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KARLSTADT: Das Grauen begann vor der Haustür

KARLSTADT

Das Grauen begann vor der Haustür

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    Anna Elisabeth Hennrichs, Leiterin der Karlstadter Volkshochschule, unter deren Dach der Arbeitskreis Stolpersteine agiert, eröffnete am ersten Verlegeort in der Hauptstraße 26 den feierlichen Akt, zu dem sich etliche Teilnehmer eingefunden hatten. 1910 habe es noch 72 jüdische Bürger in der Karlstadter Kernstadt gegeben, 1939 waren es sechs, und seit 1941 gibt es keine mehr. Sie passten nicht in das Weltbild der Nationalsozialisten und wurden, wie Homosexuelle, Wehrdienstverweigerer, Deserteure und viele andere, deportiert und umgebracht.

    Mit der Aktion Stolperstein wolle der Künstler Gunter Demnig verhindern, dass die Opfer vergessen werden, so Hennrichs. Über die Steine solle der Betrachter nicht mit den Füßen, sondern mit den Augen stolpern, wenn sie messing-glänzend aus dem grauen Straßenbelag hervorleuchten. Mit der Verlegung bekenne sich die Stadt Karlstadt zu einem der dunkelsten Kapitel ihrer über 800-jährigen Geschichte.

    „Die Stadt als solche steht hinter der Aktion“, sagte Karlstadts Bürgermeister Paul Kruck. Die Verlegung werde von vielen begleitet. Die Stadt blende dieses dunkle Kapitel nicht aus. „Auch das gehört zur Aufarbeitung der Geschichte.“ Nachdem Gunter Demnig die Steine in die vom Karlstadter Bauhof vorbereiteten Löcher eingelassen hatte, verlasen die Paten der Stolpersteine in kurzen Worten die biografischen Daten der Opfer. Die ersten vier Steine in der Hauptstraße 26 wurden zum Gedenken an Moses Strauß, Bertha Strauß, Siegfried Bamberger und Meta Bamberger verlegt. Axel von Erffa hat mit seiner Frau Susanne die Patenschaften für die Familie Bamberger übernommen:

    „Siegfried Bamberger wurde am 22. Mai 1896 in Wiesenfeld geboren. Er war mit Meta Strauß, geboren am 11. Februar 1909 in Rieneck, der Tochter von Moses und Bertha Strauß, verheiratet. Als er am 30. August 1937 in dies Haus seiner Schwiegereltern einzog, gab er als Beruf Privatier an. Nachdem sie das Haus nach dem November-Pogrom 1938 verkauft hatten, zogen Siegfried und Meta Bamberger nach Würzburg. Von dort wurden sie nach Riga deportiert und am 27. November 1941 ermordet.“

    Georg Schnabel, im Arbeitskreis und Betreuer des jüdischen Friedhofs in Laudenbach, sprach das „Gebet für die Opfer der Shoa, der Massenvernichtung. Nach jüdischem Brauch legte er als Zeichen der Ehrerbietung je einen kleinen Stein auf die im Pflaster liegenden Mahnmale. Teilnehmer schmückten die Steine mit Blumen. Alexander Streib, Leiter der Karlstadter Musikschule, und Tochter Franziska untermalten an Klavier und Klarinette mit Klezmer-Klängen den Auftakt der Verlegung in der Hauptstraße.

    Am Kirchplatz 7 erinnert nun ein Stein an Israel Rosenbaum, in der Ringstraße 18 an Jda Freudenberger, im Laudenbacher Weg 22 an Paula Bermann.

    In Laudenbach wurde die Verlegung ebenfalls mit der kleinen Ansprache von Anna Elisabeth Hennrichs und musikalischer Begleitung von Karlheinz Haase auf der Geige eingeleitet. Auch hier nahmen etliche Bürger teil. In Laudenbach gab der Künstler Demnig einen kleinen Abriss über sein Leben und Werk. Er sprach von der Zustimmung, auf die er mit seiner Aktion stößt, aber auch von Ablehnung, die bislang in drei Morddrohungen gipfelte.

    Im Brunngrabenweg 8 liegen nun Steine für Isaak Adler und Jeanette Adler. Im Brunngrabenweg 4 wohnten Lothar Frank, Rosa Frank, Wolf Frank und Karl Frank. Die Steine an der Mühlecke 5 erinnern an Julius Berney und Hannchen Berney. In der Rathausstraße 10 liegen die Steine zum Gedenken an Jakob Hirschenberger und Lina Hirschenberger.

    Die Paten sind: katholische Kirche St. Andreas, evangelische Kirche St. Johannis, Axel von Erffa, Susanne von Erffa, der Historische Verein, Gustav Eichler, das Furnierwerk Kohl, Dagmar Kretzinger, Peter Kretzinger, Karl-Heinz Stumpf, Marliese Stumpf, die Laienspielgruppe Laudenbach, die Theatergruppe des Johann-Schöner-Gymnasiums, Georg Schnabel und Marlene Schnabel.

    Im Herbst sollen weitere Steine verlegt werden.

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