Wie Unterlagen belegen, wurden in dem rund zwei Kilometer langen, ein bis zwei Meter breiten und nur selten mehr als 40 Zentimeter tiefen Gewässer im 19. Jahrhundert noch Rotaugen, Barsche und vereinzelt gar Hechte gefangen. In einem Dokument von 1956 jedoch ist bereits zu lesen, dass der Bach, der bei Rodenbach in den Main mündet, "seit Jahrzehnten nicht mehr ertragsfähig" sei.
Ertragsfähig wird der Landgraben wohl auch nie mehr werden, zumindest nicht in dem Sinne, dass sich dort Fische angeln lassen. Nach Vorstellung von Manfred Wirth, dem Umweltbeauftragten der Stadt Lohr, sollte es in dem Bach aber zumindest wieder Fische geben.
Dass die zuletzt weitgehend verschwunden waren, habe mehrere Gründe, sagte er am Freitag bei einem Pressetermin vor Ort. Die Begradigung habe in früheren Jahren ebenso ihren Beitrag zum Rückgang der Fischpopulation geleistet wie Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft oder die Zerstörung der Uferbereiche.
Um das Gewässer wieder so herzurichten, dass sich Fische in ihm wohl fühlen, hat die Stadt in den vergangenen Jahren einige Anstrengungen unternommen. So wurden das Ufer von standortfremden Gehölzen wie Thuja-Sträuchern befreit und vereinzelt abgelagerter Bauschutt entfernt. Außerdem hat man tiefe Wasserlöcher, so genannte Gumpen, angelegt, in denen die Fische zum Beispiel vor Graureihern sicher sind. Regelmäßige Sandsteinschüttungen sorgen daneben seit kurzem für Stauwasserbereiche. Und schließlich wurde auch der Schilfgürtel gepflegt, der als Laich- und Zufluchtsort für die Fische von großer Bedeutung ist.
Wie Wirth sagt, zeigen die Maßnahmen bereits erste Erfolge. So habe sich der seltene Eisvogel entlang des Landgrabens angesiedelt. Seine Nahrung musste er sich bislang freilich woanders suchen, zum Beispiel im Baggersee in der Nähe des OBI-Baumarktes. Seit einigen Wochen dürfte der Eisvogel jedoch auch im Landgraben die für ihn unverzichtbaren kleinen Fischchen finden. Denn im April hat die Stadt bereits rund 1500 Gründlinge und Elritzen in das Gewässer eingesetzt. Am Freitag nun folgten die Moderlieschen, die aus einem Gartenteich in Steinfeld stammen. Laut Karl Scherer, der als Vertreter der Hegefischereigenossenschaft bei der Besatzaktion dabei war, vermehren sich die Moderlieschen derart, dass sie im Idealfall schon bald den gesamten Landgraben besiedeln könnten.
Freilich seien die in die Freiheit entlassenen Fische "nicht als Futter für Graureiher und Eisvogel gedacht", betont Wirth. Er gehe davon aus, dass die Fische im Landgraben genug Deckung finden, um sich vor den Fischfressern zu schützen. Dass das eine oder andere Fischchen den Vögeln zum Opfer fallen wird, ist für Wirth verkraftbar. Zumindest unter den Graureihern habe sich jedoch "noch nicht herumgesprochen, dass es im Landgraben wieder Fische gibt". Jedenfalls seien von den großen Vögeln kaum welche an dem Gewässer zu sehen.
Insgesamt sieht Wirth "gute Chancen", dass man mit dem Aussetzen der Fische den Grundstein für eine überlebensfähige Fischpopulation im Landgraben geschaffen hat. Um den Lebensraum der Fische weiter zu verbessern, sei die konstante Fortführung der Renaturierung geplant.