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LICHTENAU/ROHRBRUNN: Besuch bei den ältesten Eichen des Spessarts

LICHTENAU/ROHRBRUNN

Besuch bei den ältesten Eichen des Spessarts

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    Lebensraum: Todholz im Naturschutzgebiet „Rohrberg“.
    Lebensraum: Todholz im Naturschutzgebiet „Rohrberg“. Foto: Richard Kre4s

    Mit dem Spessartbund-Lied „Weißt Du, wo die alten Eichen trotzig ragen“ war die Einladung zur Exkursion zu den ältesten Eichen des Spessarts betitelt. Veranstalter war das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, das zum Naturwaldreservat „Eichhall“ und zum Naturschutzgebiet „Rohrberg“ im Hochspessart eingeladen hatte. 80 Interessierte aus dem Bereich Naturschutz, von Wanderverbänden und Privatwaldbesitzer waren der Einladung gefolgt.

    Ganze Familien, aber auch Vertreter der Holzindustrie verfolgten interessiert die fachkundigen Ausführungen von Amtschef Klaus Bernhart und Forstdirektor Dr. Wolfgang Netsch, dem Leiter der Amtsaußenstelle Lohr. Auch eine Delegation des Kreisverbandes Bad Kissingen des Bundes Naturschutz war dabei. Die Naturschützer unternahmen eine ganztägige Exkursion durch den Spessart und interessieren sich auch für das Projekt „Wasserbüffel“ im Hafenlohrtal.

    Forstdirektor Netsch begrüßte am „Hohen Knuck“ bei der Lichtenau die Exkursionsteilnehmer und fuhr mit ihnen zum 2002 ausgewiesenen Naturwaldreservat „Eichhall“. Dort stießen Leitender Forstdirektor Klaus Bernhart und die Bad Kissinger Gruppe dazu. Gemeinsam informierten sich die Exkursionsteilnehmern in den beiden Naturschutzgebieten unter der fachkundigen Leitung der beiden Forstbeamten.

    Das Naturwaldreservat ist 67 Hektar groß und hat einen Alteichenbestand von etwa 53 Prozent. Die Traubeneichen sind durchschnittlich 380 Jahre alt. Die Buchen sind durchschnittlich 180 Jahren alt und mit 47 Prozent vertreten. Das Naturwaldreservat „Eichhall“ ist ein Teil des ursprünglich 500 Hektar großen „Heisterblocks“ und bestand ursprünglich nahezu ausschließlich aus Traubeneichen.

    Bis zu 400 Jahre alt

    Die berühmten Spessarteichen sind meterdick, bis zu 40 Meter hoch und fast 400 Jahre alt. Mit bis zu 200 Jahren gehören die dort wachsenden Buchen ebenfalls zu den Methusalems des Waldes. Über lange Zeit wurde hier Bau- und Furnierholz geerntet. Heute ist das Gebiet durch Nutzung und Verjüngung nur noch 300 Hektar groß und mit nur noch 30 Prozent Traubeneichen bestückt.

    Die Entstehung des „Heisterblock“ geht auf die Kurmainzer Zeit Anfang des 17. Jahrhunderts zurück. Massive waldbauliche Veränderungen gab es im 30-jährigen Krieg von 1618 bis 1648 durch Flüchtlinge, Brandrodung und Wald-Feld-Bau. Die Buche wurde erst ab 1814 zu Beginn der bayerischen Zeit künstlich eingebracht.

    Im Waldbau war im Spessart die traditionelle Eichenwirtschaft Zielbestand. Die Eichen sollten mindestens zwölf Meter astfreie Schaftlänge und einen Mittendurchmesser von mindestens 80 Zentimetern sowie einen möglichst gleichmäßigen Jahrringbau haben.

    Spitzenpreise bei Versteigerungen

    So sind im „Heisterblock“ die besten Spessarteichen gewachsen, die sich gut für Furnier eignen und bei Versteigerungen Spitzenpreise erzielen. Dies war für Thomas Wiesmann, Vertreter eines Furnierwerks, Anlass, um auf die Bedeutung des Waldes für die heimische Möbelindustrie hinzuweisen. Aus einem Festmeter Eiche könnten etwa 1000 Quadratmeter Furnier erzeugt werden. Die spätere Entsorgung sei wesentlich umweltfreundlicher als bei den vielen in der Möbelindustrie eingesetzten Kunststoffen.

    Auf den Vorwurf eines Exkursionsteilnehmers, dass „viel Spessartbuche nach China exportiert werde“, entgegnete Klaus Bernhart, dass seit Jahren die Buche am deutschen Markt – außer Brennholz – nicht mehr sehr gefragt sei und wesentlich mehr nachwachse, als genutzt werde.

