Seine Ausflüge in die Vergangenheit waren legendär, seine Erzählungen besser als jeder Heimatkrimi. Wenn man so will, hatte Andreas Brombierstäudl ein eigenes Genre ins Leben gerufen: Kriminalgeschichten aus der Iphöfer Historie. Es hatte stets etwas Fesselndes, bisweilen Dramatisches, wenn er wieder einmal auf etwas neues Altes gestoßen war. Wenn er seine Zuhörer mit auf die Reise in eine längst vergangene, für viele vergessene Zeit nahm, hing man wissbegierig an seinen Lippen. Das war es, was er bezweckte: die Vergangenheit wachzuhalten.
Er hatte Witz, er hatte Verstand, er hatte Charisma, Brombierstäudl war zeit seines Wirkens – und das begann nicht erst 1960 als Rektor an der früheren Volksschule Iphofen – ein hellwacher Geist, der auch einmal selbstironisch sein konnte. Diese Gabe ließ ihn – bei aller spürbaren Distanz, die er Fremden gegenüber einnahm – zu einem so gerne gesuchten Gesprächspartner werden. Vertrauen und Sympathie musste man sich bei ihm verdienen. Es wuchs mit den Jahren der persönlichen Begleitung, aber ein gesundes Misstrauen bewahrte er sich immer.
Unfreiwilliger Ruhestand
Er war streng, aber er war gerecht. Das sagen Wegbegleiter und Schüler, die er von 1960 bis 1969 in Iphofen unterrichtete, ehe ihn die Regierung in den unfreiwilligen Ruhestand bat. Für ihn, den Pädagogen aus Leib und Seele, brach eine Welt zusammen. Er suchte sich ein Ersatzuniversum, und er fand es im Iphöfer Stadtarchiv, wo er aufblühte. Nach und nach hob der gebürtige Nürnberger aus den Tiefen vergilbter Blätter historische Schätze, nicht nur zum Selbstzweck, sondern auch zum Wohl seiner neuen lieb gewonnenen Heimat, die ihm 1975 die Ehrenbürgerwürde antrug. Er war der Lordsiegelbewahrer der Historie dieses fränkischen Kleinods – und als er 2009 nach vier Jahrzehnten Abschied nahm von seinem Ehrenamt, schlug ihm selbst die ehrwürdige Standuhr im alten Sitzungssaal des Rathauses die Stunde.
Da fehlte ihm schon sichtlich die Kraft, nicht aber die geistige Frische. Brombierstäudl machte sich danach immer rarer in der Öffentlichkeit, die er ohnehin nie suchte. Am vergangenen Donnerstag ist er mit 97 Jahren gestorben. Die Stadt wird ärmer sein ohne den rührigen älteren Herrn, der stets fester Teil ihrer Geschichte bleiben wird.