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Ein Esel ist eine Lebensversicherung

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Ein Esel ist eine Lebensversicherung

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    Rimpar Esel gelten als störrisch und dumm. Doch Maria und Josef hätten keinen besseren Begleiter finden können, als sie von Nazareth nach Bethlehem unterwegs waren. Auf dem Esel waren die hochschwangere Maria und ihr Jesus bestens aufgehoben.

    Warum war der Esel so geeignet als Begleiter für Maria und Josef?

    Herbert Konrad: Der Esel ist kein Fluchttier. Das ist der wesentliche Unterschied zum Pferd. Das Pferd stammt entwicklungsgeschichtlich aus weiten Grasebenen. Wenn Gefahr drohte, ist der ganze Verein kopflos davongerannt. Der Esel dagegen kommt aus den gebirgigen Wüstenrandgebieten. Das heißt, wenn der geflohen wäre, wäre er abgestürzt, dann würde es keine Esel mehr geben.

    Der Esel bleibt also stehen.

    Konrad: Genau, wenn er Gefahr wittert oder oder ihm etwas komisch vorkommt, dann bleibt er stehen und schaut sich um. Das ist das, was der Mitteleuropäer als Sturheit interpretiert. Das ist nichts anderes als Vorsicht, das ist sein Charakter.

    Die Peitsche ist also beim Esel sinnlos?

    Konrad: Bei einem Pferd kann man immer den Fluchttrieb ausnutzen. Das kriege ich mit der Peitsche über ein Hindernis von 1,60 Meter, einen Esel nie.

    Und wie ist der Esel zu bewegen?

    Konrad: Wenn ich mit meiner Eselkutsche an einen Zebrastreifen komme und der Esel hat noch nie einen gesehen, dann bleibt er stehen, weil er Angst hat. Wenn ich hinten draufhaue, interessiert das den Esel überhaupt nicht. Den kriege ich keinen Schritt vorwärts. Dann steige ich ab und laufe selber auf dem Zebrastreifen entlang. Dann sieht er: Der Alte geht rüber, es ist keine Gefahr und er folgt mir. Ein Esel vor der Kutsche oder unter dem Sattel ist eine Lebensversicherung.

    In anderen Ländern, Marokko etwa, wird noch viel auf Eseln geritten. Eignet sich dafür jeder Esel?

    Konrad: Es gibt kleine, mittlere und große Hausesel mit einem Stockmaß von 90 bis 160 Zentimetern. Ein kleiner Esel sollte nicht einen Menschen mit 80 Kilo tragen. Das wird zwar in anderen Ländern gemacht. Nach unserem Tierschutzgedanken sagen wir aber, dass ein Esel 30 bis 40 Prozent seines eigenen Körpergewichts tragen kann. Ein kleiner Esel hat ungefähr 100 Kilo, ein mittlerer 200 und ein großer 400 bis 450 Kilo. Ab einem Stockmaß von 130 Zentimetern kann ein Erwachsener ohne Probleme darauf reiten.

    Wofür werden in unseren Gefilden Esel eingesetzt?

    Konrad: Viele Großesel sind heute in Behinderteneinrichtungen als Therapie-Tiere eingesetzt. Einen Esel muss man nicht als Therapie-Tier ausbilden wie ein Pferd, dort dauert das lange und ist teuer. Der Esel macht das von Natur aus. Außerdem gibt es geführte Eselwanderungen als touristische Angebote. Ich selbst fahre Kutsche und egge jedes Jahr die Wiese. Ich setze den Esel ein wie ein Pferd früher. Wir haben heute viele Esel in Biobetrieben, wo sie leichte landwirtschaftliche Arbeiten verrichten.

    Und früher?

    Konrad: Bis zum Dreißigjährigen Krieg wurde bei uns die Hauptsache der Landwirtschaft mit Eseln gemacht. Arme Leute konnten sich kein Pferd leisten. In Frankreich, Spanien und Italien hat man die Esel noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg genutzt wie die Pferde. Sie sind genügsam, aber genauso leistungsfähig. Von der Anatomie her ist der Esel kräftiger gebaut als ein Pferd.

    Ist die Eselhaltung schwierig?

    Konrad: Man muss auf die Hufe achten und auf die Ernährung. In der Urheimat des Esels gibt es die Farbe Grün nicht, die ernähren sich dort von Dornen und Disteln und altem Gras. Die ganzen fetten Weiden bei uns machen die Esel kaputt. Sie kriegen Leberfunktionsstörungen und einen Knickhals, weil sie zu wenig arbeiten. Einem Haflinger kann ich einen fetten Hintern hinfüttern. Der Esel dagegen legt sein Fettdepot als Speck-Nacken an, bis er irgendwann mal seitlich runterkippt. Der Esel ist in der Lage, aus dem letzten Bissen noch Futter zu verwerten. Der kann die Zellulose aufschließen. Deswegen muss ich die Weiden abteilen, damit er nicht so viel bekommt.

    Und die Hufe?

    Konrad: Die müssen trocken gehalten werden, sonst faulen sie weg. Der Esel ist ein Wüstentier. Der Stall muss windgeschützt und trocken sein. Außerdem ist Einzelhaltung tierschutzwidrig. Der Esel braucht immer einen Kumpel, mit dem er kommunizieren kann. Daher auch das Geschrei der Esel. Wo der Esel herkommt, hat die Nahrung nie für mehrere auf einmal gereicht. Der Verband war immer auseinandergezogen. Da hat der Esel mit seinem lauten Organ geplärrt und der andere mit seinen großen Ohren als Schalltrichter hat gehört: Aha, er ist noch da.

    Welchen Esel dürften Maria und Josef gehabt haben?

    Konrad: Ich spekuliere, der Esel in Bethlehem war ein mittlerer, weil die Maria draufgesessen hat.

    Herbert Konrad ist Tierarzt in Veitshöchheim und Gründungsmitglied der 1988 ins Leben gerufenen „Interessengemeinschaft der Esel- und Mulifreunde in Deutschland“. Auf seinem Aussiedlerhof bei Rimpar hat er heute noch fünf Esel.

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