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HAFENLOHR: Arzt soll für Patientenrezepte draufzahlen

HAFENLOHR

Arzt soll für Patientenrezepte draufzahlen

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    Dr. Josef Pullmann: Muss er 35 000 Euro für verschriebene Rezepte zurückzahlen?
    Dr. Josef Pullmann: Muss er 35 000 Euro für verschriebene Rezepte zurückzahlen? Foto: Foto: MP-Archiv

    Internist Dr. Josef Pullmann aus Hafenlohr fühlt seit sechs Jahren ein Damoklesschwert über sich hängen: Er hat seinen Patienten über viele Jahre dringend benötigte teure Medikamente verschrieben und damit sein Budget um jährlich etwa 100 000 Euro überzogen. Das monierte die Prüfungsstelle Ärzte Bayern, die die Budgets kontrolliert. Sie fordert von dem Hafenlohrer Arzt etwa 35 000 Euro als Eigenanteil zurück.

    Pullmann hat sich schon vor drei Jahren mit einem Widerspruch gegen den Regress gewehrt, weil er sich im Recht sieht, wie er der Main-Post am Telefon erklärt. Doch die Prüfungsstelle habe bis heute nicht über seine Einwände entschieden. Am Mittwoch erstritt der Internist vor dem Sozialgericht München, dass der Beschwerdeausschuss der Prüfungsstelle bis Ende Oktober eine Entscheidung treffen muss.

    Die Vorgeschichte: Pullmann hat für seine Praxis ein Budget von 400 000 Euro im Jahr, wie er sagt. Doch in den Jahren 2004 bis 2011 überzog er es um Hunderttausende. Der Grund: Der 56-Jährige betreute in diesen Jahren auch psychisch kranke Patienten des Rehabilitationszentrums St. Michael in Neustadt am Main. Die brauchen teure, weil patentgeschützte Medikamente, von denen eines allein fünf Euro am Tag kosten kann. „Als Hausarzt bin ich verpflichtet, Rezepte auszustellen, wenn der Therapeut das anordnet“, erklärt Pullmann dazu. Die Therapeuten selbst seien Klinikärzte, die das nicht dürften. Für Pullmann gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder er als Hausarzt schreibt das Rezept aus und belastet damit seinen Etat, oder er überweist die Patienten an einen Facharzt, der dann das Rezept ausstellen muss. Im zweiten Fall würden aber für zwei Ärzte Konsultations- und Praxisgebühren anfallen, was die Kosten für die Solidargemeinschaft der Versicherten noch weiter in die Höhe treiben würde.

    Also entschied sich Pullmann für den vermeintlich unbürokratischen und günstigeren Weg und nahm die Verschreibungen auf sein Budget. Bei seinen Quartalsabrechnungen gab der Arzt an, dass er die teuren Medikamente für die Reha-Einrichtung verschreibt, was er als „Praxisbesonderheit“ kennzeichnete. Wenn eine solche vorliege, dürfe man sein Budget überschreiten, so Pullmann. 2004 und 2005 ging das gut.

    „Als Hausarzt bin ich verpflichtet, Rezepte auszustellen, wenn der Therapeut das anordnet“

    Dr. Josef Pullmann

    Doch jeweils zwei Jahre im Nachhinein habe die Prüfungsstelle Ärzte Bayern Regressforderungen für die Jahre 2006 bis 2008 gestellt. In diesen drei Jahren hat Pullmann sein Budget um jährlich etwa 100 000 Euro überzogen, wie er zugibt. „Die wollten mich zur Sparsamkeit erziehen, wo es nicht möglich ist“, hielt er dagegen.

    Also habe er am Telefon und in Briefen der Prüfungsstelle seine Gründe dargelegt. Die Sachbearbeiter hätten ihn immer vertröstet; eine Entscheidung sei aber nicht gefallen. Für die Jahre 2009 bis 2011, in denen Pullmann die von ihm geübte Verschreibungspraxis fortsetzte, gab es zwar keine neuen Regressforderungen mehr, doch die Jahre 2006 bis 2008 sind immer noch ungeklärt.

    Schließlich wurde es dem Internisten zu bunt. Zum einen überweist er seit 2012 die Reha-Patienten an die ambulante Psychiatrie am BKH Lohr, die nun die Rezepte ausstellen muss. Zum andern zog er vors Sozialgericht München, das am Mittwochnachmittag tagte.

    In der Verhandlung ging es nicht um die Frage, welche Seite recht hat. Pullmann hatte die Prüfungsstelle lediglich „auf Untätigkeit“ verklagt, weil sie über seinen Widerspruch gegen die verhängten Regressforderungen nie entschieden habe.

    In diesem Punkt schlug sich das Sozialgericht auf seine Seite, wie Pullmann nach der Verhandlung erzählt. Es verurteilte die Prüfungsstelle dazu, bis Ende Oktober über Pullmanns Widerspruch zu befinden und somit zu erklären, ob der Hafenlohrer Hausarzt 35 000 Euro Eigenanteil für die von ihm überzogenen Budgets der Jahre 2006 bis 2008 bezahlen muss. Ein Vertreter der Prüfungsstelle Ärzte Bayern war am Mittwochnachmittag für die Redaktion nicht zu erreichen.

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