Insgesamt 73 solcher Briefe hat ein MAIN-POST-Leser im vergangenen Jahr geschickt bekommen. Die Absender reichen von Amnesty International über kirchliche Hilfswerke wie Missio bis zum Naturschutzbund. So wie der MAIN-POST-Leser wundern sich viele Menschen über die unbestellten Briefe, denen meist ein Überweisungsformular beiliegt – mit der dringenden Bitte um eine Spende.
Für Spendenorganisationen sind solche Werbebriefe ein gebräuchliches Mittel, Menschen zur Hilfe zu bewegen. Hunderttausende von Adressaten werden mit scheinbar persönlich formulierten, tatsächlich aber gleichlautenden Schreiben angesprochen.
Die Aufmachung der Briefe ist oft schon auf dem Umschlag sehr emotional gestaltet: Traurige, weinende Kinder blicken dem Empfänger entgegen. „Wenn Sie nicht helfen, droht diesen Kindern bittere Armut und ein früher Tod“ heißt es plakativ auf einem der Bettelbriefe. Ein anderer Umschlag, der ein sehr dünnes afrikanisches Kind zeigt, trägt die Mitleid erregenden Zeilen: „Dürre bedroht die Zukunft von Kindern. Sie können helfen“.
Für Tier- und Naturschutz
Nicht nur für Kinder werden in den Bettelbriefen Geldspenden erbeten, sondern auch für den Tier- und Naturschutz. Eine Naturschutzorganisation wartet etwa mit einem kleinen Igel auf dem Umschlag auf und fragt: „Kommt dieses Igelkind über den Winter? Die Auffangstation in Leiferde braucht dringend Hilfe zur Pflege verletzter Wildtiere.“ Ein anderer Brief appelliert mit einem traurig schauenden Gorilla: „Retten Sie seine Welt!“. Im Schreiben selbst wird der Empfänger dann persönlich angesprochen („Sehr geehrter Herr . . .“). und mehr oder weniger aufdringlich um eine Spende gebeten.
„Seriöse Organisationen werben mit klaren, aussagekräftigen Informationen und authentischen Fotos“, schreibt das Deutsche Zentralinstitiut für soziale Fragen (DZI) in Berlin auf seiner Homepage. Unseriös dagegen wirken plakative, stark emotionalisierende Texte und Bilder.
„Die Seriosität der Bittsteller kann man nachprüfen“
Simone Rzehak Verbraucherzentrale Würzburg
So wird der Empfänger in einem der Bettelbriefe bedrängt: „Glauben Sie mir, ohne Ihre Spende werden viele Kinder einen langsamen und qualvollen Tod sterben.“ Mit solchen Aussagen, befindet das DZI, würden „Spender in ihrer unabhängigen, sachbezogenen Entscheidung behindert“. Das DZI hat den Verein, der diesen Bettelbrief in millionenfacher Auflage verschickt, als nicht gemeinnützig eingestuft – er unterliege keiner Gemeinnützigkeitsprüfung des Finanzamtes, heißt es in einer Pressemitteilung des DZI.
Nicht selten enthalten die Bettelbriefe kleine Geschenke wie Weihnachtskarten oder Schmuckanhänger – als Dankeschön für die erwartete Spende. „Die Seriosität der Bittsteller kann man nachprüfen“, sagt Simone Rzehak von der Verbraucherzentrale in Würzburg. Das DZI gibt einen Spendenalmanach heraus, auf dem die mit einem Spendensiegel ausgezeichneten Organisationen aufgelistet sind, die eine sparsame und satzungsgemäße Verwendung der Mittel leisten und wahr und sachlich werben.
Darin enthalten sind etwa die Organisationen „Ärzte ohne Grenzen“, „Brot für die Welt“, das bischöfliche Hilfswerk „Misereor“ und viele mehr. „Kleinere Vereine und Organisationen, die nur lokal um Spenden werben, tauchen darin allerdings nicht auf“, so die Beraterin, „sie sind deswegen aber nicht weniger glaubhaft einzuschätzen.“
Wer beim Spenden auf Nummer sicher gehen will, sollte sich an lokale Hilfsorganisationen und Vereine wenden, rät Simone Rzehak. Für Projekte in Partnerstädten und -gemeinden würden häufig nicht nur Geld gesammelt, sondern auch Kleidung oder Bettwäsche.
Adressen aus Telefonbüchern
Woher beziehen Vereine und Institutionen die Adressen für die Werbebriefe in Millionenauflage? „Die bekommt man leicht aus Telefonbüchern“, weiß Simone Rzehak. Auch wer bei Gewinnspielen mitmacht, sollte damit rechnen, dass seine Adresse nicht selten weiter verkauft wird. „Außer, man verweist ausdrücklich darauf, dass die Adresse nicht an Dritte weitergegeben werden soll.“
Wer sich von den häufigen oder zu drängenden Briefwerbungen belästigt fühlt, kann sich an die betreffenden Organisationen wenden, rät das DZI. Menschen, die Briefwerbung generell ablehnen, können sich in so genannte „Robinson-Listen“ eintragen, wie sie etwa der Deutsche Direktmarketing-Verband anbietet. Solche Unternehmen verpflichten sich, dem Wunsch ihrer registrierten Verbraucher nach Werbefreiheit nachzukommen und sie in keiner Form kommerziell zu kontaktieren.