Wenn Deutsche feiern, steht meist das Essen weit im Vordergrund. Bei der Hochzeit von Ayse El-Zein und Faris Faris war es temperamentvoller Tanz. Ihre Familie stammt aus dem Libanon, lebt aber schon seit 30 Jahren in Nordhorn nahe der holländischen Grenze. Seine Familie kommt aus Syrien und ist seit fast vier Jahren in Karlstadt zu Hause.
Buntes Treiben herrscht bei herrlichem Nachmittags-Sonnenschein zwischen den Häusern im Karlstadter Finanzamtsgarten. Zum Auftakt gibt es dort ein Essen. Rund 250 Gäste sind der Einladung von Bräutigamvater Mohamad Faris gefolgt. Er war bis zur Schließung des Karlstadter Krankenhauses dort Hausmeister. Inzwischen arbeitet er im Gemündener Kreisseniorenheim. Durch seine Offenheit hat er zahlreiche Kontakte. Syrer, Türken, Deutsche, Personen aus dem Helferkreis und dem Integrationsbeirat sind da bis hin zu Bekannten aus Karlburg, die Mohamad Faris nach seiner Ankunft ein Fahrrad geschenkt hatten. Der Kontakt mit ihnen besteht nach wie vor.

Fulminantes Brautkleid
Biertischgarnituren sind aufgestellt. Drei syrische Männer haben Reis und Gemüse, Lamm- und Hühnchenfleisch gekocht, das auf großen Platten serviert wird. Dazu gibt es das Joghurtgetränk Ayran mit Knoblauch. Die Bewirtung ist einfach, aber herzlich. Der zahlreiche Nachwuchs erinnert ein wenig an die 1960er Jahre in Deutschland. Damals zur Zeit der Babyboomer waren die Karlstadter Straßen voller Kinder. Während die Erwachsenen noch essen, vergnügen sich die Kleineren auf dem Spielplatz der Wohnanlage.

Eigentlich sollte das Brautpaar um 17 Uhr eintreffen, doch es wird rund eine Stunde später. Im Veitshöchheimer Hofgarten wurden ausgiebig Fotos gemacht. Endlich kommt das Auto mit den beiden. Die Braut entsteigt in einem weiß glitzernden Hochzeitskleid mit fulminanten Ausmaßen, der Bräutigam trägt ein dunkelrotes Jackett und schwarze Hose. Der Gratulationsreigen beginnt. Eine Frauenstimme mit guten Wünschen auf Arabisch ertönt. Nach dem Schema Vorbeter-Gemeinde wiederholen die Frauen sie und unterstreichen dies lautstark mit einer Art Indianergeheul.
Zurückhaltender Umzug
Als sich der Festzug in Richtung Rathaussaal in Bewegung setzt, übernimmt ein Mann die "Vorbeterrolle" und die anderen Männer fallen ein. Viel Glück und viel Segen und Allahs Hilfe - so etwa lautet der Inhalt. Normalerweise stoppt der Hochzeitsumzug unterwegs. Dann wird gesungen und getanzt. Doch es ist Karsamstag. Mohamad Faris hatte im Vorfeld nicht erfahren, dass da nicht öffentlich getanzt werden darf. Sonst wäre ein anderer Termin gewählt worden. So bleibt es bei den unterwegs lautstark vorgetragenen Segenswünschen. Und der Weg führt nicht durch die Hauptstraße, sondern unauffälliger über den Mainparkplatz und dann die Maingasse hinauf.

Kaum im Rathaussaal abgekommen und somit außerhalb der Öffentlichkeit bricht sich das Temperament der Feiernden Bahn. DJs legen auf - syrischen, türkischen, kurdischen, aserbaidschanischen Orientpop. Erst sind es die Männer, die sich zur überlauten Musik in langen Tanzreihen zusammenfinden. Der Anführer schwingt dabei eine Kette. Die vorderen Tänzer sind in der Regel die, die die Schritte richtig gut beherrschen und temperamentvolle Varianten einbauen. Weiter hinten sind die, die versuchen, Schritt zu halten. Einer hängt sich eine große Marschtrommel um und schlägt den Takt dazu. Livemusiker zu bekommen war leider zu schwierig, bedauert der Bräutigamvater.
Auf den Schultern getragen
Er wirkt an diesem Abend überglücklich und motiviert immer wieder andere, aufzustehen und mitzutanzen. Das Brautpaar erklimmt nach ein paar kurzen Tänzchen die Bühne und thront dort zunächst über der feiernden Gesellschaft. Später schließt sich Bräutigam Faris den Tanzenden an, die ihn auf Schultern tragen. Auch Braut Ayse steigt von der Bühne herab und findet Mittänzerinnen. Zu vorgerückter Stunde mischen sich Männer und Frauen auch ein wenig bei den Schreittänzen, zu denen im Takt die Arme geschwungen werden.
Auf den Tischen stehen Obstschalen und es gibt zuckersüßes Baklava-Gebäck. Alkohol bleibt aus dem Spiel, was der Lust am Feiern keinerlei Abbruch tut. "Ohne Suff gut druff." Für diese Aktion der Kreisjugendpflege wäre diese Hochzeit das beste Vorbild.
Eine Woche Bedenkzeit
Kennengelernt hat sich das Brautpaar über die Väter. Mohamad Faris hatte im Aufnahmezentrum in Zirndorf vor vier Jahren die Bekanntschaft eines Syrers gemacht, der dann nach Nordhorn ging. In dessen Nachbarschaft wohnt die libanesische Familie. Zusammen mit seinem Sohn Faris besuchte Mohamad im Dezember die Verwandtschaft der Braut. Zwei Tage lang hatten der 26-jährige Faris und die 25-jährige Ayse Gelegenheit, miteinander zu reden und sich kennenzulernen. Nach einer Woche Bedenkzeit willigte die Braut ein, worauf die Karlstadter Familie nach Nordhorn fuhr, um Verlobung zu feiern.
Jetzt nach der Hochzeit ist Flitterwoche in einer Pension in Wernfeld. Das jünge Paar hat Glück. Die beiden können eine Wohnung im Finanzamtsgarten mieten. Faris Faris arbeitet in Würzburg als Friseur.
