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Erfolg kommt nicht auf die Schnelle

Karlstadt

Erfolg kommt nicht auf die Schnelle

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    Chancen und Risiken: Nach der Belegarztabteilung richtet der Landkreis
Main-Spessart im Gesundheitsportal Karlstadt eine hauptamtliche
Gynäkologie ein.
    Chancen und Risiken: Nach der Belegarztabteilung richtet der Landkreis Main-Spessart im Gesundheitsportal Karlstadt eine hauptamtliche Gynäkologie ein. Foto: FOTO MARTINA AMKREUTZ-GÖTZ

    Die momentane Hängepartie in der Geburtshilfe am Karlstadter Kreiskrankenhaus sorgt nach der Kündigung der Belegärzte für Diskussionen unter den Fachleuten. Die MAIN-POST fragte Gynäkologen und Hebammen im Landkreis nach ihrer Meinung.

    Dr. Susanne Franke (Karlstadt) war "zufrieden mit dem Belegarztmodell", auch wenn es für Risikofälle und Krebs-Operationen nicht geeignet gewesen sei. Sie sieht das Problem in den Patientinnen. "Selbst aus dem Raum Karlstadt entbinden 50 Prozent der Frauen in Würzburg." Sie erklärt das mit den Beziehungen der Frauen zur Bezirkshauptstadt. Viele arbeiteten dort, hätten ihre Ärzte dort und entschieden sich dann auch für eine Geburt in der ihnen vertrauten Stadt.

    Zur geplanten Hauptabteilung mit Chefarzt sagt sie: "Das wird gnadenlos in die Hose gehen. Wo sollen denn die OPs herkommen?", fragt sie mit Blick auf die künftige Auslastung von Chefarzt, zwei Oberärzten und drei Assistenzärzten. Dr. Franke verweist auf den Trend, wonach heutzutage mehr medikamentös oder ambulant behandelt werde, statt gleich zu operieren.

    Sie zweifelt auch daran, dass Karlstadt ein Brustzentrum werden könnte. "Das geht nicht so einfach; Karlstadt wird die Voraussetzungen nicht schaffen." Mit Blick auf die Beratung durch einen Gesundheitsfachmann aus Wuppertal, die sich der Landkreis geleistet hat, sagt die Frauenärztin: "Da wird für den Berater und eine Hauptabteilung viel Geld rausgeschmissen." Dr. Franke resümiert: "Ich kann mir den Landkreis auch ohne Geburtshilfe vorstellen; nur für die Region Gemünden werden die Wege dann sehr weit."

    "Die Frauen aus Gemünden und dem Sinntal hätten damit ein großes Problem", stimmt Heike Kralik, Hebamme in Karlstadt, zu. Sie fände es daher "schade, wenn die Gynäkologie schließen müsste". Eine kleine Klinik habe andere Qualitäten als Würzburger Häuser. "Die Betreuung im Wochenbett ist hier gemütlicher", nennt Kralik ein Beispiel.

    Die Hebamme gibt der Hauptabteilung durchaus Chancen. "Ich habe schon immer ein Problem mit dem Belegarztmodell gehabt. Keiner war der Chef; Niemand hatte das Sagen." Von einem Chefarzt erwartet sie sich klare Leitlinien für die Geburtshilfe. Außerdem sieht sie sehr wohl steigenden Bedarf für eine Hauptabteilung. Auch bei der Zahl der Geburten ist Kralik eher optimistisch: Eine Steigerung von jetzt 350 auf etwa 500 Geburten im Jahr "könnte eine hauptamtliche Gynäkologie schaffen". Kralik zeigt Verständnis für die Entscheidung des Landkreises, sich vom Belegarztmodell zu verabschieden: "Es gab keine andere Wahl."

    Für Dr. Angela Weismantel, Lohr, ist es ebenfalls die richtige Entscheidung, "aber das hätte man sich schon früher überlegen sollen". Nach ihren Erfahrungen gehen viele Frauen aus dem Raum Lohr nach Aschaffenburg oder Gelnhausen; nur wenige finden den Weg nach Karlstadt. Sie hätte einer Gynäkologie im zentral gelegenen Lohr mehr Erfolg zugetraut. Aber Weismantel steht der neuen Hauptabteilung in Karlstadt offen gegenüber und will kooperieren, "sobald ich weiß, mit wem ich es zu tun habe". Dem Chefarzt gibt sie Chancen, "wenn er einen langen Atem hat".

    Die bisherige Zusammenarbeit mit den Belegärzten bewertet die Frauenärztin nicht schlecht, nur sei der Kontakt nicht so intensiv gewesen wie früher mit der Gynäkologie vor Ort in Lohr.

    Dr. Laszlo Szilagyi, Marktheidenfeld, glaubt ebenfalls, dass ein Chefarzt nicht von heute auf morgen für höhere Belegungszahlen sorgen kann. Die als wirtschaftlich geltende Zahl von 500 Entbindungen pro Jahr sei schwer zu erreichen. "Es ist möglich, dauert aber ein paar Jahre." Von seinen Patientinnen suchen derzeit nur etwa zehn Prozent das Krankenhaus in Karlstadt auf. Wertheim und die Missio-Klinik in Würzburg seien für die Frauen im Raum Marktheidenfeld die ersten Adressen. Daran werde laut Szilagyi wohl auch das geplante Brustzentrum wenig ändern. "Wertheim und die Missio haben schon ein gemeinsames aufgebaut."

    Heike Wachholz, Hebamme aus Triefenstein, war mit den Belegärzten in Karlstadt nicht zufrieden, obwohl Patientinnen die Geburtshilfe als sehr gut eingeschätzt hätten. Aus ihrer professionellen Sicht kritisiert Wachholz die "nicht optimale Kundenorientierung". Den Schritt des Landkreises sieht sie als "Flucht nach vorn".

    Ihr Urteil: "Die Idee ist klasse. Ich hoffe, dass die Startschwierigkeiten möglichst schnell überwunden werden." Ihrer Meinung nach gehe der Trend aus wirtschaftlichen Gründen allerdings zu zentralen Geburtshilfen in größeren Zentren. "Die Krankenkassen rechnen mit dem Rotstift; da werden kleine Häuser einfach zugemacht."

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