Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Karlstadt
Icon Pfeil nach unten

KARLSTADT: Armut, Elend und Krankheit hautnah erlebt

KARLSTADT

Armut, Elend und Krankheit hautnah erlebt

    • |
    • |
    Aktive Hilfe für Afrika: Jonas Amrhein (rechts) und Georg Kordowich helfen beim Hausbau für eine ehemalige Leprapatientin.
    Aktive Hilfe für Afrika: Jonas Amrhein (rechts) und Georg Kordowich helfen beim Hausbau für eine ehemalige Leprapatientin. Foto: Foto: DAHW

    Während sich ihre Klassenkameraden bei der Abifahrt vom Schulstress erholten, erlebten zwei Schülerinnen und vier Schüler des Johann-Schöner-Gymnasiums die Armut des afrikanischen Kontinents hautnah. Sie waren in Bisidimo, weltweit eine der ärmsten Regionen mitten im Hochland Äthiopiens, knapp 80 Kilometer von der somalischen Grenze entfernt.

    Was treibt junge Menschen mitten im Sommer in ein Land, in dem nicht mal jeder Zweite Zugang zu sauberem Trinkwasser hat? Die sechs Gymnasiasten wollten sich selbst ein Bild machen, was mit ihrem Spendengeld passiert. Mitte Juli haben die Schüler und ihr Lehrer Raimund Folger den Spendenlauf „Keep on Rolling“ organisiert, bei dem 2000 Karlstadter Schüler rund 40 000 Euro für Projekte des DAHW (Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe), gesammelt haben (wir berichteten). Das DAHW baut in Bisidimo Häuser für ehemalige Lepra-Patienten oder pflanzt Bäume, damit der Grundwasserspiegel wieder steigt. Auf ihrer Afrika-Reise wurde die Schülergruppe von Maria Hisch, Bildungsreferentin des DAHW, begleitet.

    Die jungen Leute können ihre Eindrücke nach ihrer Rückkehr nur schwer in Worte fassen. Zu frisch sind die Eindrücke, zu aufwühlend das Gesehene. Sie wussten, dass die Armut dort schlimm ist. Aber nicht so schlimm wie das, was sie gesehen haben. „Wir haben uns auf Armut eingestellt, aber es war echt heftig“, erzählen die Schüler.

    Plastiktüten als Schutz vor Regen

    Menschen, die in Addis Abeba auf einer Müllhalde nach Essbarem suchen. Menschen, die am Straßenrand hausen, nur geschützt mit Plastiktüten – und das mitten in der Regenzeit. Menschen, die in einer Lehmhütte leben – in der Regenzeit keine optimale Unterkunft. „Eine Kerze steht in der Mitte, sonst ist es dunkel. Und es stinkt. Nach Schweiß, Tieren und Fäkalien“, erklärt Georg Kordowich, der eine solche Hütte von innen gesehen hat.

    Die Armut, die die Schüler in der Hauptstadt Addis Abeba erlebt haben, beschäftigt sie sehr. „Ein deutscher Bettler könnte in Afrika gut leben.“ Ein Arzt verdient dort 300 Euro im Monat, ein Hartz-IV-Empfänger in Deutschland bekomme da mehr. Raimund Folger ergänzt aber, dass die Kaufkraft dort geringer sei. Eine Cola im Restaurant kostet umgerechnet 40 Cent, zu siebt haben sie im Restaurant 50 Euro bezahlt.

    Die Begegnungen mit den Menschen sind es, die sich bei den Schülern ins Gedächtnis eingebrannt haben. „Eine alte Frau, die an den Folgen ihrer Lepra-Erkrankung leidet, hat mich aus lauter Dankbarkeit an sich gedrückt und ist danach in Tränen ausgebrochen, als wir beim Bau ihres Hauses mitgeholfen haben. Das werde ich mein Leben lang nicht vergessen“, erzählt Lukas Teske. Oder das Erlebnis von Georg Kordowich, der mit Krücken in Afrika war. Er wurde von zwei Männern durch ein Dorf getragen, weil sie dachten, er ist behindert. Und einer der Helfer musste selbst am Stock gehen.

    In Bisidimo, das vom DAHW vor 60 Jahren als Lepra-Behandlungszentrum gegründet wurde, haben die Schüler eine Lepra-Station besucht. „Man riecht die Krankheit“, erzählen die Schüler. Trotzdem war der Kontakt mit den Kranken nicht eklig, „man denkt nicht darüber nach, was mit denen ist, wenn man ihnen die Hand gibt“, fasst Georg zusammen. Auffällig war nur, dass ihre Haut härter ist.

    Geschockt waren die Schüler und ihr Lehrer allerdings, als sie auf der Fütterungsstation des Krankenhauses waren. Dort lag ein fünfjähriges Kind, das nur noch 3,5 Kilo wog – dem Hungertod näher als dem Leben.

    Fasziniert waren die Afrikaner von der weißen Haut der Schüler. „Besonders die Kinder haben uns über die Arme und Hände gestrichen. Sie wollten einfach fühlen, wie sich unsere Haut anfühlt“, erzählt Emma Schüpfer. Auch an den Händen haben die Menschen aus Bisidimo gerochen. Das gilt in Äthiopien als Zeichen der Wertschätzung, sagt Maria Hisch vom DAHW.

    Trotz der großen Armut, die die Schüler gesehen und erlebt haben, ziehen sie auch Positives aus der Reise. „Menschen können mit sehr wenig glücklich sein. Und wir können mit dem zufrieden sein, was wir haben.“ Die Menschen in Äthiopien seien so arm, aber so viel freundlicher als in Deutschland. In dieser Armut lerne man kleine Dinge zu schätzen und Glück nicht nur an Materiellem zu messen. Aber auf die Frage, ob sie noch einmal nach Bisidimo und Addis Abeba reisen möchten, schweigen die Schüler.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden