat. Uns hat sie erzählt, warum sie kritischer beäugt wird, bei welchen Worten sie zusammenzuckt und welche Aufgabe ihr am besten gefällt.
Frage: Sie sind seit gut 100 Tagen im Amt. Wie haben Sie sich eingelebt und was war das Gewöhnungsbedürftigste?
Renate Zirndt: Sehr gut. Ich habe ein breites Aufgabenspektrum. Die Bürger kommen mit vielen verschiedenen Anliegen zu mir, bei denen ich mich manchmal erst einlesen und in der Verwaltung nachfragen muss. Ich kann nicht für alle Fragen Experte sein.
Wer hat sie eingelernt?
Zirndt: Mit meinem Vorgänger Wilhelm Kreuzer hab' ich mich vor der Amtsübernahme ein paar Mal getroffen. Er hat mich über das Wichtigste informiert, mir viel gezeigt und erklärt. Ich rufe auch jetzt noch ab und zu an, wenn ich Fragen habe.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Amt als Bürgermeisterin am besten?
Zirndt: Die Trauungen. Zwei hab' ich schon gehalten. Dass ich mich als Bürgermeisterin auch zur Standesbeamtin bestellen lasse, war für mich klar.
Was war der größte Erfolg bisher?
Zirndt: Im Gemeinderat entscheidet die Mehrheit. Das werte ich dann nicht als persönlichen Erfolg. Gut finde ich aber zum Beispiel, dass alle Gemeinderäte eine Geschwindigkeitsüberwachung im Ort möchten, die den schnellen Durchgangsverkehr verlangsamen soll. Wann und wie das realisiert werden kann, steht allerdings auf einem anderen Blatt.
Und gab es auch etwas, mit dem Sie unzufrieden waren?
Zirndt: Nein. Die Arbeit im Gemeinderat ist sehr konstruktiv. Das heißt aber nicht, dass wir immer einer Meinung sind, es wird auch mal heftig diskutiert.
Haben sich Ihre Erwartungen insgesamt erfüllt?
Zirndt: Ja, auf jeden Fall. Vieles hat mit Verwaltung zu tun und das fällt mir als Verwaltungsbeamtin nicht schwer. Zusammenhänge zu durchschauen, ist mein tägliches Brot.
Sie sind nicht nur Bürgermeisterin, sondern Geschäftsführerin der Kitzinger Arge. Wie kriegen Sie beides unter einen Hut?
Zirndt: Das klappt gut. Obwohl der zeitliche Aufwand für das Bürgermeister-Amt mit 25 bis 30 Stunden pro Woche nicht unerheblich ist. Ich investiere viel in die Abendstunden oder meine Freizeit.
Was sagen Ihr Mann und Ihr Hund dazu? Bleibt bei zwei Tätigkeiten überhaupt noch Zeit für Privatleben und Gassi gehen?
Zirndt: Die beiden müssen schon zurückstecken. Aber mein Mann hat mich von Anfang an sehr unterstützt. Nach zwölf Jahren Ratstätigkeit in Kitzingen kennt er das Geschäft.
Sie sind fast 25 Jahre im Sozialbereich tätig. Wie sozial kann oder muss man als Bürgermeisterin sein?
Zirndt: Man muss schon sozial sein. Aber man muss auch seine Ellbogen einsetzen können und zu seiner Meinung stehen.
Werden Sie anders wahrgenommen als vorher?
Zirndt: Auf jeden Fall (lacht). Leute, die mich seit Jahren kennen, siezen mich plötzlich oder sprechen mich als „Frau Bürgermeisterin“ an. Da zuck' ich jedes Mal zusammen und sage den Leuten, dass sie beim Du bleiben sollen, auch in den Sprechstunden.
Ist es leichter oder schwerer, dass Sie eine Frau sind?
Zirndt: Ich denke, wenn man offen ist und auf die Leute zugeht, ist es egal, ob Mann oder Frau. Ich werde aber bestimmt kritischer beäugt. Zum Beispiel, was die Kleidung betrifft. Bei einem Mann wird darauf nicht so sehr geachtet.
Vor der Wahl haben Sie gesagt, dass Sie die Bürger besser informieren und beteiligen wollen. Wie kommen Sie voran?
Zirndt: Ganz gut. Wir haben zum Beispiel bei den Gemeinderatssitzungen einen neuen Punkt eingeführt: „Bürger fragen, der Gemeinderat antwortet“. Außerdem soll unser Internet-Auftritt verbessert werden und wir wollen einen kommunal-politischen Stammtisch einführen, der mindestens drei Mal im Jahr stattfinden soll. Darin wird das Wichtigste aus den vergangen Gemeinderatsitzungen vorgestellt, die Bürger können Fragen stellen.
Ein paar Wochen nach Ihrem Amtsantritt hatten Sie schon das erste Bürgerbegehren auf dem Tisch – rund 100 Kinder wünschen sich attraktivere Spielplätze. Was ist daraus geworden?
Zirndt: Das war klasse (lacht). Mir ist richtig das Herz aufgegangen als die Kinder reinkamen. Um ihrem Wunsch nachzukommen, hatte die Sicherheit oberste Priorität. Die Mängel, die wir auf den Spielplätzen festgestellt haben, wurden bereits behoben. Jetzt sollen weitere Vorschläge für Anschaffungen gemacht werden. Man kann viel tun, auch ohne großen finanziellen Aufwand.
Ihr einstiger Wahlkampf-Gegner Erhard Müller ist jetzt dritter Bürgermeister. Wie ist Ihr Verhältnis zueinander?
Zirndt: Gut. Das war es auch schon während des Wahlkampfes. Wir haben mehr Wahlwerbung, als -kampf betrieben. Wir von der Allgemeinen Bürgerliste hätten ihn auch gern zum zweiten Bürgermeister gemacht, aber das wollte er nicht.
Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft als Bürgermeisterin?
Zirndt: Eine gute Zusammenarbeit mit Gemeinderat und Bürgern. Ich hoffe, dass es uns gemeinsam gelingt, mit den vorhandenen Mitteln das Bestmögliche zu erreichen.
Zur Person
Renate Zirndt
Die 48-Jährige wurde für die Allgemeine Bürgerliste (ABL) Biebelried Bürgermeisterin. Renate Zirndt ist Geschäftsführerin der vor drei Jahren gegründeten Kitzinger Arbeit- und Grundsicherung (ARGE). Zirndt lebt seit 2001 wieder in Kaltensondheim und ist verheiratet.