Man werde dann wohl nur noch an Steigungsstrecken streuen können, kündigt Josef Kurz, der Leiter der Straßenmeisterei, Einschränkungen an.
Nach Auskunft des Staatlichen Bauamts Würzburg, das den Winterdienst in den Landkreisen Main-Spessart, Würzburg und Kitzingen verantwortet, liegen noch 2500 Tonnen Salz in insgesamt elf Lagerhallen. Wie Sachgebietsleiter Franz Stegner erklärt, reicht das noch für zirka zwei Tage. Bislang wurden schon 11 000 Tonnen auf den überörtlichen Straßen ausgebracht, was Stegner in seiner 20-jährigen Laufbahn noch nicht erlebt hat.
Die Engpässe liegen dem Bauamt zufolge in den Bergwerken, die wegen des langen Winters mit dem Abbau von Salz nicht mehr nachkommen. Kommunen und Landkreise würden deshalb bei den Lieferungen hintangestellt, die Straßenmeistereien bevorzugt.
Baumärkte ausverkauft
Ausverkauft sind unterdessen fast alle Baumärkte und sonstige Geschäfte in Lohr. Nur in Frammersbach ist offenbar noch genug Streusalz vorhanden. Der dortige Baustoffhandel Mill mitsamt seinen beiden Hagebaumärkten in Frammersbach und Gemünden wird jedenfalls auch in den nächsten Tagen noch mehrere Lastzüge Streusalz mit je 24 Tonnen erhalten – angeliefert aus Österreich und sogar Rumänien.
Doch auch Geschäftsführer Frank Mill sagt: „So schlimm wie heuer war es noch nie.“ Er erwarte für die kommenden Tage zwar sieben Lastzüge, könne jedoch ohne Probleme die Ladung von 100 Lastzügen verkaufen, beschreibt er die Mangelsituation. Er habe eine ganze Liste mit Abnehmern, darunter die Uni-Klinik Würzburg, aber auch die Lohrer Bosch Rexroth AG und etliche Kommunen, so Mill. Alle bräuchten händeringend Salz.
Der Frammersbacher Unternehmer hat bereits vor zwei Wochen eine größere Menge nachbestellt. Das war ein Risiko. „Hätte das Wetter umgeschlagen, hätte ich den Preis nie mehr bekommen“, erklärt Mill. Denn der Salzmangel werde derzeit von den Lieferanten beim Preis „schamlos ausgenutzt“.
Fast 500 Euro pro Tonne
Diese Erfahrung hat auch Peter Bechold gemacht. Der Leiter des Lohrer Bauhofes ist jedoch „nicht bereit, jeden Preis zu zahlen“. In normalen Jahren seien 80 bis 100 Euro je Tonne üblich gewesen. Aktuell würden manche Lieferanten fast 500 Euro verlangen. „Streusalz ist ein Spekulationsobjekt geworden, und wir sind nicht bereit, dieses Spekulantentum zu fördern“, sagt Bechold.
Seit Montagmorgen habe der städtische Bauhof kein Streusalz mehr. Jetzt stelle man auf Splitt um. Wenn auch der zur Neige gehe, werde man wohl Schnee und Eis nur noch mit der Schaufel bekämpfen und auf Tauwetter warten können. Für den Salzmangel in Deutschland sieht Bechold neben dem langanhaltenden Winter noch einen zweiten Grund: Die Unerfahrenheit der Straßenmeistereien in Nordostdeutschland im Umgang mit Schnee. Dort habe es in den vergangenen Wochen ungewöhnlich stark geschneit. Und nun werde das Salz „verblödelt“, indem es zum Beispiel auf eine 40 Zentimeter dicke Schneeauflage gestreut werde, weiß Bechold. Er spricht von einem „Wahnsinnsverbrauch auf den Ostsee-Autobahnen“.
Splitt keine Alternative
Der Salzverbrauch liegt aber auch in Main-Spessart über dem normaler Jahre. Josef Kurz, Leiter der zuständigen Straßenmeisterei in Lohr, spricht von rund 4000 Tonnen bis jetzt. Diese Menge habe sonst locker für einen ganzen Winter gereicht. Gegen Ende der Woche werde der Salzvorrat der Lohrer Straßenmeisterei aufgebraucht sein. Deswegen könne man sich bei anhaltender Schneelage wohl nur noch den Steigungsstrecken widmen, so Kurz. Die Lohrer Meisterei ist für 410 Straßenkilometer zuständig und auf diesen mit 16 Fahrzeugen im Einsatz. Splitt sei keine Alternative, da man zu große Mengen benötigen würde und diese hinterher auch noch beseitigen und entsorgen müsse, so Kurz.
Gerade in den vergangenen Tagen waren die Räumfahrzeuge laut Kurz rund um die Uhr auf Achse. Das gleiche gilt für den Bauhof der Stadt Lohr. Auch hier sind alle Mann oft in zwei Schichten im Einsatz, um Straßen und Gehwege zu räumen.
Ebenso wie die Winterdienstler suchen auch Privatleute nach Streusalz. E-Center, BayWa, Obi oder tegut – alle sind sie ausverkauft, teils schon seit mehreren Tagen. Eine Umfrage der Main-Post unter Marktleitern ergab, dass auch in den kommenden Tagen kaum mit Lieferungen zu rechnen ist.
Salz in Kroatien bestellt
„Alle Lieferanten haben nichts mehr“, sagt beispielsweise Thorsten Roschlau, der Leiter des Lohrer Obi-Marktes. Sein Unternehmen habe jetzt in Kroatien Salz bestellt, das eventuell Ende der Woche eintreffen werde. Marco Fella, der Betriebsleiter der Lohrer BayWa-Niederlassung, spricht davon, dass der Streusalzbedarf heuer um das Fünffache über dem normaler Jahre liege. Auch die BayWa ist ausverkauft. Fella kann nicht versprechen, dass in den nächsten Tagen wieder Salz geliefert wird: „Für Februar sieht es schlecht aus“, sagt er.
Schon seit fast zwei Wochen hat der Lohrer tegut-Markt kein Streusalz mehr im Angebot. Das Bemühen um Nachschub sei „wie Lotteriespielen“, beschreibt Julian Koch, der stellvertretende Marktleiter die Situation. Einmal mehr bewahrheitet sich jedoch eine Weisheit, die besagt, dass Not erfinderisch macht. Koch hat beispielsweise gehört, dass Katzenstreu ein guter Streusalzersatz sein soll. Und nicht wenige greifen auf normales Kochsalz zurück, um Wege und Gehsteige von Schnee und Eis zu befreien. „Salz ist Salz“, sagt Tim Lustermann dazu. Der Marktleiter des E-Centers in Lohr hat beobachtet, dass derzeit Kochsalz in auffallend großen Mengen gekauft wird. Das sei eigentlich nicht verwunderlich. Denn zwischen Kochsalz und Streusalz gebe es nur einen kleinen Unterschied bei der Reinheit. So gesehen sei das Kochsalz eine praktikable Alternative, so Lustermann.