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Fairer Handel statt Entwürdigung

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Fairer Handel statt Entwürdigung

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    Der Geschäftsführer der Fair-Handel GmbH, Bruder Joachim Witt,
präsentiert die Lebensbaumkrippe aus Peru.
    Der Geschäftsführer der Fair-Handel GmbH, Bruder Joachim Witt, präsentiert die Lebensbaumkrippe aus Peru. Foto: FOTO VOGEL

    Eine erste, gut gemeinte Antwort lautet Entwicklungshilfe in Form von Spenden und Gaben. Die Empfänger verfallen dadurch eher einer Lähmung und Entwürdigung. Die faire und neue Weise der Hilfe lautet: Handel mit diesen Menschen. Aus diesem Bestreben heraus gründete die Benediktinerabtei Münsterschwarzach vor zehn Jahren die Firma Fair-Handel GmbH.

    Anfrage in Rom

    "Wir wollten unsere Geschäftsbeziehungen in erster Linie mit 'Inti Raymi' (Fest der Sonne), einer nicht staatlichen, gemeinnützigen Organisation von Kunsthandwerkern aus Peru, auf eine rechtliche Grundlage stellen", blickt Geschäftsführer Bruder Joachim Witt im Gespräch mit unserer Zeitung zurück. Zunächst mussten die Mönche in Rom anfragen, ob Ordensangehörige Gesellschafter einer GmbH sein können. Als dieses Problem gelöst war, beteiligten sie noch zwei Peruaner als Gesellschafter, um deren Engagement durch Lieferung guter Ware sicherzustellen. Da in Peru kaum Absatzmöglichkeiten für das Kunsthandwerk bestehen, werden die Produkte über eine, Inti Raymi angegliederte Firma namens Raymisa exportiert. Bei ihr handelt es sich um eine Fair-Handels-Organisation, die Waren nach Europa und in die USA liefert.

    Korruption ausgeschaltet

    Zu den Kunsthandwerkern zählen Weber, die wunderschöne Teppiche herstellen, oder Töpfer, die einzigartige Tonfiguren oder Keramikarbeiten produzieren. Dann gibt es noch die Retablisten, die Retablos (Hausaltäre) in allen Ausführungen fertigen. Von den Strickfrauen stammen Pullover und Strickwesten aus 100 Prozent Alpaka. "Um korrupte Zwischenhändler auszuschalten, haben wir eine gebrauchte Wollwaschanlage aus dem Schwarzwald zu den Indianern nach Peru auf 5000 Meter Höhe gebracht und eine Solar-Anlage für die Stromerzeugung installiert", erläutert Bruder Joachim. So können sie die Wolle aus der Alpaka-Zucht bis zum Stricken selbst verarbeiten. 50 Prozent des Umsatzes belaufen sich so auf Waren aus Peru.

    20 Prozent kommen aus Tansania, wo die Missionsbenediktiner im Gebiet der Wamakonde arbeiten und durch die Förderung der Schnitzarbeiten deren Familien helfen.

    "Den Gekreuzigten schnitzen sie schon seit den Tagen, als im vorigen Jahrhundert die ersten christlichen Missionare zu ihnen kamen", führt Bruder Joachim aus. Die Mutter Christi tritt an die Seite der Stammesmutter. Angeregt durch ihre großen Figurenkompositionen schnitzen die Künstler auch hohe Osterleuchter mit Darstellungen aus dem Alten und Neuen Bund wie "Moses führt sein Volk durchs Rote Meer", "Jonas entkommt dem Fisch" oder "Die Juden essen das Pascha-Lamm". All dies wächst um Christus zusammen, der das Abendmahl feiert und von den Toten aufersteht. Ähnliche Darstellungen bedecken Tabernakelsäulen, Altäre und Lesepulte. Das Weihnachtsgeheimnis wird in großen Krippen geschnitzt.

    Exklusive Maconde-Kunst

    "Wir sind die einzigen in Deutschland, die die 'Maconde-Kunst' anbieten", erklärt Bruder Joachim stolz. Wehmütig fügt er hinzu, dass es in zehn Jahren wohl kein Ebenholz mehr in Tansania gibt, weil die Chinesen alles aufkaufen. Auch fair gehandelte Lebensmittel wie Kaffee, Tee und Macadamianüsse bieten sie aus dem afrikanischen Land an.

    Aus weiteren 20 Ländern kommen Produkte, die das Angebotssortiment abrunden. Für den Kauf von Geschenken hebt Bruder Joachim aus dem Weihnachtsprospekt hervor: die "Speckstein-Paare", die Papierboxen und den Kerzenständer (Holz mit Metallapplikation) wie auch als Ersatz für Elfenbein aus Horn gefertigte Schuhlöffel oder Salatbestecke aus Kenia, die Djembe (Holzkorpus mit Ziegenfell) aus Indonesien, den Leuchter mit Kerze und das Tagebuch mit Metallprägung aus El Salvador, Christbaumschmuck, musizierende Engel oder die Krippendarstellung aus Capizmuscheln oder Plastiktaschen aus Recycling-Material von den Philippinen. Indien liefert Weihnachtsschmuck aus Palmblättern, Chile Glasschmuck, Togo Metallkrippen und Weihnachtskarten sowie Südkorea Lackarbeiten.

    1000 Gemeinden als Kunden

    "Etwa 1000 katholische und evangelische Kirchengemeinden kaufen bei uns für ihre Märkte und Basare ein", berichtet Bruder Joachim. Hinzukommen 10 000 Einzelkunden, die hier ihre Geschenke einkaufen.

    Da die Fair-Handel-GmbH die Artikel direkt von den Herstellern bezieht, hat sie die Gewähr, dass der Erlös aus den Waren auch direkt den Menschen zugute kommt, die sie produziert haben. Mit dem Handel dieser Produkte will die Abtei den Herstellern einen gerechten Lohn und vielfältige andere Unterstützung zukommen lassen.

    Fremde Kunst anerkennen

    "Während die wirtschaftliche Hilfe ein Teil unseres Fair-Handels ist, heißt der zweite Sinn unseres Unternehmens, dem hochwertigen künstlerischen Können der Handwerker aus den 'armen Ländern' in Europa Ansehen und Raum zu verschaffen", erläutert Bruder Joachim. Im Austausch mit der Geistigkeit und Lebensdeutung dieser Menschen könne "uns ein reicher Gewinn und eine neue Weltsicht aufgehen".

    Abschließend weist Bruder Joachim auf einen weiteren Aspekt hin: Die Miete und die Personalkosten für zwei Ordensangehörige, die die Fair-Handel GmbH im Lauf des Jahres an die Abtei bezahlt, überweist Abt Fidelis am Ende des Jahres als Spende nach Peru. So ist in Ayacucho ein Heim entstanden, in dem verlassene und verwahrloste Kinder Unterkunft, Verpflegung und eine solide Schulausbildung erhalten. Sie leben in einer Familiengemeinschaft mit einer Ersatzmutter, die sie Tag und Nacht umsorgt.

    Weitere Informationen: www.fair-handel-gmbh.de E-Mail: info@fair-handel-gmbh.de Tel.: 09324/20273

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