Musik zwischen Himmel und Erde verband am zweiten Adventssonntag christlichen Glauben über Jahrhunderte hinweg. Um das Vivaldi-Magnificat rankten sich in der Auferstehungskirche adventliche Werke von Bach, Händel und Scarlatti. Die Leitung hatte Dekanatskantor Mark Genzel.
„Ich möchte die Musik für sich sprechen lassen“, stimmt Genzel auf das geistliche Konzert ein. Mit dem Advent beginne das Kirchenjahr, das den Blick auf das Licht der Weihnacht richte. Vivaldi gestalte im Vergleich zu seinem Zeitgenossen Bach den Lobgesang Mariens geheimnisvoller und verhaltener. „Für Vivaldi ist Barmherzigkeit das Schlüsselwort unseres Christseins.“
Emotionen und Farben
So hatte Genzel das „Magnificat“ (RV 610) für Soli, Chor, zwei Oboen, Streicher und Basso continuo des venezianischen Komponisten und Violinisten Antonio Vivaldi (1678-1741) einstudiert. Das im Aufbau an das Bach-Magnificat erinnernde Werk unterstreicht im Solo-Tutti-Wechsel Emotionen und Farben der Musik.
Von seiner besten Seite zeigt sich der Kantatenchor, der mit feiner Stimmgruppentrennung und klarer Intonation jedem Werk das passende Gewand gibt. Mit Johanna Krell und Friederike Knauth (Sopran) stehen dem Chor ausgezeichnete Solistinnen zur Seite. Reif und ausdrucksvoll singt Elisabeth Freund ihren Alt. „Camerata Instrumentale“ mit Anna Staab an der 1. Violine sind verlässliche Partner. Da sitzt jeder Ton und wird mit großer Spielfreude präsentiert. In Vivaldis „Concerto D-dur“ und Händels „Concerto g-moll“ lässt das Orchester den Charakter der Werke nachempfinden.
Großen Anteil an der stimmigen Interpretation hat Christel Schlensok. In Begleitung und Zwischenspiel schöpft sie die Orgelregister aus und verzaubert mit facettenreicher Klangschönheit.
Am Dirigentenpult gelingt es Dekanatskantor Mark Genzel vortrefflich, Gesangssolisten, Kantatenchor und Orchester zur harmonischen Einheit zu führen. Unter seiner Leitung arbeiten die Musiker die Glanzpunkte der zeitlos schönen Chorwerke perfekt heraus.
Bereits zum Auftakt darf „Tochter Zion“ aus Händels Oratorium „Judas Maccabäus“ Glanz und Gloria entfalten. Johanna Krells volle Stimme – mit warmem Timbre auch in der Tiefe – lässt das fünfsätzige „Salve Regina“ von Domenico Scarlatti (1685 - 1757) zur wahren Andacht werden. „Suscepit Israel“ aus dem Bach-Magnificat lebt von der einfachen Liedmelodie der Oboen, wunderbar ergänzt durch die Stimmen des Solisten-Trios. Das ist Musik, die zu Herzen geht.
Das Beste zum Schluss
Das Beste kommt zum Schluss: Vivaldis „Magnificat“. Die Besonderheit: Vivaldi teilt Marias Gebet nach dem Besuch des Engels Gabriel in neun Sätze auf.
„Meine Seele erhebt den Herrn und mein Geist freut sich über Gott, meinen Heiland“, beginnt der Lobgesang im ersten Kapitel des Lukasevangeliums. Dort wird Gottes Gnade für den Menschen gepriesen. Vivaldis Werk entfaltet den vorweihnachtlichen Text im Wechsel von Chorpassagen und klangvollen Soli wie „Et exultavit“ und „Esurientes“.
Musikalische Perfektion und einvernehmliches Miteinander kennzeichnen anspruchsvolle kirchenmusikalische Literatur, die die Auferstehungskirche zu einem Ort der Ruhe und inneren Einkehr macht.
Dankbar für den reichen Beifall rückt das Ensemble mit dem Herzstück des Magnificats „Et misericordia eius“ zum Abschluss noch einmal die Barmherzigkeit in den Mittelpunkt.