Und ob man mit einem Schuldenberg das Haushaltsloch stopfen kann. Auch lässt sich trotz Hartz IV im Har(t)z durchaus zu viert Urlaub machen. Geht alles. Zumindest wenn es die Leipziger Pfeffermühle macht. Franziska Schneider, Hans-Jürgen Silbermann und Burkhard Damrau nahmen ihr Publikum in der ausverkauften Alten Synagoge in Kitzingen mit auf eine knapp zweistündige „Krötenwanderung“.
Hineinlachen in den 1. Mai – das hat in Kitzingen gute Tradition. Seit Jahren fahren Gewerkschaftsbund und vhs in Sachen Kabarett das Beste vom Besten auf. Und nicht nur, weil es die Leipziger Pfeffermühle seit nunmehr 55 Jahren gibt, zählt sie in Deutschland mit zum Allerbesten.
Gepfeffertes
Wie es sich bei dem Namen gehört, geht es gepfeffert zur Sache: Aus Wolfgang Schäuble wird Dr. Wolfgang Seltsam, der „mit 4,8 Stundenkilometern voranrollt“. Claudia Roth mutiert zur fleischgewordenen Biotonne. Schließlich taucht noch Frau Uvdl auf, die Kurzversion von Ursula von der Leyen.
Die Krötenwanderung führt zu den Schauplätzen der Krise: Zu den Schrempps, Wiedekings und Zumwinkels dieser Welt. Dabei geht es immer wieder um die Frage, in welchen Zeiten wir eigentlich leben: Statt aufzubegehren sagen die Leute nichts ohne ihren Alltours. Ein Papst, der ungläubig den Kopf schüttelt. Lachmöwen, die sich auf Heulbojen verziehen. Und vielleicht bald schon eine Reform, die sich „Brüderle V“ nennt.
Es geht aber noch schlimmer: Wer eine Bank überfällt, geht das Risiko ein, mit Schulden wieder rauszukommen. Selbst die Pleitegeier sind ausgeMerkelt. Dazu kommen die so genannten Leistungsträger mit ihren Aktenköfferchen, die nur eines im Sinn haben: Wen sie am Vormittag bescheißen und was sie sich am Nachmittag denn so unter den Nagel reißen. Da erschrecken dann selbst Heuschrecken.
Wenn gerade nicht alles so ungemeint traurig wäre, hätte man wahrscheinlich noch viel mehr über das Pfeffermühlen-Trio lachen können. Zum Beispiel über die Geschichte, wie der ehemalige Postchef Klaus Zumwinkel zum Steuerhinterzieher wurde. Das lag an dem Vornamen und der ständigen Aufforderung: Klau's! Klau's!
Aber so ist das eben: Früher stand man noch vor schwierigen Zeiten. Heutzutage steht man vor schwierigen Pleiten. Um so besser, dass es die Pfeffermühle gibt, die sich über die Je-schlimmer-das-Verbrechen-desto-geringer-die-Strafe-Justiz ebenso gekonnt hermacht wie über unser aberwitziges Gesundheitssystem.
Vorsicht, lebende Satire
Weshalb der Warnhinweis auf dem Auto mit dem Leipziger Kennzeichen vor der Synagoge durchaus seine Berechtigung hatte: „Vorsicht, lebende Satire!“ stand an der Seitenfront und auf dem Heck prangte der Spruch „An uns kommen Sie nicht vorbei!“
Beides kann als wahr unterstellt werden. Wenn überhaupt, gib es nur eine ganz kleine Mäkelei: Die Globalisierung zeigt sich inzwischen auch bei den Leipziger Kabarettisten – das wunderbare und zutiefst erotische Sächsisch tauchte fast nicht mehr auf.
Nur einmal blitzt es auf und taugt dann auch gleich zum Leitmotiv der Krötenwanderung: „Hätscht Hädsch-Fonds, hätscht nichts mehr!“ Da muss selbst der Schuldenberg im Haushaltsloch passen.