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KARLSTADT: Gäste bringen dem Paar das Startkapital

KARLSTADT

Gäste bringen dem Paar das Startkapital

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    Karlstadt macht Werbung für sich als ein guter Ort für Hochzeiten. Das Standesamt schließt Ehen auch außerhalb der Geschäftszeiten. Man kann in der Ratsstube des alten Rathauses heiraten und vieles mehr. Doch türkische Karlstadter heiraten nur selten in Karlstadt. Hier müssten sie internationale Urkunden oder solche mit deutscher Übersetzung vorlegen. Viele lassen sich am türkischen Konsulat in Nürnberg trauen. Eine solche standesamtliche Hochzeit wird im kleinen Kreis vollzogen.

    Wie bei christlichen Hochzeiten gibt es zusätzlich eine Eheschließung vor dem Imam. Diese kann in der Moschee stattfinden oder zu Hause innerhalb der Familie oder aber auch – bei besonders religiösen Familien – in der Halle, in der später gefeiert wird.

    Früher mieteten manche Brautpaare den Karlstadter Rathaussaal an. Doch mit dem inzwischen größeren Verwandten- und Bekanntenkreis ist der meist zu klein. Die nächstgrößere Halle ist die Mehrzweckhalle in Laudenbach. Hochzeiten finden inzwischen auch in der Urspringener Festhalle statt, die theoretisch bis zu 800 Sitzplätze bietet. Bürgermeister Heinz Nätscher schätzt, dass im Schnitt etwa vier Hochzeiten in der Halle stattfinden. Die Gaste kommen aus dem ganzen Bundesgebiet.

    Wenn die Namensliste der Gäste erstellt ist, lässt das Brautpaar Einladungen drucken und engagiert eine Musikgruppe. Übernahmen früher die Familien die Bewirtung oft selbst so gibt es dafür inzwischen professionelle Anbieter. Traditionell gibt es Hähnchen, dazu Salat, Brötchen, Reis, Kartoffeln und anderweitiges Fleisch.

    Henna-Abend

    Am Abend vor der Hochzeit findet der sogenannte Henna-Abend statt. Die Braut bekommt ein rotes Tuch auf den Kopf, nimmt Abschied von ihrer Unschuld, ihren Freundinnen und ihrer Mutter. Schließlich wird sie in die Familie des Bräutigams wechseln. Das ist auch etwas traurig.

    Bei den Jungs ist die Zusammenkunft lustiger. Irgendwann überfallen sie die Gesellschaft der Frauen. Der Bräutigam macht ihr kleine Geschenke. Beide färben ihre Finger oder Handflächen mit Henna rot. Das soll symbolisieren, dass diese Hände stets Gutes tun sollen und das Paar immer Glück haben soll. Es gibt eine Kleinigkeit zu essen.

    Hochzeitstag

    Am Hochzeitstag selbst steht das Brautpaar zeitig auf. Besonders das Herrichten der Braut nimmt viel Zeit in Anspruch. Um die Mittagszeit geht der Bräutigam zur Familie der Braut. Ein Mann aus dem Kreis der Freunde oder Verwandten, der eine vorbildliche Ehe führt, bindet der Braut einen roten Gürtel um und bittet zugleich: „Allah segne diese Ehe.“ Manche Bräute bekommen zudem einen roten Schleier aufgesetzt.

    Dann fährt das Brautpaar mit guten Freunden an einen schönen Ort, vielleicht nach Würzburg oder in den Rokokogarten nach Veitshöchheim, um zum Beispiel Eis zu essen und es sich gut gehen zu lassen. Dort werden auch Fotos gemacht.

    Gegen 18 Uhr, wenn die gesamte Hochzeitsgesellschaft bereits in der Halle versammelt ist, trifft auch das Brautpaar ein. Die Musik spielt ein bestimmtes Stück, das allen signalisiert: „Sie kommen!“ Die Jüngeren stehen an der Tür Spalier mit Kerzen und Rosen.

    Das Brautpaar eröffnet alleine den Tanz. Die Frau trägt einen weißen Schleier, den der Mann nun lüften darf. Er küsst sie – meist auf die Stirn oder die Wange. Nach diesem Eröffnungstanz dürfen alle tanzen.

    Gegen 19 oder 20 Uhr gibt es das Essen. Anschließend folgt die „Bescherung“: Vor allem Geld oder auch Gold ist es, was die Gäste dem Brautpaar als Geschenk mitgebracht haben. Es gibt unterschiedliche Bräuche. Manchmal wird der Braut das Geld an ein Tuch geheftet, das sie umgeschlungen hat. Manche Familien notieren die Namen der spendablen Gäste und die Summen, um sich später angemessen revanchieren zu können.

    Für das Brautpaar dient das Geld einerseits zur Finanzierung der Feier, anderseits als Startkapital für die Ehe. 50 Euro sind das Mindeste, was in der Regel gegeben wird. Unterm Strich kommt für das Paar eine Summe von schätzungsweise 10 000 bis 50 000 Euro zusammen. Traditionell finanziert die Braut die Verlobung, die zum Teil auch große gefeiert wird, sowie die Kücheneinrichtung und das Schlafzimmer, während er Bräutigam für die Hochzeit und das Wohnzimmer aufkommt.

    Nach der „Bescherung“ wird weiter gefeiert mit Musik und Tanz. Die Tänze sind den Teilnehmern von anderen Hochzeiten her bekannt. Etwa ab dem sechsten Lebensjahr lernen sie diese bei solchen Gelegenheiten.

    Wer nach ganz traditionellem Muster heiratet, zeigt am Tag nach der Hochzeitsnacht das Bettlaken – als Beweis dafür, dass die Braut Jungfrau war.

    ONLINE-TIPP

    Alle bisherigen Folgen unter www.mainpost.de

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