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DETTELBACH: Wenn Steine ins Fließen geraten

DETTELBACH

Wenn Steine ins Fließen geraten

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    Internationales Bildhauersymposium: Sechs Künstler geben in Dettelbach mächtigen Muschelkalk-Steinen neue Formen.
    Internationales Bildhauersymposium: Sechs Künstler geben in Dettelbach mächtigen Muschelkalk-Steinen neue Formen. Foto: Fotos: Peter Pfannes

    Es ist Leben eingekehrt an der Mainlände in Dettelbach. Es staubt, es kracht, es klopft. Sechs Bildhauer sind seit Mittwoch an der Arbeit und fräsen ihre Ideen in mächtige Steine aus Muschelkalk, gut vier Wochen lang. „Panta rhei“ (Alles fließt) lautet das Thema des zweiten Internationalen Bildhauersymposiums. Die letzten der bis zu acht Tonnen schweren Kolosse wurden Anfang der Woche mit einem Schwerlastkran auf der Wiese platziert.

    Am Sonntag, 1. Juni, findet um 15 Uhr im KuK eine Vernissage zu dem Bildhauersymposium statt. Anschließend können die Gäste den Künstlern an ihrem Arbeitsplatz über die Schultern schauen und sich einen Überblick über den Fortschritt ihrer Steinarbeiten verschaffen.

    Damit nicht nur das Geschehen in Dettelbach, sondern auch der Informationsfluss nicht ins Stocken gerät, stellt Ihnen diese Zeitung die Künstler vor und begleitet sie in den kommenden Wochen in Wort und Bild bis zur Vollendung der Kunstwerke, die später einen Skulpturenweg bilden werden. Die künstlerische Leitung liegt in den Händen des Dettelbachers Roger Bischoff. Schirmherrin des Symposiums ist Bürgermeisterin Christine Konrad.

    „Meine Inspiration kommt durch die Arbeit selbst.“

    David Svoboda Bildhauer aus Tschechien

    David Svoboda (Tschechien): „Meine Inspiration kommt meist durch die Arbeit selbst. Es ist wie einen Weg zu gehen, verbunden mit der Sehnsucht hinter die nächste Kurve zu schauen“, sagt der 39-Jährige, der in Deutschland, Spanien und Tschechien lebt. Warum er als Bildhauer arbeitet? „Es ist das Abenteuer, etwas spüren, aber nicht genau wissen, etwas wissen aber nicht genau sehen, etwas suchen und hoffen zu finden, etwas sehen und hoffen zu erkennen.“ Wen verwundert es, dass der Weg seines Muschelkalk-Kolosses noch nicht klar definiert ist. Svoboda will eine Kegelform in den Stein hineinfließen lassen. Noch hat er mit der Handarbeit nicht begonnen. Schließlich muss die Vorgehensweise klar überlegt werden, zumal letztlich im Stein zwei Kegel ineinander fließen sollen.

    Hagbart Sollos (Norwegen): „Die Frage, was bei mir entstehen soll, ist eine gute Frage“, scherzt der 63-jährige Bildhauer aus Europas Norden. Ganz so ratlos scheint er aber nicht zu sein, denn er hat schon seine Vorstellungen. Hagbart Sollos plant eine Art Zirkel oder Kreis, angelehnt an einen zweiten Stein, der wie ein Sockel wirken soll. In die Mitte seines Steinquaders will er ein großes Loch hinein schleifen. Im Uhrzeigersinn soll die Zeit in das Loch hineinfließen. „Einen neuen Stein zu bearbeiten ist für mich wie das Treffen mit dem Unbekannten“, sagt der Norweger. Eine große Herausforderung, das Unmögliche möglich zu machen.

    Masa Paunovic (Serbien): „Ich mag seine natürliche Beschaffenheit und Kraft, die mich anspricht“, sagt die 33-jährige Belgraderin, während sie ihren Muschelkalkstein betrachtet. Sie hat ihn selbst in einem Steinbruch ausgewählt und sich ihre Gedanken gemacht. „Was in einer Sekunde passiert, kann in der nächsten ganz anders sein“, ist sie sich der erforderlichen Flexibilität bewusst, mit der sie vier Wochen täglich acht bis zehn Stunden an die Arbeit gehen wird. Ihr steinernes Kunstwerk wird eine abstrakte Form erhalten. Wellen sollen sich in das Gestein hineinbohren, sich spalten und als sanfte Wogen den Stein verlassen, so ihr Plan. Damit will sie zeigen, dass auch das härteste Material den Fluss des Lebens nicht verhindern kann.

    Monika Ritter (Deutschland): „Bildhauerei heißt für mich Raum und Volumen begreifen, ein beseeltes Neues erschaffen durch Zertrümmern, Formen, Schneiden“, erklärt die in Kalchreuth lebende Künstlerin. In ihren Gedanken ist das Ziel ihres Einsatzes in Dettelbach klar definiert. „Ich habe mich innerlich klar festgelegt, möchte das aber noch nicht öffentlich kommunizieren.“ Am Ende soll der Betrachter ihres Muschelkalk-Werkstücks das Gefühl haben, dass zwar alles fließt, aber eine klare Spur von A nach B nicht festzustellen ist. Höhen und Tiefen im dem Stein festzulegen, waren ihre ersten Tätigkeiten. „Den tiefsten Punkt im Stein habe ich jetzt gefunden.“ Von diesem Punkt aus will sie ihre Arbeit fortsetzen.

    Nadja Iseli (Schweiz): In ihrer Werkstatt in Luzern ist das Thema Wasser seit langem ein wiederkehrendes. „So gesehen liegt das Thema Panta-Rhei nahe“, erzählt die Künstlerin aus der Schweiz. Im Stein in seiner ursprünglichen Form offenbare sich die Zeit. Aus seiner Geschichte entwickelt Nadja Iseli ihre Vorstellungen und verbindet sie mit dem Material. Mit dem Winkelschleifer beginnt sie den Muschelkalk in Dettelbach zu traktieren. Das Innenleben des Gesteins überrascht mit unvorhersehbaren Reaktionen, auf die sie reagieren muss. „Es entstehen Gegensätze in Erscheinung und Berührung“, so die Bildhauerin. Was einst bruchartig und in einer eigenen Dimension der Zeit entstand, wird geschliffen und poliert enden.

    Shinroku Shimokawa (Japan): Eigentlich wollte der 35-jährige Japaner Naturwissenschaftler werden. Er hat sich für die Bildhauerei entschieden. „Das Interesse an Naturphänomenen begleitet mich heute noch in meiner Kunst.“ Bei seinem Muschelkalkbrocken in Dettelbach ist er sich unsicher, wie er ihn bearbeiten wird. Nur eines ist klar: „Ich werde nur schleifen und zum Schluss polieren.“ Dass der Stein in seiner ursprünglichen Form erhalten bleibt, glaubt er nicht. „Der Stein wird ein anderes Aussehen erhalten, wie in der Natur auch durch Regen und die Schuhe von Menschen. Bei mir aber schneller.“

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