    Seit dem Jahr 2002 wird der Wald im „Eichhall“ nicht mehr genutzt, so dass die Baumgiganten ungehindert wachsen können. Im Jahr 2003 wurde in Anwesenheit des damaligen Forstministers Josef Miller das Naturwaldreservat „Eichhall“ offiziell ausgewiesen.

    In dem „Natura 2000“-Gebiet sollen die Lebensräume gefährdeter Pflanzen- und Tierarten geschützt werden. Durch unbewirtschaftete Monotoringflächen soll das Artenspektrum und das Konkurrenzverhalten Buche/Eiche langfristig untersucht werden. Dazu gehören auch die Auswirkungen des Klimawandels auf den Waldbau. Das Naturwaldreservat „Eichhall“ stehe bereits seit mehreren Jahren im Dienste der Forschung. Bei jahrelanger waldbaulicher Erfahrung sei man zu der Erkenntnis gekommen, dass es bald keine Eichen mehr im Spessart gebe, da die Buchen schneller wachsen und die Eichen verdrängen. Nur mit forstlicher Unterstützung könne die Eiche im Spessart überleben, so die übereinstimmende Aussage der beiden Fachleute.

    Gefährdete Tierarten

    Als Bestandteil der integrativen Waldbewirtschaftung hat das Naturwaldreservat „Eichhall“ Trittstein- und Spenderfunktion für seltene Arten. Schwarzstorch, Wespenbussard, verschiedene Spechtarten, aber auch Halsbandschnäpper, baumbrütender Mauersegler und zehn Fledermausarten fühlen sich dort wohl. Von den 1400 in Deutschland bekannten Käferarten sind 300 im „Eichhall“ beheimatet. 112 davon stehen auf der „Roten Liste“ der besonders gefährdeten Arten.

    Auch acht Urwaldreliktarten, wie Eremit und Rindenschröter, sind dort ebenso zu finden wie die holzbewohnenden Pilze Igelstachelbart und Mosaikschichtpilz. Wie wichtig der Erhalt naturnaher, alter Wälder ist, unterstreiche die Zustimmung der Bayerischen Staatsforsten zur Ausweisung dieses Naturschutzgebietes.

    Das Naturschutzgebiet (NSG) „Rohrberg“ liegt etwa zwei Kilometer südlich von „Eichhall“ und umfasst rund elf Hektar. Das Gelände wurde bereits im Jahre 1928 unter Schutz gestellt gehört damit zu den ältesten Naturschutzgebieten in Bayern. Es sollten die knorrigen Eichen geschützt werden, die diesem Bestand sein charakteristisches Bild gaben. Damals ging man bei diesem Waldbild von einem natürlichen Zustand aus. Neuere Erkenntnisse zeigen jedoch, dass es sich beim „Rohrberg“ um einen ehemaligen „Eichenhütewald“ handelt, in dem über mehrere Jahrhunderte immer wieder Vieh aus Rohrbrunn geweidet wurde. Die ebenfalls vorhandenen jüngeren Buchen zeigen, dass sie ohne das Zutun des Menschen im „Rohrberg“ dominieren würden.

    Tödliche Konkurrenz

    Um die teilweise tödlich verlaufende Konkurrenz zu den alten Eichen zu entschärfen, wurden einige Buchen und Lärchen gefällt. Ihr Holz blieb jedoch im Bestand liegen und ist Lebensgrundlage für viele Vögel und Käfer.

    Dass der Wald und seine Nutzung Gegenstand der kontroversen öffentlichen Diskussion sei, räumten die Forstdirektoren Klaus Bernhart und Wolfgang Netsch bereits zu Beginn der Führung ein. Bei etwa 95 Prozent der bewirtschafteten Fläche bestehe dabei Konsens und nur bei etwa fünf Prozent würde kontrovers diskutiert. Das vorgestellte Schutzkonzept betreffe hauptsächlich den Staats- und Kommunalwald. Ziel sei ein sparsamer Umgang mit den Ressourcen des Waldes als nachwachsender Rohstoff. Optimieren, nicht maximieren, sei die Aufgabe.

    „Beim Waldbau denken wir in Jahrzehnten und Jahrhunderten“, so Bernhart. Bei Getreidesorten beispielsweise könne man viel flexibler jährlich reagieren und die Saatsorten schneller dem Klimawandel anpassen. Beim Wald gehe das langfristig. Dabei müssten oftmals auch Kompromisse von allen Beteiligten eingegangen werden.

    Bei Privatwäldern seien die Schutzbestimmungen eingeschränkt. Dabei seien eigenwirtschaftliche Interessen, wie beim großen angrenzenden fürstlichen Wald, zu berücksichtigen. Diese großen Privatwälder seien oft wichtige Einnahmequellen für ihre Besitzer und zur Sicherung des Lebensunterhaltes notwendig.

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