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Gastronomische Ära endet nach 217 Jahren

Karlstadt

Gastronomische Ära endet nach 217 Jahren

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    Gastronomische Ära endet nach 217 Jahren
    Gastronomische Ära endet nach 217 Jahren Foto: FOTO BRIGITTE SCHUHMANN

    Noch einmal stand Gisela Koch am Herd in "Kochs Weißes Lamm". Noch einmal verwöhnte sie ihre treuen Stammgäste beim Abschiedsessen. 80 Gänsekeulen hatte sie vorbereitet. Aber sie reichten nicht aus, erzählt die Wirtin. Tränen stehen ihr in den Augen. Der Abschied fällt ihr sichtlich schwer.

    Gesundheitlich sei sie angeschlagen, aber sie habe gern ihre Gäste umsorgt und dabei auf ihr gutes Personal bauen können. Vor elf Jahren hatte sie mit Ehemann Karl und Tochter Karin das Traditionshotel übernommen. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits im Besitz der Stadt Karlstadt. Im Oktober dieses Jahres befürwortete der Bauausschuss den Abriss und Neubau eines Geschäftshauses mit Hotel garni (die MAIN-POST berichtete). Bauherr ist Manfred Feulner aus Wertheim.

    Wenn in wenigen Wochen die Abrissbirne dem "Weißen Lamm" zu Leibe rückt, endet eine über 217-jährige Ära: 1786 ist das Gebäude erstmals in der Stadtchronik erwähnt. Ein Jahr später übernahm Michael Troll die Bäckerei. Er ebnete den Weg zu einer "Garküche", die er bis 1837 betrieb. Hungrige Mäuler fand er auch in Napoleons Armee, die 1812 auf dem Weg nach Moskau Karlstadt passierte.

    Ein reger Wechsel der Besitzer markiert die Geschichte des "Weißen Lamms" im 19. Jahrhundert. Seine "neu eingerichteten Fremdenzimmer" empfahl Martin Gessner in der Eröffnungsanzeige 1887. "Für gutes Bier, reine Weine und kalte wie warme Speisen wird bestens Sorge getragen", versprach Franz Wundling bereits ein Jahr später.

    Im 20. Jahrhundert prägte die Familie Röhm 68 Jahre die gastronomische Tradition. "Es wird unser Bestreben sein, unsere werten Gäste aufs Beste zu bedienen", versicherten Josef und Sebastian Röhm, die am 7. März 1922 Bäckerei und Hotel übernahmen. Ihr Bäckereigeschäft in der Unteren Viehmarktstraße betrieben sie weiter. Bald führte Sebastian Röhm mit seiner Ehefrau Berta den Betrieb allein.

    Als 1924 der ADAC-Ortsclub gegründet wurde, wählte er das "Weiße Lamm" als Vereinslokal. Im Lauf der Jahrzehnte fanden auch Schachclub, Skatclub, Angler, Soldatenbund, Vogelschützer, Trachtenverein und Fußballer hier ein Dach über dem Kopf.

    Im Zweiten Weltkrieg hatten nur drei Bäckereien in Karlstadt geöffnet. Vor dem Gasthof von Sebastian Röhm standen die Kunden Schlange nach Brot, das auch russische und französische Kriegsgefangene in den Ofen schoben.

    Nach dem Krieg übernahm Tochter Liesel Meinecke den Hotelbetrieb, Sohn Hans Röhm wachte über die Backstube. An ein Intermezzo einer Italienerin namens Borghesi als Hotelchefin erinnern sich Mitglieder des Stammtischs noch heute.

    Danach teilten sich Hans Röhm und seine Schwester Lucie Müllerklein die Verantwortung für Gaststätte und Hotel. 1968 schenkten sie erstmals ihren "Schwedenschoppen" aus. Ab 1969 führte Hans Röhm das "Weiße Lamm" mit seiner Ehefrau Hannelore. 1970 gab der "Knaster", wie ihn die Karlstadter liebevoll nannten, die Backstube auf.

    Gesundheitliche Gründe zwangen ihn, 1990 seine berufliche Laufbahn zu beenden. Er starb am 16. September 1991. Das Hotel erwarb darauf die Stadt. Pächter wurden Birgit Wetzel und Robert Dentler. Mancher wird sich noch an die Episode erinnern, dass im Wein- und Wirtshaus zunächst kein Rotwein ausgeschenkt wurde wegen der neuen, hellen Dielen in der Gaststube.

    Für "angenehmes Übernachten, Feines oder Deftiges aus der Küche, gepflegte Biere und ausgewählte Weine" bürgten Gisela und Karl Koch, Besitzer des Gasthofs "Zum Stern" in Wiesenfeld, mit Tochter Karin ab 11. September 1992. Im "Stern" wird Gisela Koch am Herd auch weiterhin die Gäste verwöhnen. Tochter Karin schwingt den Kochlöffel bei "Käfer" in München.

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