Die große Begeisterung, die Kathrin Hock nach 36 Jahren noch immer für ihr ehrenamtliches Engagement beim Technischen Hilfswerk (THW) hat, ist der Wombacherin beim Pressegespräch deutlich anzumerken. Neben ihrem Aufgabengebiet als Einsatzleiterin für den Lohrer Ortsverband ist Hock auch als Auslandsexpertin gefragt. Für einen Notfalleinsatz war sie in Südfrankreich, im Iran und gleich zweimal in Jordanien.
Von dort kehrte sie erst vor wenigen Wochen wieder zurück. Als Trainerin für die Grundausbildung unterrichtete Hock dort syrische Flüchtlinge in einem der größten Flüchtlingslager der Welt.
Das Camp al Za´atari liegt im Norden Jordaniens, nahe der syrischen Grenze inmitten der Wüste. Rund 80000 Menschen leben dort. Als riesige Stadt, eingeteilt in mehrere Bezirke mit Straßennamen, müsse man sich das Lager vorstellen, erklärt Hock. Es gibt dort Schulen und sogar einen Fußballplatz berichtet die 51-jährige.
Eine Besonderheit durfte Hock Ende November während ihres Einsatzes erleben. Erstmals wurden Flüchtlinge im Absichern von Unfallstellen und im Bergen und Retten von Verletzten unterrichtet. Sie lernten Erste-Hilfe-Maßnahmen, das Bekämpfen eines Brandes oder auch das Bearbeiten von Gestein, Metall und Holz.
Als Teilnehmer der ersten angepassten THW-Grundausbildung wurden die syrischen Flüchtlinge von Trainern des General Directorate of Jordan CivilDefense (JCD), der jordanischen Katastrophenschutzbehörde,ausgebildet. Auch sechs ehrenamtliche THW- Einsatzkräfte unterstützten die JCD. Die ersten Kontakte entstanden, als jordanische Ausbilder in den letzten beiden Jahren beim THW in Deutschland an Trainer- Kursen teilgenommen hatten.
»In Jordanien ist es nicht üblich, dass Frauen Verantwortung übernehmen«, berichtet Hock, die als Versuchsprobandin für die fünf weiblichen Teilnehmer eine wichtige Funktion hatte. »Auch wenn Frauen im Orient nicht schlecht behandelt werden«, so Hock, »können praktische Übungen nur von Frauen an Frauen durchgeführt werden.«
Den Frauenanteil der Teilnehmer, die aus allen Bezirken des Camps bestimmt wurden, legten die Vereinten Nationen, unter deren Leitung das Lager steht, gemeinsam mit dem THW fest. »Es war erstaunlich,welchen Respekt sich die Frauen während des Kurses erarbeitet haben«, erinnert sich Hock, die selber ebenso mit viel Respekt von den Jordaniern behandelt wurde.
Als Übungsraum diente ein Zelt. Die praktischen Übungen auf dem Platz davor entwickelten sich laut Hock zu regelrechten »Werbeveranstaltungen mit hunderten Zuschauern«. Die häufigen Stromausfälle indes erforderten bei den theoretischen Einheiten mit Powerpoint-Präsentationen viel Geduld.
Von den Ausbildern des jordanischen Katastrophenschutzes wurden die Flüchtlinge laut Hock »immer sehr engagiert und stets auf Augenhöhe durch die Ausbildung geführt«. Als »wissbegierig, begeistert und engagiert« bezeichnet sie das Lernverhalten der Flüchtlinge. In den praktischen Einheiten wurden Sandsäcke verbaut, um zu erlernen, wie man sich bei heftigen Regenfällen vor den Fluten schützt. Auch die Erstversorgung von Verletzten spielte eine wichtige Rolle.
Am Ende konnten 21 Männer und fünf Frauen aus Syrien ihre Teilnehmerzertifikate entgegennehmen und die Ausbildung damit erfolgreich abschließen.
Ein emotionales Ereignis sei es gewesen, als den Trainern bei der Abschlussveranstaltung Rosen überreicht wurden, sagt Hock. Diese hatte ein Flüchtling mühsam vor seiner Wellblechhütte gezogen. »Die Menschen haben fast nichts mehr, und trotzdem teilen sie alles«, so Hock beeindruckt
Die Arbeitszeit interessiere bei einem solchen Einsatz niemanden, schmunzelt sie über ihre Aufgabe. Daneben sei sie auch für die finanzielle Administration und die Dokumentation verantwortlich gewesen. »Wenn ich vier bis sechs Stunden Schlaf hatte, war das viel«, beschreibt Hock die Belastung.
Das Gefühl, den traumatisierten Menschen etwas Hoffnung, Mut und Anerkennung gegeben zu haben, erfülle sie mit Genugtuung. Darum stehe für sie schon jetzt fest, dass sie sich im kommenden Jahr wieder für einen THW-Einsatz bewerben wird.