Die Lohr und ihre Nebenbäche sind ursprünglich klare, kühle, sauerstoffreiche Fließgewässer, in denen sich neben der Bachforelle auch gefährdete Arten wie Äsche, Bachneunauge und Mühlkoppe wohlfühlen. Biber bedrohen diese Idylle.
In den Mittel- und Unterläufen dieser Bäche ist die Fischwelt auch heute noch weitgehend in Ordnung, nicht zuletzt dank der Hegefischereigenossenschaft der Lohr. Anders sieht es in den Oberläufen aus: dort hat sich in den letzten Jahren der Biber breit gemacht und den Fischen ihren Lebensraum genommen. Denn durch die Dämme, die der Biber errichtet hat, wird das Wasser großflächig aufgestaut. Dies wiederum hat zur Folge, dass es sich erwärmt, trübe und sauerstoffarm wird.
Mit dieser Problematik konfrontierten die Verantwortlichen der Hegefischereigenossenschaft der Lohr, Harald Schlundt und Karl Scherer, bei einer Informationsfahrt am Donnerstag Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel und weitere Gäste. Als vor fünf Jahren der erste Biberdamm am Kaltengrundbach entstanden sei, habe man sich zunächst gefreut, so Scherer. Mittlerweile seien im weiteren Umfeld bis Heigenbrücken jedoch rund 50 Biberdämme vorhanden, mit der Folge, dass "das ehemals schöne Forellengewässer" nicht mehr existiere.

Der Biber vermehrt sich
Zur Verschärfung des Problems trägt laut Schlundt bei, dass sich der Biber aufgrund fehlender natürlicher Feinde wie Bär, Wolf und Luchs im Spessart stark vermehre und die Jungen sich immer neue Reviere suchten. Der Spessart sei zu klein für Biberprojekte, meinte er. Laut Peter Komenda, dem Obmann der unterfränkischen Hegefischereigenossenschaften, gibt es in Unterfranken mittlerweile rund 2000 Biber.
Auch ihn bewege das Vordringen des Bibers, sagte Wolfgang Silkenat, Leiter der Fischereifachberatung des Bezirks Unterfranken. Ziel müsse sein, bayernweit nach Lösungen zu suchen. Er räumte ein, dass derzeit seitens der Behörden noch kein Konzept zur Biber-Problematik vorhanden sei.
Dotzel dachte laut darüber nach, in aufgestauten Bachbereichen Parallelgewässer zu schaffen, doch Schlundt winkte ab. Seiner Einschätzung nach würde der Biber auch dort gleich reingehen und Dämme errichten. Auch ein Aufbrechen der Biberdämme würde seinen Worten nach nur geringen Erfolg bringen, da der Biber die geöffneten Stellen schnell wieder schlösse.
Intakte Bereiche müssen erhalten werden
Laut Schlundt sind biberbedingt einige Bäche beziehungsweise Bachabschnitte im Zuständigkeitsgebiet der Hegefischereigenossenschaft der Lohr für Bachforelle, Koppe, Bachneunauge und Äsche mehr oder weniger verloren. Umso mehr müsse man für den Erhalt der noch intakten Bereiche tun, forderte er.
Davon musste er Dotzel nicht mehr groß überzeugen. Zwar sei er am Donnerstag erstmals "so intensiv" mit der Biber-Problematik konfrontiert worden, sagte der Bezirkstagspräsident, aber er könne schon erkennen, "dass das ein Problem ist, das gelöst werden muss"; es werde eine Veränderung der Vorschriften geben müssen. Dotzel: "Ich erwarte mir schon, dass alsbald Entscheidungen getroffen werden – lange kann man nicht zuwarten."
Krebse im Lohrtal
Weniger problematisch ging es am Krebsteich im Lohrtal zwischen Lohr und Partenstein zu. In diesem Zuchtteich setzte die Hegefischereigenossenschaft der Lohr vor zehn Jahren 30 bis 40 Exemplare des mehr oder weniger ausgestorbenen heimischen Flusskrebses ein, mit dem Ziel, den Nachwuchs in geeigneten Spessartbächen anzusiedeln. Etliche wurden in den vergangenen Jahren schon umgesetzt.

Am Donnerstag holte Schlundt zwei Reusen aus dem Teich, in denen sich insgesamt sechs Krebse befanden. Diese durfte Bezirkstagspräsident Dotzel in einen Umgehungsbach der Lohr in der Nähe des Kepplerwehres einsetzen.
Am Aubach beobachtete die Gruppe schließlich eine Fischbestandskontrolle, die von der Fischereifachberatung des Bezirks im Auftrag des Freistaates Bayern durchgeführt wurde. Das besondere Augenmerk lag dabei auf den gefährdeten Arten Koppe und Bachneunauge, von denen zahlreiche registriert wurden. Für die Gäste waren einige Aquarien aufgestellt, in denen einige Koppen und Bachneunaugen aus der Nähe zu beobachten waren.
Hegefischereigenossenschaft der Lohr Die Hegefischereigenossenschaft der Lohr wurde 1934 auf Veranlassung des damaligen Fischereibeirates der Regierung von Unterfranken gegründet; sie ist eine von rund 20 in diesem Regierungsbezirk. Laut ihrem aktuellen Vorsitzenden Harald Schlundt und dessen Stellvertreter Karl Scherer ist die Hegefischereigenossenschaft nicht etwa ein Anglerverein, sondern eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die der Aufsicht der am Landratsamt angesiedelten Fischereibehörde unterliege. Zuständig sei die Hegefischereigenossenschaft der Lohr für die Lohr, deren Nebenflüsse Aubach und Lohrbach, mehrere Triebwerkskanäle und alle weiteren kleineren Einmündungsbäche. Hinzu komme noch der Rechtenbach. Seit einigen Jahren befasse sich die Genossenschaft vorrangig mit Artenschutzprojekten wie Stützung des Äschenbestandes (in den vergangenen zehn Jahren wurden in der Lohr und dem Aubach insgesamt 11000 Äschesetzlinge eingebracht) sowie Wiederansiedlung der Flussperlmuschel, der Elritze und des heimischen Flusskrebses. Zudem überwacht die Hegefischereigenossenschaft laut Schlundt und Scherer die in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Kläranlagen. Man habe teilweise erhebliche Klärschlammeintragungen in die Bäche festgestellt. Nachdem die Kläranlage Wiesen vor einigen Jahren grundlegend saniert worden sei, sei der obere Aubach wieder in gutem Zustand. Derzeit werde die Kläranlage Aubachtal nachgebessert, bei der Kläranlage Lohrtal stehe dies bevor.