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IPHOFEN: Von Chorknaben mit Rasta-Locken

IPHOFEN

Von Chorknaben mit Rasta-Locken

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    Stimmgewaltig: Der Windsbacher Knabenchor gab in der ausverkauften Iphöfer Kirche St. Veit ein rund einstündiges Konzert.
    Stimmgewaltig: Der Windsbacher Knabenchor gab in der ausverkauften Iphöfer Kirche St. Veit ein rund einstündiges Konzert. Foto: Foto: Lechner

    Sie sehen in ihren schwarzen Roben mit den weißen Krägen fast aus wie kleine Pfarrer. Die rund 70 Sänger des Windsbacher Knabenchors bildeten am Donnerstag beim Weihnachtskonzert in der Iphöfer Kirche St. Veit rein optisch gesehen ein homogenes, wenn auch etwas konservatives Bild. Beide Begriffe könnte man auch auf die musikalische Darbietung anwenden. Wobei man „konservativ“ dann mit „zeitlos“ übersetzen müsste.

    Denn der 1946 gegründete Knabenchor unter der Leitung von Karl-Friedrich Beringer brachte ein echtes Klassiker-Programm weihnachtlicher Musik zu Gehör. Das Publikum in der ausverkauften katholischen Kirche schmolz nur so dahin. Der Windsbacher Knabenchor ist eine Einrichtung der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern und hat sich vor allem unter Beringer zu einem Ensemble mit Weltruhm entwickelt. Diesem Ruf wurden die Knaben auch in Iphofen gerecht. Das Konzert war zum Abschluss des touristischen Jahres in Iphofen ein klangvoller Abschluss – im wahrsten Sinne des Wortes.

    Die Knaben, zwischen neun und 17 Jahre alt, wurden von ihrem Dirigenten zu Höchstleistungen gebracht, verschmolzen zu einem einzigen Klangkörper, der sämtliche Facetten der Dynamik nahezu spielerisch meisterte und einlud, sich von der Musik mitreißen zu lassen. Die jungen Sänger wirkten trotz ihrer strengen Kleidung, zwar andächtig und konzentriert, keinesfalls aber in sich gekehrt oder gar verschreckt.

    Nach den Meldungen im Frühjahr, als ein Spiegel-Journalist Gewaltexzesse rund um den Gründer und ehemaligen Crucianer Hans Thamm aufdeckte, war schlechtes Licht auf den Chor gefallen. Wenn man als Windsbacher Knabe aber sogar Rasta-Locken tragen darf, dann scheint bei dem mittelfränkischen Ensemble doch nicht alles allzu ernst zuzugehen.

    Die Zuhörer durften sich über viele alte Bekannte im Programm freuen. Das „Adeste fideles“ von Georg Philipp Telemann, in Deutschland auch als „Herbei, o ihr Gläubigen“ bekannt, wurde ebenso gespielt wie Johannes Brahms' „Es ist ein Ros entsprungen“ oder das traditionelle „Zu Bethlehem geboren“. Zwischen die großen Namen von Komponisten aus Klassik und Romantik mischten sich auch zwei weniger bekannte: Jean Baptiste Loeillet de Gant, ein Zeitgenosse Händels und der Spätromantiker Felix Alexandre Guilman.

    Unterstützt wurde der Chor von Joachim Pliquett, Solotrompeter des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, sowie Arvid Gast, Professor für künstlerisches Orgelspiel an der Hochschule für Musik in Lübeck. Das Duo brachte einige Zwischen- sowie Vorspiele mit ins Programm ein, wodurch der Konzertcharakter gegeben war.

    Wie gut sich die Iphöfer Kirche St. Veit für solcherlei Darbietungen eignet, wurde am Donnerstag eindrucksvoll bewiesen. Unter den fliegenden Fingern von Arvid Gast wurden der Orgel virtuose Töne entlockt – etwa beim Choralvorspiel zu „In dulci jubilo“. Die hervorragende Akustik des Gotteshauses kam voll zur Geltung. Mit einer Netto-Spielzeit von einer Stunde war das Konzert zwar recht kurz, aber auch sehr kurzweilig.

    Über 60 Jahre Windsbacher Knabenchor

    Seit seiner Gründung im Jahr 1946 durch den ehemaligen Crucianer Hans Thamm hat der Windsbacher Knabenchor Generationen junger Menschen geprägt und musikalisch verbunden. Seit Bestehen des Chores haben mehr als 1500 Buben und junge Männer einen entscheidenden Abschnitt ihres Lebens dort verbracht.

    Bei etwa 70 Auftritten in Bayern, Deutschland und dem Ausland begeistert der Chor Jahr für Jahr rund 35 000 Konzertbesucher.

    Geschichte geschrieben haben die Windsbacher, als sie als erstes deutsches Ensemble der Nachkriegszeit in Israel mit der ungekürzten Matthäus-Passion auftreten durften.

    Bei offiziellen Staatsbesuchen mit verschiedenen Bundespräsidenten wurden sie zu musikalischen Botschaftern ihres Heimatlandes.

    Aus dem „Provinzchörle“ der 50er Jahre ist einer der angesehensten Knabenchöre der Welt geworden.

    www.windsbacher-knabenchor.de

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