Das ganze Arbeitsleben in nur einem Betrieb – das ist heutzutage eher selten, denn die moderne Arbeitswelt verlangt Veränderung. Christa Amend aus Partenstein dagegen ist noch eine richtig treue Seele. 47 Jahre lang war sie im Lohrer Schreibwarengeschäft „Fassnacht“ beschäftigt, gehörte dort quasi zum Inventar und hat sich „immer sehr wohl gefühlt“, wie sie sagt. Ein Wechsel kam für sie nicht in Frage, denn sie habe „ihren Beruf als Berufung“ angesehen. Mit Beginn des neuen Jahres ist die agile Dame in den Ruhestand gegangen.
Es war der August 1964, als Christa Amend als junges Mädchen im „Fassnacht“ ihre Lehrstelle als „Einzelhandelskaufmann“ begonnen hat. „Damals hieß das noch so“, sagt sie. Die Unterscheidung in Einzelhandelskaufmann und -frau erfolgte erst später. Es war das Jahr, in dem der russische Generalsekretär Nikita Chruschtschow aus dem Amt entlassen wurde, Martin Luther King den Friedensnobelpreis erhielt und Lyndon B. Johnson nach der Ermordung von John F. Kennedy als Präsident bestätigt wurde.
Christa Amend war damals 14 Jahre alt und ziemlich stolz, dass sie die Lehrstelle in einem Geschäft bekommen hatte, das als Pioneer im Spessart galt, denn es hatte bereits die Idee der Selbstbedienung eingeführt. „Also keine große Theke mehr, hinter der die Waren versteckt waren“, erinnert sich Christa Amend. Im „Fassnacht“ war es schon nach dem Umbau im Jahr 1963 so, wie es heute überall selbstverständlich ist. Die Kunden konnten die Waren begutachten, berühren und selbstständig auswählen.
„Die älteren Kunden wollen in der Regel bedient werden“
Christa Amend über das Kaufverhalten ihrer Kunden
Die Ware selbst bestand vor allem aus dem klassischen Bürobedarf wie Kugelschreiber, Hefte und Briefpapier, erst später kamen Geschenkartikel hinzu. Dies ist der Wandel, den sie in den 47 Jahren in dem Geschäft erlebte und auch mitsteuerte. Sie war so lange dabei, dass viele Menschen längst ihre Person mit dem Schreibwarengeschäft verbanden. „Du hast aufgehört, ich dachte, der Laden gehört dir“, habe sie oft gehört, als ihr Abschied bekannt wurde.
Es wurde ihr bestätigt, dass sie sich immer voll eingesetzt habe, „als ob es mein eigener Laden wäre“, sagt sie. Mag aber auch sein, dass es auch Missverständnisse gab, weil sie mit Nachnamen Amend heißt genauso wie der Besitzer. „Aber wir sind nicht verwandt und nicht verschwägert“, stellt sie klar.
Nach und nach im Laufe ihres Arbeitslebens hat Christa Amend mehr Verantwortung übernommen. Neben ihrer Aufgabe, die Kunden zu beraten, war sie auch für den Einkauf zuständig und ist beispielsweise mit dem Chef auf Messen gefahren, um das Sortiment zusammenzustellen.
Als erfahrene Verkäuferin habe sie auch ein Auge entwickelt, welcher Kunde bedient und welcher Kunde besser nicht angesprochen werden will. „Das merkt man in der Regel gleich, wenn jemand hereinkommt“, sagt sie. Sucht er den Blickkontakt zu den Verkäuferinnen oder mag er lieber sich in Ruhe das Sortiment ansehen? „Die älteren Kunden wollen in der Regel bedient werden“, so ihre Erfahrung.
Gartenarbeit, Malen und Reisen
Gemocht habe sie immer das familiäre Klima, das im „Fassnacht“ herrscht. An langen Samstagen, die es früher vor Weihnachten gab, habe der Seniorchef für die Belegschaft gekocht, erinnert sie sich.
Aber alles hat seine Zeit, daher hat sie sich auch auf den nun beginnenden Ruhestand gefreut. „Ich kann Dinge tun, die in den letzten Jahren zu kurz gekommen sind.“ Sie will sich verstärkt um den Garten kümmern, lesen, vielleicht malen, aber auch reisen – am liebsten nach Norwegen, aber nur wenn die beiden neuen Mitbewohner in ihrem Haus in Partenstein – zwei kleine Katzen – dies zulassen.