„Wir wollten nur Theater spielen“, sagen Sabine Bogen und Edith Lattin, die „Macherinnen“ des Neustadter Hin-und-weg-Theaters. „Mit so einem Erfolg haben wir nicht gerechnet.“ Zehn Jahre gibt es die Neustadter Laienschauspielgruppe inzwischen, heuer feiern die Mitwirkenden ihren Geburtstag mit dem Stück „Flitterwochen zu siebt!“. Am Samstag, 12. Oktober, ab 19.30 Uhr ist Premiere im Pfarrheim. Im Gespräch mit der Main-Post versprachen Regisseurinnen und Schauspieler, dass noch lange nicht Schluss ist. „Wir haben so viel Spaß und hören bestimmt so schnell nicht auf.“
Was vor zehn Jahren mit einem Aufruf im „Neustadter und Erlacher Boten“ begann, hat bis heute nichts an Spaß und Spannung verloren. Das belegen die Zuschauer, die das Pfarrheim bei jeder der Aufführungen bis auf den letzten Stuhl besetzen und das belegt der Kartenvorverkauf, bei dem meist schon nach zehn Minuten fast alle Plätze belegt sind.
Bei den Stücken können Sabine Bogen und Edith Lattin schauspielermäßig meist aus dem Vollen schöpfen. „Die haben uns gleich zu Anfang fast die Bude eingerannt“, erinnert sich Lattin an die Informationsveranstaltung in der Turnhallengaststätte, als 20 Theaterbegeisterte kamen, von denen 17 bei der Truppe blieben. „Seit ich in Neustadt wohne, hatte ich gehofft, dass sich hier einmal eine Theatergruppe bildet“, seufzt Andrea Pfeuffer, Schauspielerin mit Leib und Seele. Als es dann endlich soweit war, war sie eine der ersten, die sich meldeten. Seither gehört die ehemalige Näuschter Häkönichin zum Ensemble, ist mit Herz, Engagement – und Kochkäs dabei. Aber dazu später mehr.
Text lernen beim Laufen
Das Theater hält sie nicht nur geistig sondern auch körperlich fit, denn ihren Text lernt Andrea Pfeuffer beim Laufen mit ihrem Sammy. Der neunjährige Münsterländer kann inzwischen sechs Stücke auswendig. „Und wenn sie was falsch sagt, dann bellt er“, grinst Edith Lattin. Wenn es regnet, bettet Pfeuffer jedes Blatt ihres Skripts liebevoll in Klarsichthüllen, „damit's nicht nass wird“. Und wenn ihr Mann Adolf mal mitlaufen will, dann kriegt er einen Korb, denn „ich muss beim Lernen alleine sein“ – nur der Sammy darf mit. Tja, Frau muss halt Prioritäten setzen.
Ute Gowor ist ein so genannter „Deadline-Junkie“. Das heißt, sie fängt erst auf dem sprichwörtlich allerletzten Drücker an, ihren Text zu lernen. „Meistens am ersten Probetag“, verrät sie und zuckt die Achseln, „ich brauch' halt den Druck“. Ihr Bruder Uwe hänge seinen Text in Zetteln an eine Wäscheleine, plaudert Regisseurin Edith Lattin aus. Töchterchen Anna muss Papa dann abhören und wehe, wenn der was Falsches sagt! Und Peter Gowor? Der lernt mal prophylaktisch vorab, aber so richtig erst bei den Proben. Und wenn er dann mal hängt, gibt's „Schelte“ von der Souffleuse Conny Maier. „Das muss auch so sein, denn der Text muss gleich am Anfang sitzen“, erklärt Sabine Bogen, die auch die Stücke aussucht.
30mal wird geprobt
Wie schafft sie es, den Schauspielern dabei die Rollen nahezu auf dem Leib zu schneidern? „Wenn man beim Lesen des Stücks gleich die Figuren sieht, dann passt das“, sagt sie. Und das ist den Regisseurinnen bisher immer gelungen. Nicht nur mit der Mischung auf der Bühne, sondern auch mit der Truppe vor und hinter den Kulissen. 30mal wird geprobt, immer donnerstags und sonntags, jeweils zwei bis drei Stunden, „bis unsere Regisseurinnen zufrieden sind“, stöhnt Peter Gowor und grinst.
