Die mangelhafte Bauqualität beim unter der Regie der Telekom in Lohr laufenden Glasfaserausbau bindet so viel Arbeitskraft, dass andere städtische Arbeiten liegenbleiben. Das wurde in der jüngsten Sitzung des Werkausschusses des Lohrer Stadtrats deutlich.
Dort schilderte Stadtwerkechef Otto Mergler nicht nur den hohen Kontrollaufwand, mit dem verhindert werden soll, dass durch den Glasfaserausbau städtisches Eigentum nachhaltig Schaden nimmt. Er informierte auch, dass ein Fahrzeug der Stadtwerke in Halsbach einen Unfall an einer nicht ausreichend gesicherten Glasfaserbaustelle gehabt habe und dabei beschädigt worden sei. Der Unfall habe sich an einer nicht ordentlich abgedeckten Fräs-Stelle ereignet, so Mergler. Während der Schaden an dem Fahrzeug wieder behoben sei, werde der in den vergangenen Monaten erfolgte Pfusch beim Glasfaserausbau Stadt und Stadtwerke wohl noch länger beschäftigen, so Mergler gegenüber dieser Redaktion.
Die von der Telekom mit den Grabungsarbeiten beauftragte Firma Circet und deren Subunternehmern hätten teilweise ohne Rücksicht auf vorhandene Leitungen "wild drauflos gebaggert", so der Stadtwerkechef. Die zuvor von anderen Versorgern eingeholten Pläne zum Verlauf vorhandener Leitungen seien offenbar oft nicht beachtet worden.
Glasfaser oftmals direkt über anderen Leitungen verlegt
Konkret besteht laut Mergler ein großes Problem darin, dass an vielen Stellen die neuen Glasfaserleitungen direkt über Wasser-, Abwasser- oder sonstigen Leitungen verlegt wurden. "Wir haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen", schildert Mergler die Reaktion, als man bei Kontrollen festgestellt habe, wie wenig auf vorhandene Leitungen geachtet worden sei.
Die Folgen solcher Längsüberbauungen könnten kostspielig sein, sagt Mergler, beispielsweise dann, wenn es einen Rohrbruch an einer Wasserleitung gebe. Gräbt der Bagger an der Stelle eines solchen Rohrbruchs auf, könnte er eine darüberliegende Glasfaserleitung beschädigen. Diese Gefahr sei umso größer, da sich herausgestellt habe, dass die Glasfaserleitungen teilweise an ganz anderen Stellen als geplant verlegt worden seien.
Es sei "sehr hemdsärmelig gearbeitet worden", umschreibt der Stadtwerkeleiter die Zustände. Den Ärger hätten nun nicht nur die für die Trinkwasser- und Abwasserentsorgung zuständigen Stadtwerke, sondern beispielsweise auch Stromversorger wie die Energieversorgung Lohr-Karlstadt oder das Bayernwerk.
"Versprochen wird alles, gehalten wird nichts"
Eine beschädigte Glasfaserleitung lasse sich nicht einfach flicken, erklärt Mergler. Stattdessen müsse in einem solchen Fall ein längerer Leitungsabschnitt bis zum nächsten Verteilerkasten ausgetauscht werden. Die Kosten dafür könnten schnell fünfstellig werden, so der Stadtwerkechef. Es werde sich dann zwangsläufig die Frage stellen, wer diese Kosten trage.
Aus Merglers Worten wird klar, dass er vermeiden will, dass aus Pfusch resultierende Kosten an der Stadt oder den Stadtwerken hängen bleiben. Aus diesem Grund müsse nun bei den Kontrollen ganz genau hingeschaut werden. Dies erfordere Zeit und großen Arbeitsaufwand. Ein Mitarbeiter der Stadtwerke sei praktisch seit Wochen mit kaum etwas anderem beschäftigt, als die Bauausführung der Glasfaser-Firmen zu kontrollieren. Die Kontrollen seien sicher noch länger nötig, auch um reparierte Stellen zu kontrollieren. Denn, so Mergler: "Versprochen wird alles, gehalten wird nichts."
Fertigstellung könnte sich weit ins nächste Jahr hineinziehen
Während seinen Worten zufolge die Telekom auf die endgültige Abnahme der Baustellen dränge, sieht Mergler die Zeit dafür noch längst nicht gekommen. Man müsse zunächst anhand von Lage- und Bauausführungsplänen genau prüfen, wo es überall Komplikationen zwischen vorhandenen Leitungen und neu verlegten Glasfaserkabeln geben könnte. Dazu müssten die Glasfaserleitungen eingemessen werden, wobei es zuletzt bei der Firma Circet einen personellen Engpass gegeben habe. Solange die Leitungsüberbauungen nicht beseitigt seien, dürften die Glasfaserbaustellen von der Stadt "auf keinen Fall abgenommen werden", so Merglers feste Überzeugung.
Ziel der Stadtwerke und anderer Versorger wie der Energieversorgung Lohr-Karlstadt sei, dass man sich möglichst nirgendwo mit den Glasfaserleitungen der Telekom ins Gehege komme. Ausnahmen seien lediglich an Engstellen denkbar, an denen Mindestabstände nicht eingehalten werden konnten, so Mergler.
Eigentlich sah der von der Telekom zu Beginn der Arbeiten im April verkündete Zeitplan vor, dass der Glasfaserausbau mit bis zu 9000 Anschlüssen im gesamten Stadtgebiet bis Ende des Jahres abgeschlossen ist. Mergler geht nach all den Komplikationen der vergangenen Wochen und den erforderlichen Nacharbeiten jedoch davon aus, dass sich die Fertigstellung nun bis weit ins nächste Jahr hineinziehen dürfte.
Sanierung der Schulgartenstraße in Rodenbach wird verschoben
Unterdessen verschieben sich aufgrund des Ärgers um den Glasfaserausbau auch städtische Projekte: Wie Mergler erklärte, muss die eigentlich für dieses Jahr geplante Sanierung der Schulgartenstraße in Rodenbach auf das nächste Jahr verschoben werden. Grund: Die Baufirma Schröpfer, die den Zuschlag für die Sanierungsarbeiten erhalten habe, sei aktuell von der Stadt mit der Aufsicht über die Glasfaserarbeiten in Lohr betraut.
Die im Auftrag der Telekom mit dem Glasfaserausbau in Lohr befasste Firma Circet hat trotz wiederholter Nachfrage bislang gegenüber der Redaktion keine Stellungnahme zu den jüngsten Entwicklungen abgegeben.