Es ist eine so genannte win-win-Situation. Und das seit mittlerweile 26 Jahren. Die Motorradausfahrt der Mainfränkischen Werkstätten ist nicht nur für deren Mitarbeiter ein Erlebnis und ein Gewinn. Auch der Ruf so mancher Motorradfahrer profitiert.
Daniela Steuer und Peter Schädel könnten unterschiedlicher nicht aussehen. Sie in oranger Bluse, mit Halskette und eleganten Schuhen, er in Lederjacke, mit Kopftuch und weißem Kinnbart, der von zwei Gummis gehalten wird. Und dennoch verbindet die beiden seit 26 Jahren eine gemeinsame Aktion. „Wir waren damals eine Randgruppe der Gesellschaft“, sagt Daniela Steuer über die Mainfränkischen Werkstätten. Von Inklusion war im Jahr 1989 noch keine Rede. Menschen mit Behinderung wurden von manchen Zeitgenossen ähnlich schief angeschaut wie Motorradfahrer. „Wir hatten beide ein schlechtes Image“, erinnert sich Peter Schädel, Motorradfahrer aus Leidenschaft. Daran wollten beide etwas ändern.
Zusammen mit Daniela Steuer organisierte Schädel die erste gemeinsame Ausfahrt. Motto: „Zwei Randgruppen begegnen sich.“ 27 Harley-Fahrer waren auf Anhieb dabei, holten die Mitarbeiter der Mainfränkischen Werkstätten an ihrem Arbeitsplatz ab und verbrachten einen ganzen Tag mit ihnen. Mittlerweile hat sich die Zahl der Teilnehmer verdoppelt.
Am vergangenen Freitag standen 52 Motorräder, vier Gespanne und vier Trikes vor dem Lagerhaus in Marktbreit. Begleitet wird der Tross seit Jahren von einer Staffel der Polizei und Mitgliedern des Bayerischen Roten Kreuzes. Die stellen auch einen Bus, in dem Getränke und Rollstühle chauffiert werden. Falls ein Mitarbeiter der Werkstätten nicht mehr auf dem Motorrad sitzen will, kann er auch in den Bus umsteigen. „Das ist bisher aber so gut wie nie passiert“, sagt Steuer.
Große Nachfrage
Während Peter Schädel auf einen Stamm an Mitfahrern zählen kann, sucht sie ganz bewusst immer wieder neue Mitfahrer aus den Werkstätten aus. „Die Nachfrage ist enorm“, versichert sie. „Ich muss immer wieder Absagen erteilen.“ Wer noch nie dabei war, der hat allerdings gute Chancen, auf den Zug, beziehungsweise das Motorrad, aufzuspringen. Frauke Ellingen und Bastian Federling haben es in diesem Jahr geschafft.
„Ich hatte ganz schön Angst“, gibt Frauke Ellingen zu. Noch nie war sie vorher auf einem Motorrad gesessen – geschweige denn mitgefahren. Beim ersten Stopp taten ihr alle Muskeln weh. „Ich war total verkrampft“, sagt sie. Spätestens nach der Mittagspause im Marktbreiter Lagerhaus hat sich die Lockerheit eingestellt. Bastian Federling war von Anfang an ein wenig entspannter. Er ist privat auf einem Motorroller unterwegs. Die Maschine von Hartmut Gruß, auf der er am Freitag Sozius war, hatte da allerdings schon mehr PS. „Das macht noch mehr Spaß“, freute er sich.
Von Würzburg aus setzte sich der Tross über Großrinderfeld in Richtung Marktbreit in Bewegung. Bürgermeister Erich Hegwein hat die Fahrer und Mitfahrer bereits zum sechsten Mal zu einer Mittagspause eingeladen. Dieses Jahr sponsorte die Stiftung der Sparkasse Mainfranken die Mittagspause. Am Nachmittag hatte dann die Fußballabteilung der SG Randersacker auf ihr Gelände zum Abschlussgrillen eingeladen. Weitere Sponsoren helfen Daniela Steuer seit Jahren, ihr Ziel zu verwirklichen: kein Mitarbeiter der Mainfränkischen Werkstätten soll einen Cent für diesen unvergesslichen Tag bezahlen, von dem letztendlich beide Seiten profitieren: Motorradfahrer und Menschen mit Behinderung.