Die Kulisse baut er zusammen mit Gerhard Fleischmann und Ewald Bils. Geht nicht, gibt's dabei nicht. So bauten die drei schon Klohäuschen, einen Kamin mit Bank, ein Hexenhäuschen und gaben so der Kulisse die ganz persönliche Note.
Tja und dann kommt der Premierenabend und die bange Frage, springt der Funke über, hat das Publikum Spaß? Das Lampenfieber geht um. Die eine tigert auf und ab, die andere sitzt still in der Ecke und möchte sich am liebsten in Luft auflösen. Wieder andere brauchen ihr Hausmacher-Wurschtbrot oder den Geheimtipp: „Die heiße 7“ – Schüssler-Salze gegen Aufregung, die nur mit dem Plastiklöffel eingenommen werden dürfen, erklärt Ute Gowor. „Es gibt keinen, der kein Lampenfieber hat“, verrät Peter Gowor, der vor dem Stück einen Schnaps kippt.
Hinter der Bühne, in den Räumen der Bücherei, schlagen die Schauspieler ihre Zelte auf. Dort gibt es alles, was das Herz begehrt, von Andrea Pfeuffers selbst gemachtem Kochkäs' über Hausmacher Wurst, Kuchen, sauren Gurken, Mohrenköpfen, Lebkuchen, Bier, Wein, Sekt … „Hunger haste keinen, aber Essen kannste den ganzen Abend“, erzählt Andrea Pfeuffer.
Via Fernsehbildschirm halten die Schauspieler Kontakt zur Bühne und wissen, wann sie dran sind. Wenn sie nicht selbstvergessen dem Spiel zusehen und dabei ihren Einsatz komplett verpassen, wie es einmal Andrea Pfeuffer passierte, die sich auf ihrem Sessel in der Bücherei noch wunderte, warum es auf der Bühne denn nicht weiterging. „Als ich dann endlich geschnallt hatte, dass die auf mich warten, bin ich aber losgespreiselt“, lacht sie.
Blackouts und Schweißausbrüche gehören ebenso zum Theater wie die Erleichterung, wenn das Publikum mitgeht. „Daran zieht man sich hoch“, sagt Peter Gowor. Bis zur fünften Reihe könne man sehen, erzählt Andrea Pfeuffer, die einige Zuschauer inzwischen sogar am Lachen erkennt wie die „Leni und die Gisela“, denn „wenn die lachen, ziehen sie die anderen mit“, sagt sie.
Und ist das Eis erstmal gebrochen, löst sich das Lampenfieber auf. Dann sind die Schauspieler in ihrem Element auf der Bühne im Neustadter Pfarrheim, wenn es heißt: „Das Hin-und-weg-Theater präsentiert . . .“
Theater:„Flitterwochen zu siebt!“
Premiere für das neue Stück „Flitterwochen zu siebt!“ ist am Samstag, 12. Oktober, ab 19.30 Uhr. Es ist ein Lustspiel in drei Akten von Martin Fischer. Zum Stück: Hans möchte gern mit seiner Heidi die Flitterwochen bei Onkel Alois und Tante Resi im Spessart verbringen, wo er auch seine Jugend verbracht hat. Alles wird hierfür vorbereitet, aber das dafür vorgesehene Fremdenzimmer wird einen Tag vorher an Hilde, einen Stammgast, vergeben. Resi ist stolz, nun ihr schönes neu hergerichtetes Schlafzimmer dem jungen Paar anbieten zu können. Onkel Alois ist weniger begeistert, nun muss er wegen der Hilde die nächsten Wochen in der Dachkammer verbringen. Und so beginnen die Flitterwochen ganz anders, als es sich Heidi vorgestellt hat und so wird das„Hochzeitszimmer“ zum Durchgangszimmer mit vielen Irrungen und Wirrungen.
Kartenvorverkauf ist am Montag, 23. September, ab 19 Uhr im Pfarrheim in Neustadt, danach gibt es die Karten unter Tel. (0 93 93) 99 78 10.
Weitere Aufführungen sind am Sonntag, 13. Oktober, ab 18 Uhr, am Samstag, 19. Oktober, ab 19.30 Uhr, am Sonntag, 20. Oktober, ab 18 Uhr und am Samstag, 26. Oktober, ab 19.30 Uhr im Pfarrheim in Neustadt.
Der Eintritt kostet 6 Euro.