Main-Spessart Ein Fest ohne Kuchenbuffet? Undenkbar! Oft reihen sie sich meterlang aneinander, die Torten, Kuchen und Muffins. Aber: Sind im Biskuitboden Mandeln oder keine? Hat der Bäcker oder die Bäckerin Hühnereier verwendet? Ist die Sahnecreme laktosefrei oder nicht? Fragen, die besonders Menschen mit Allergien oder Unverträglichkeiten interessieren. Was genau unter Zuckerguss, Schokoglasur oder Sahnehaube steckt, weiß nur der Bäcker allein. Seit Dezember 2014 müssen allergene Lebensmittel deshalb laut einer EU-Verordnung gekennzeichnet werden – sowohl im kommerziellen Bereich, als auch auf dem Vereinsfest. Hier gibt es allerdings auch Ausnahmen. Wen aber verpflichtet die Verordnung genau und wen nicht? Darin bestehen immer noch Unsicherheiten. Hans-Joachim Engler, zusammen mit vier weiteren Kolleginnen und Kollegen zuständig für die Lebensmittelüberwachung im Landratsamt Main-Spessart, klärt auf.
Frage: Herr Engler, wer muss allergene Lebensmittel kennzeichnen und wer nicht?
Hans-Joachim Engler: Seit dem 13. Dezember 2014 müssen Allergene in Lebensmitteln auf loser Ware, also beim Bäcker, in der Metzgerei, im Restaurant oder auch bei Landwirten mit einem Hofladen nach der neuen EU-Verordnung gekennzeichnet werden. Das betrifft auch Vereine, die nur gelegentlich gewerblich aktiv werden, wenn sie Feste haben; was jedoch eine gewisse Kontinuität der Tätigkeiten und einen gewissen Organisationsgrad voraussetzt. Ausgenommen ist der private, häusliche Bereich.
Was fällt unter den „privaten Bereich“?
Engler: Wenn Privatpersonen gelegentlich mit Lebensmitteln umgehen, sprich sie servieren, liefern oder zum Verkauf anbieten, also zum Beispiel selbst gemachte Plätzchen oder Stollen auf dem Weihnachtsmarkt anbieten oder Fruchtaufstriche beim Schul-Basar. Allerdings ist es oft schwierig, einzuschätzen, wo beginnt der kommerzielle Bereich und was ist noch privat. Da sollte nachgebessert werden.
Jetzt im Sommer reihen sich wieder die Dorfjubiläen – was ist mit denen?
Engler: Jubiläen, Kindergartenfeste, Pfarrfeste sind im Bezug auf Allergene von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Zusatzstoffe wie zum Beispiel Konservierungsstoffe, Farbstoffe oder Geschmacksverstärker sind jedoch grundsätzlich zu kennzeichnen. Allerdings empfehlen wir trotzdem, Zutatenlisten auch für Allergene ausfüllen zu lassen. Schließlich gibt es eine Produkthaftungspflicht, sprich: sollte jemand auf dem Fest einen Kuchen essen und danach allergisch darauf reagieren, steht der Veranstalter mit in der Verantwortung. Wenn er gleich parat hat, was alles in dem verzehrten Lebensmittel enthalten ist, macht das die Sache oft einfacher.
Bei rund hundert Kuchen Zutatenlisten im Vorhinein zu erstellen, hört sich aufwendig an. Wie reagieren Vereine und Fest-Betreiber auf die Zusatz-Aufgabe?
Engler: Die meisten haben sich mit den neuen Gegebenheiten arrangiert.
Wie läuft das praktisch ab?
Engler: Entweder bekommen alle, die etwas Essbares zu dem Fest beitragen eine Liste, auf der mögliche allergene Inhaltsstoffe angekreuzt werden können. Oder jeder schreibt es individuell auf.
Gibt es denn dazu Vorlagen beim Landratsamt, die angefordert werden können?
Engler: Nein, das kann formlos geschehen.
Wie kam es eigentlich zu der neuen Verordnung?
Engler: Bei Erhebungen des Deutschen Allergiker- und Asthmatikerbundes im Jahr 2008 wurde festgestellt, dass 85 Prozent der Teilnehmer mindestens einmal auf Lebensmittel vom Bäcker oder im Restaurant allergisch reagiert haben. Für Lebensmittel in Fertigpackungen gilt die Kennzeichnungspflicht ja schon seit geraumer Zeit, so dass sich der Verbraucher über die allergenen Inhaltsstoffe informieren konnte. Für lose Ware war dies bisher nicht der Fall, so dass der Gesetzgeber hier reagiert hat.
Bekommen Sie oft Beschwerden auf den Tisch?
Engler: Wir bekommen ab und zu Beschwerden teilweise auch aufgrund von allergischen Reaktionen. Wir entnehmen den in Verdacht stehenden Lebensmitteln dann Proben. Untersucht und begutachtet werden sie dann vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.