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Bedrückende Nachrichten aus dem Land des Lächelns

Lohr

Bedrückende Nachrichten aus dem Land des Lächelns

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    Chinaexperte Dirk Pleiter kam zu einem Vortrag über die Menschenrechte in China ins Alte Rathaus nach Lohr.
Eingeladen hatte die Amnesty international-Gruppe Lohr. Anschließend lasen Lohrer Bürger aus Büchern, die die
bedrückende Situation der Menschen in dem asiatischen Land deutlich machten.
    Chinaexperte Dirk Pleiter kam zu einem Vortrag über die Menschenrechte in China ins Alte Rathaus nach Lohr. Eingeladen hatte die Amnesty international-Gruppe Lohr. Anschließend lasen Lohrer Bürger aus Büchern, die die bedrückende Situation der Menschen in dem asiatischen Land deutlich machten. Foto: FOTO S. WASCHINGER

    Pleiter legte 1987 am Lohrer Gymnasium sein Abitur ab und war damals Sprecher der Lohrer ai-Gruppe. Er ist Chinaexperte der deutschen ai-Sektion und betreut die zu China arbeitenden deutschen Gruppen. Wie er berichtete, seien Inhaftierungen aus politischen Gründen an der Tagesordnung. Die Gefangenen kämen nicht vor Gericht und müssten sich einer Umerziehung durch Arbeit unterziehen. Da hätte sich in den letzten 20 Jahren auch kaum etwas verändert, so Pleiter.

    Schon für einfache Vergehen werde eine Strafe von drei Jahren verhängt, oft durch die Polizeibehörden willkürlich noch verlängert. Über 200 000 Menschen seien zur Umerziehung durch Arbeit inhaftiert - ohne Rechte und Anwalt. Folter und Misshandlung seien an der Tagesordnung. Erschreckend sei die Häufigkeit von Todesstrafen - es gebe dort mehr Todesurteile als in allen anderen Ländern der Welt zusammen. 68 Delikte werden in China mit dem Tod bestraft. Jetzt erst sei ein neues Gesetz beschlossen worden, wonach das Volksgericht über ein Todesurteil entscheiden soll.

    Zahlreiche Todesurteile

    Die Zahl der Todesurteile sei seit den 80er Jahren unverändert, nur die Opfergruppen hätten sich geändert, sagte Pleiter. Neu dazugekommen seien zum Beispiel religiöse Minderheiten oder politische Dissidenten. Doch es sei auch eine positive Entwicklung in China zu verzeichnen: Es gibt immer mehr Menschenrechtsverteidiger im eigenen Land wie Rechtsanwälte oder Journalisten, die dabei das Risiko eingehen, selbst Opfer zu werden.

    Wie aber soll man als westliches Land damit umgehen, stellte Pleiter die Frage in den Raum. Das internationale Gewicht der Volksrepublik China sei gewachsen. Auf Kritik werde sensibel reagiert, alle Vorwürfe würden zurückgewiesen, zumal China auf im Hinblick auf die im Land stattfindende Olympiade 2008 auf Imagepflege bedacht sei. "Wir können nicht erwarten, dass China sich kurzfristig ändert", sagte Pleiter. Trotzdem sollte politischer Druck ausgeübt werden in Verbindung mit Dialog und Zusammenarbeit.

    Recht auf offene Kritik

    Da China offensichtlich nicht zur Veränderung bereit sei, habe die westliche Welt ein Recht auf offene Kritik. Dies sollte aber auf verlässliche Weise und überzeugend getan werden. Wichtig sei auch, dass immer mehr Menschen für die Menschenrechte in China eintreten und die Menschen dort erfahren, dass sie Unterstützung vom Ausland haben.

    Nach Pleiters Vortrag wurde in einer Lesung chronologisch auf die Entwicklung in China hingewiesen. Zwischen den Vorträgen waren melancholische Gitarrenklänge von André Herteux zu hören, die dem Abend einen passenden musikalischen Rahmen gaben.

    Chinakenner Erich Reckziegel las aus "Wilde Schwäne" von Jung Chang, in der die Autorin berichtet, wie sie und ihre Familie mit Geschick, Mut und Glück die Zeit der Mao-Diktatur überstand. Die Autorin, während der Kulturrevolution Stahlarbeiterin, studierte später in England, wo sie heute lebt.

    Ruth Steger las aus dem Roman "Das Buch eines einsamen Menschen" von Gao Xingjian. Der Autor ist 1940 geboren und heute französischer Staatsbürger. Seine Theaterstücke wurden in China verboten, er gilt als politischer Flüchtling und lebt heute in Paris. Das Buch des mit dem Literaturnobelpreis 2000 ausgezeichneten Autors beschreibt seine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in China.

    Ingrid Sontag las aus dem Buch "Der chinesische Sommer" von Hang Ying. Dieser Roman beschreibt die Ereignisse am Platz des himmlischen Friedens in Peking am 4. Juni 1989. Die Autorin ist inzwischen britische Staatsbürgerin. Ihr Roman durfte teilzensiert in China verkauft werden. Sie war beim blutigen Niederschlag der Studentendemonstrationen dabei.

    Klaus Fleckenstein las aus der literarischen Reportage von Chen Guidi und Wu Chuntao "Zur Lage der chinesischen Bauern". Ausschlag für das Buch war die Lage der chinesischen Landbevölkerung. Diese Reportage über die unvorstellbare Armut der Menschen auf dem Land hat in China und der westlichen Welt großes Aufsehen erregt und wurde in kurzer Zeit mehrere hunderttausend Mal verkauft. In China wurde es zwei Monate später verboten.

    Die Not auf dem Lande

    Bundeskanzlerin von Deutschland Angela Merkel hatte das Autorenehepaar vor kurzem zum Empfang geladen. Fleckenstein las eine Passage über einen Vorfall in einer Polizeistation, bei dem ein Bauer ohne Grund zu Tode geprügelt wurde, nur weil er seine Rechte einholen wollte.

    Abschließend trugen Katharina Goßmann und Franko Scheuplein einen Dialog aus Peggy Hofmanns "Das Lied der roten Steine" vor. Das Stück beschreibt die Gräueltaten an der singenden Nonne Ngawang Sandrol aus Lhasa in Tibet. Sie wurde 1977 geboren und lebt heute in Washington. Mit 13 Jahren war sie erstmals inhaftiert, später dann wieder für viele Jahre. An ihrer Befreiung war auch die Lohrer ai-Gruppe maßgeblich beteiligt.

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