„Nun lebe ich schon die Hälfte meines Lebens in Deutschland“, sagt Eli Freifrau von Hutten. Sie ist Norwegerin und wuchs in einem Dorf nahe der Hafen- und Handelsstadt Haugesund in der Provinz Rogaland auf, heute lebt sie in Steinbach.
Ihre Heimatorte liegen an der Südwestküste Norwegens und der Meerenge Kamsund zwischen den Städten Bergen und Stavanger und sind umgeben von Wasser und Natur. „Das Meer und die Inseln, Fjorde, Klippen und Wasserfälle sind das Einzige, was ich in Deutschland manchmal vermisse“, sagt sie. Dass sie in Steinbach ihre zweite Heimat gefunden habe, verdanke sie „einem sehr glücklichen Zufall“.
Eli von Huttens Eltern, ihre beiden älteren Brüder, die jüngere Schwester und etliche Verwandte wohnen in Norwegen. „Ein bis zwei Mal im Jahr besuchen wir uns gegenseitig und jedes Mal habe ich riesige Vorfreude und genieße unsere gemeinsamen Tage.“ Heimweh klingt nicht daraus. Die Frage, ob sie selbst aus einer Adelsfamilie stamme, verneint sie. „Außer der königlichen Familie gibt es in unserem Land keinen Adel.“ Ihre norwegische Staatsbürgerschaft hat sie beibehalten. „Sie gibt ein Norweger niemals auf.“
Eli von Hutten wirkt herzlich und unkompliziert. „Wir Norweger haben eine ziemlich entspannte Mentalität“, sagt sie. Nach dem Abitur hatte sie geplant, für ein Jahr als Au pair nach Kalifornien zu gehen. Als sie sich vor Augen geführt habe, wie weit die Vereinigten Staaten von Norwegen und sie von ihrer Familie entfernt wäre, habe sie den Plan fallen lassen und sei statt dessen zu einer Familie ins weit nähere Pullach im oberbayerischen Landkreis München gegangen.
Probleme mit Bayerisch
Beim Erzählen schmunzelt sie: „Ich konnte kein Deutsch und dann der bayerische Dialekt.“ Dieser habe sie vor eine Höchstherausforderung gestellt und dem sei heute noch so. Von Pullach fuhr sie jeden Samstag mit dem Fahrrad in die Münchner Innenstadt. Sie war bereits acht Monate im Land, als ihr in der Fußgängerzone ein großer junger Mann in Norwegerpullover auffiel. „Ich habe gedacht, das muss ein Landsmann von mir sein und sprach ihn spontan auf Norwegisch an.“
Der vermeintliche Norweger antwortete in fließendem Schwedisch. Es war Christoph Freiherr von Hutten aus Lohr; seine Mutter ist Schwedin. „Das ist 22 Jahre her und war bei uns beiden Liebe auf den ersten Blick.“ Eli von Hutten lächelt.
Sie ging zurück in ihre Heimat, absolvierte in Stavanger ihr BWL-Studium mit Schwerpunkt Touristik und kam 1995 nach Lohr. Seit 2000 ist sie mit Christoph von Hutten verheiratet und lebt mit ihm und den Töchtern Sofia (15 Jahre), Valentina (13) und Karolina (11) und dem fast sechsjährigen Karl-Johann, genannt Kalle (deutsch: Steinpilz), im Huttenschloss in Steinbach. Mit ihrem Sohn redet sie fast ausschließlich Norwegisch.
„Damit wenigstens eines der Kinder meine Sprache weiter trägt.“ Den Mädchen konsequent Norwegisch beizubringen habe sie versäumt. „Sie verstehen die Sprache, sprechen sie jedoch nicht flüssig.“ Schwedisch verstehen alle vier Kinder; ihre südlich von München lebende schwedische Großmutter unterhält sich mit ihren Enkeln in ihrer Muttersprache. Über ihr berufliches Fußfassen in Deutschland sagt Eli von Hutten: „Norwegen war kein EU-Land, deshalb durfte ich als norwegische Bürgerin anfangs nicht in einem Angestellten-Verhältnis arbeiten.
“ Sich selbstständig zu machen, sei dagegen erlaubt gewesen.
Zusammen mit ihrem Mann setzte sie eine Idee um, die Christoph von Hutten von seinem Studium in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona mitgebracht hatte. Sie eröffneten den Sandwich-Laden „Substop“ in der Lohrtorstraße. „Durch den Laden habe ich schnell Kontakte geknüpft und mehr und mehr Deutsch gelernt.“
Hilfe für Flüchtlinge
Ihre eigene anfängliche Sprachbarriere ist mit der Grund, warum sie sich seit der Ankunft der Flüchtlinge im Lohrer Bürgermeisterhaus in deren Deutschunterricht einbringt. „Ich kann nachvollziehen, wie es ist, wenn man sich nicht ausdrücken kann. So ging es auch mir. Mehr als ein paar Broken miserables Deutsch konnte ich nicht.“ Und fügt an: „Es ist schön, jemand etwas geben zu können.“ Die Flüchtlinge seien motiviert und machten gute Fortschritte.
Ihren Mann unterstützt sie in dessen Skanwood-Unternehmen und der Gutsverwaltung. Darüber hinaus betreibt sie ihre eigene kleine Firma mit Werkstatt und Verkaufsraum im Parterre des Schlosses. Hier entwirft und fertigt sie ihre „Perlinen“-Kollektion mit Halsketten, Armbändern, Ringen und Ohrschmuck aus Perlen und Halbedelsteinen, die sie online vertreibt. „Die kreative Beschäftigung macht mir viel Spaß. Doch in erster Linie bin ich Hausfrau und Mutter.“