M it Mitra und Maurerkelle stieg der Papst selbst in den Schacht unter dem Boden der alten Peterskirche. Weil die Zuschauer am Rand drängten und ein Erdrutsch drohte, wollte er, so wird es überliefert, die Zeremonie rasch beenden - und setzte den ersten Stein schief ein. Das war vor 500 Jahren.
Am 18. April 1506 legte Julius II. den Grundstein für die neue Vatikan-Basilika. 18 Päpste nach ihm führten den Bau fort, bis 1615 unter Paul V. die Fassade fertig war und schließlich 1623 das Gotteshaus eingeweiht wurde - nach 117 Jahren. Ein Dutzend Baumeister und Architekten - darunter Genies wie Bramante, Raffael oder Michelangelo - kämpften gegen Probleme der Statik und Geldmangel. Und immer wieder mussten sie ihre künstlerischen Pläne und mitunter exzentrischen Ideen den Vorgaben ihrer Auftraggeber anpassen.
Rund 50 Jahre lang hatten die Päpste des 15. Jahrhunderts versucht, die alte Petersbasilika zu retten, die Kaiser Konstantin um 320 über dem Petrusgrab errichtet hatte. Nach 1100 Jahren war Alt-Sankt-Peter baufällig. Insbesondere die Apsis im vorderen Teil drohte abzurutschen - dort, wo der Christen-Kaiser einen Teil des Vatikanhügels abtragen und einen Abhang mit Erde auffüllen musste, damit die Basilika exakt über dem Petrusgrab stand.
Unter Julius II. zeigte sich, dass ein Neubau unter Verwendung etwa des Langhauses von Alt-Sankt-Peter unzweckmäßig wäre. Den Abbau und Abriss der in den Jahrhunderten gesammelten Kunstwerke, Grabmonumente und Altäre betrieb Baumeister Bramante zunächst mit solchem Elan, dass er bald den Beinamen "Il Ruinante" - der Zerstörer - erhielt.
Wer heute den Petersdom betritt, kann sich angesichts der geschlossenen Architektur kaum eine Vorstellung von der komplizierten Baugeschichte machen. Immer wieder änderten die Päpste ihre Vorgaben, immer wieder mussten die Baumeister nachbessern, bereits errichtete Strukturen abreißen und neue bauen. Zunächst hatte man sich sehr rasch für einen Kuppelbau entschieden, ähnlich dem kurz zuvor errichteten Dom von Florenz. Die entscheidende Frage war dann, ob der Grundriss der neuen Basilika einem griechischen Kreuz oder einem lateinischen entsprechen sollte: Ob er also vier gleich lange Arme und Seitenschiffe haben sollte, oder ob - wie die frühchristliche Basilika - das Hauptschiff länger sein sollte. Man kam zu einem Kompromiss: An die vier gleich langen Seitenarme des Baus wurde im Westen eine Verlängerung angebaut. Damit folgte der neue Petersdom dem Vorbild des Konstantin-Baus.
Mit einer Fläche von 22 067 Quadratmetern, einer Länge von 211,50 Metern und einem (theoretischen) Platzangebot für bis zu 60 000 Menschen ist der Petersdom die größte, die wichtigste und für viele auch die schönste Kirche der Christenheit. Nach der Fertigstellung des Rohbaus gingen die Päpste an die Ausgestaltung des Inneren. In den Seitenkapellen und Nischen wurden Altäre aufgestellt und Kunstwerke errichtet, entstanden Grabmonumente von Päpsten und Heiligen. Entlang des Mittelschiffs befinden sich Riesenstatuen von großen Ordensgründern. 30 Jahre später gestaltete Bernini auch den Petersplatz, in dessen Zentrum schon vorher Sixtus V. den ägyptischen Obelisken aus dem alten Zirkus des Nero und Caligula transportiert hatte.
Bernini errichtete im Zentrum der Basilika, genau unter der Kuppel Michelangelos, auch einen gewaltigen Bronze-Baldachin mit vier gedrehten Säulen. Er erhebt sich über dem Papstaltar, der über den Überresten des Petrusgrabes steht. Dieses Grab blieb als einziges Element während der Bauzeit unangetastet und wurde durch einen Schutzbau mit dorischen Säulen gesichert. Denn dieses Petrusgrab ist schließlich der Grund, warum Konstantin dort auf schwierigem Baugrund seine Basilika errichtete. Und warum vor 500 Jahre dort der Grundstein für den Neubau der schönsten Kirche der Christenheit gelegt wurde.
Im Blickpunkt

Höhepunkte der Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Grundstein-legung des Petersdoms sind eine Festmesse am Patronatstag Peter und Paul (Donnerstag, 29. Juni) und eine große Kunstaus-stellung, die im Oktober im Vatikan eröffnet wird. Dabei soll auch erstmals das Original-Frag-ment der Inschrift "Petrus ist hier" gezeigt werden, das in den 1940er Jahren bei Ausgrabungen an der Begrenzungsmauer des Petrus-grabes gefunden wurde.