Die Berichterstattung über "Jeder- mann" und Gastwirte der Main- Post regt zu folgenden Anmerkun- gen an:
Offensichtlich ist in Karlstadt der Rechtsanwalt ein illegales Mittel, dessen sich aufmüpfige Bürger bedienen. Dass es sich bei den Mitgliedern dieses Berufsstandes nach dem Willen des Gesetzgebers um Organe der Rechtspflege han- delt, die auch - und gerade - eine Befriedungsfunktion erfüllen, ist offensichtlich niemandem bewusst.
Dass Rechtsanwalt Kwossek mit seinen trefflichen Worten genau dieser Funktion gerecht wurde, wird bei der Berichterstattung ebenso verkannt wie der Umstand, dass nicht die Wirte, sondern deren Gäste der Stein des Ansto- ßes waren und/oder sind.
Hätten sich die Wirte nicht der Wortfertigkeit eines anwaltlichen Vertreters bedient, wären sie der Wortfeindlichkeit des Kulturrefe- renten eindeutig erlegen. Nur eine energische Wortwahl konnte die- sen - in eigenen Kreisen des Humors nicht unumstrittenen - "Meister der Schmährede" in die Schranken weisen und das eigent- liche Stadtoberhaupt zur Vernunft rufen.
Wo findet sich Karlstadt eigentlich im demokratischen Umfeld des frühen 21. Jahrhunderts? Man ge- winn leicht den Eindruck, dass 800 Jahre Geschichte spurlos an den Regenten der Stadt vorbei- gegangen sind. Drohungen und Sanktionen sind die Mittel der Wahl, Kuschen ist angesagt.
Wie wäre es mit einem Spontan- Außenprojekt der Expo 2000 in den Kulissen des "Jedermann"?
Das Projekt in Kurzform:
Unter dem Titel "Wie es uns ge- fällt" stolziert 90 Minuten lang ein eitler Hofnarr zwischen den Spie- geln hin und her, sich stets und ständig selbstgefällig betrachtend, dabei Schmähreden über das "tumbe Volk" absondernd. Ein Regent preist währenddessen in unbeholfener Sprache seine Fertig- keiten in der Kunst des Regierens, während er verschämt - die Augen neidisch auf den Hofnarren wendend - dessen Possen bewun- dert. Für die Dauer dieses Zwei- Mann-Stückes knien als Vertreter der Regierten fünf bis zehn Köche - erkenntlich an der diesem Be- rufsstand eigenen Mütze, die als Zeichen der Demut zu Beginn des Stückes abgenommen und zu- sammengefaltet, dem Regenten zu Füßen gelegt werden - vor den Akteuren und verharren in unter- täniger Haltung mit geneigtem Oberkörper und Haupt in dieser Pose.
Am Ende des Stückes, dessen Text von den Hauptakteuren in jeder Vorstellung stets neu und zu- sammenhanglos improvisiert wird, lösen sich die Regierten aus ihrer starren Haltung und geben - in ebenfalls improvisierter Textform - zu erkennen, dass sie der huld- vollen Regentschaft uneinge- schränkt Tribut und Anerkennung zollen.
Das bayerische Fernsehen wird dieses Stück sicherlich live über- tragen. Eine Anerkennung als Au- ßenprojekt der Expo 2000 dürfte angesichts des experimentellen und zukunftsweisenden Inhalts des Stückes nicht versagt bleiben.
Und zu guter Letzt würde den Karschter gezeigt, wo sie nach 800 Jahren stehen . . .
Bernd Schubert Schönartser Straße 3 97753 Heßlar