Das Gerüst aus Kiefernholz, das Norbert Krieger zusammenschraubte, lässt die Ausmaße der neuen Orgel in der Spitalkirche St. Jakobus erahnen. Das also war einmal die Hausorgel, die der Orgelbauer i. R. in Retzbach aus Leidenschaft zu seinem früheren Beruf für den privaten Gebrauch gebaut hatte. Ab Ende Juli soll die Königin der Instrumente in der Karlstadter Kirche in der Hauptstraße erklingen (wir berichteten).
Der 79-Jährige muss beweglich sein. Viele Schrauben muss er außen und innen festziehen. Er steht, sitzt, hockt, liegt und kraucht auf allen Vieren in das Innere des Instrumentenkörpers. Der Karlstadter Kirchenmaler Josef Geißler wird das Kiefernholz mit Farbe grundieren. „Erst wenn die Kirche selbst restauriert wird, erhält die Orgel in der Farbabstimmung mit dem Kirchenraum auch ihren eigenen Anstrich“, erläutert Norbert Krieger.
Der Retzbacher, der aus einer Gastwirtschaft stammt, kann auch im Ruhestand nicht von seiner Passion lassen. „Ich spielte als Junge die Orgel und wollte mich am Konservatorium ausbilden lassen. Aber es war alles im Krieg zerstört worden“, erzählt Krieger von seinem beruflichen Werdegang. Er lernte Schreiner und danach Orgelbauer. 1961 gründete er seine eigene Orgelbaufirma in Retzbach.
Ein Orgelbauer muss viele Berufe auf sich vereinigen, da er mit Holz, Metall und Leder arbeitet, alles Materialien in einer Orgel. Und natürlich muss er Orgel spielen können. „Wir machten nur die Holzpfeifen selbst. Für die Zinnpfeifen gibt es Spezialwerkstätten, denen muss man allerdings die Intonierung vorberechnen. Für die Feinabstimmung ist der Orgelbauer wieder zuständig, wobei er auf die Raumakustik Rücksicht nehmen muss“, erläutert der 79-Jährige. Ein wenig Sinn für Architektur ist auch vonnöten, so Krieger, schließlich ist die Orgel der größte Gegenstand in einer Kirche.
Die Krieger-Orgel in der Spitalkirche hat Pfeifen aus Holz und aus Metall. Krieger tippt auf Register und Tastaturen und zählt leise: achtmal 56, einmal 32 und zweimal 60. Das sind genau 600 Pfeifen.
Auf seine Hausorgel wurde Kantor Manfred Goldkuhle aus Karlstadt aufmerksam. Und nun verkauft Krieger das Instrument für 20 000 Euro (wir berichteten). Das Geld will der Freundeskreis St. Andreas aufbringen, denn die Spitalkirche gehört zur Stadtpfarrkirche. Die alte Orgel der Firma Steinmeyer, die abgebaut ist, restauriert werden soll und für die Aussegnungshalle im Ostfriedhof bestimmt ist, lagert bei Krieger in der Werkshalle in Retzbach.