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GEMÜNDEN: Czerny: „Der Markt wollte uns nicht mehr“

GEMÜNDEN

Czerny: „Der Markt wollte uns nicht mehr“

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    Bereits in den vergangenen zehn Monaten hatte Czerny versucht, das Familienunternehmen mit einem Sanierungskonzept zu retten. Vergeblich. „Der Markt wollte uns nicht mehr“, sagt der Geschäftsführer. Die Gründe seien im Umbruch der Wirtschaft zu suchen. „Die Politik hungert den Mittelstand systematisch aus“, so Czerny. Dass die Menschen heute netto weniger Geld in der Tasche haben als noch vor zehn Jahren, sei ein Desaster. Die Bekleidungsindustrie – zumindest die im hochwertigen Bereich – bekomme dies intensiv zu spüren. Auf Kleidung als Konsumgut verzichten die Menschen eher als auf andere Dinge. Zudem habe sich das Kaufverhalten geändert. „Es gibt nicht mehr viele, die heute bewusst Qualität einkaufen. Stattdessen wird alles mitgenommen, wenn es nur einen Euro kostet“, so der Unternehmer.

    Immer weniger Kunden

    Der gehobene Facheinzelhandel, der die hochwertige Damenmode von Basset vertrieben hat, bricht indes ein. Immer weniger Kunden bedeuteten gleichzeitig auch, dass der Preis des Produktes steigt. Zudem werden die Rohstoffe teurer. Basset hatte bis zuletzt ausschließlich mit italienischen Stoffen gearbeitet und im europäischen Ausland produziert. 1997, als das Unternehmen die Löhne in Deutschland wirtschaftlich nicht mehr tragen konnte, wurde ein Teil der Produktion nach Tschechien verlegt. Die tschechischen Lieferanten waren unabhängig und gehörten nicht dem Unternehmen Czernys an. Der Standort Gemünden wurde gehalten. Seit der Einführung des Euro seien nun jedoch die Produktionskosten explodiert. Die gestiegene Mehrwertsteuer komme noch dazu.

    40 Mitarbeiter und drei Auszubildende sind von der Insolvenz betroffen. Seit zwei Tagen sind die Räume des Gemündener Unternehmens verwaist. Bis Ende Mai wird das Personal seinen Lohn weiter erhalten. Lohnausfälle hat es nicht gegeben. „Es war mir wichtig, dass meine Mitarbeiter abgesichert sind. Das waren die besten Leute“, sagt Czerny. Mit Urlaubsverzicht und Mehrarbeit hätten seine Beschäftigten bis zur letzten Minute gekämpft und versucht, das Unternehmen zu retten. Aber die erfolgreichsten Bekleidungsmarken seien heute die, die nur noch handeln. Sie erhielten ihre Ware aus Asien, Herstellungskriterien würden nicht hinterfragt und Hauptsache sei der Schnäppchenpreis.

    Einst der Marktführer

    Vor 20 Jahren sah das noch anders aus. 1981 übersiedelte das vor 67 Jahren gegründete Familienunternehmen von Rieneck nach Gemünden. 1988 wurde das Firmengelände von 1000 auf 3000 Quadratmeter erweitert. Anfang der Neunziger dominierte Basset als Marktführer in der Landhausmode die Branche. Auch im asiatischen Raum – Südkorea, Hong Kong und China – feierte das Unternehmen Verkaufserfolge. Hier war die Gemündener Mode gefragt. Zuletzt liefen aber auch die Verhandlungen mit den Asiaten immer zäher. Zum Teil musste Czerny monatelang auf Zahlungen warten.

    Der Einbruch sei jedoch viel früher gekommen: 1988 mit dem anstehenden Mauerfall und dem Zusammenbruch des Ostblocks. „Da begann das große Aussterben der Bekleidungs- und Textilindustrie“, sagt Czerny. Zu dieser Zeit beschäftigte er noch 180 Mitarbeiter, die sukzessive auf 40 schrumpften. Die Produktion in Deutschland wurde unbezahlbar. „In den Siebzigern arbeiteten noch 6000 Beschäftigte im Bekleidungssektor in Main-Spessart“, erinnert sich Czerny. Mit Basset schließt nun das letzte Unternehmen in dieser Region seine Pforten.

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