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Lohr: Importbräute und Ferienhochzeiten

Lohr

Importbräute und Ferienhochzeiten

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    Verdrängtes Thema Zwangsehen: Carmen Schiller hat darüber referiert.
    Verdrängtes Thema Zwangsehen: Carmen Schiller hat darüber referiert. Foto: Wolfgang Weismantel

    Eine Zwangsehe, bei der eine Frau sich nicht traut, vor dem Standesbeamten »Nein« zu sagen, gibt es so etwas auch in Deutschland? Was ist der Hintergrund für so eine Eheschließung, die gar nicht gewünscht ist? Diesem Thema widmeten sich die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Birgit Seubert zusammen mit der Integrationslotsin Laura Senger bei einem Informationsabend mit Gesprächsrunde ins Pfarrheim St. Michael in Lohr.

    Dabei zeigte die Referentin Carmen Schiller, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Würzburg, die Hintergründe von Zwangsverheiratungen auf und ging auf die schwierige Situation der Betroffenen ein, die häufig dringend Hilfe suchen. Öffentlich werde das Thema noch wenig wahrgenommen und doch gehöre es zur Realität in unserer Gesellschaft.

    Auch im Inland mehr Fälle

    Denn nicht nur im Ausland, sondern auch hierzulande werden zunehmend junge Mädchen und Frauen durch Ausübung oder Androhung von Gewalt zur Ehe gezwungen oder sind Opfer von sogenannten Ehrenmorden, wie eine aktuelle Studie belege. Trotzdem meinte die Referentin, werde die nicht zuletzt wegen der zunehmenden Zahl an Migranten wachsende Problematik häufig verdrängt.

    Carmen Schiller sieht sich als Sprachrohr für diese Menschen, die in der deutschen Gesellschaft wenig Gehör fänden. Motiviert haben sie dafür unter anderem ihre langjährigen Erfahrungen in Frauenhäusern, wo sie mit vielen extremen Schicksalen konfrontiert wurde. Vor allem Menschen aus islamischen Ländern, die nicht selten in eine Parallelgesellschaft abgleiten, sind von dem Thema Zwangsheirat betroffen.

    Dabei gebe es verschiedene Formen wie etwa die Zwangsehen unter Migranten, aber ebenso sogenannte »Importbräute«, »Ferienverheiratungen« bei einem Besuch im Herkunftsland oder auch Eheschließungen für ein »Einwanderungsticket«.

    Dass sich Mädchen und Frauen überhaupt darauf einlassen, habe vielfach mit ihrer sozialen Isolation zu tun oder der fehlenden Zukunftsperspektive. Auch müssten sie im Falle der Verweigerung damit rechnen, verstoßen zu werden, weil sie angeblich die Familienehre beschmutzt haben. Im schlimmsten Falle würden sie auch direkt Opfer körperlicher Gewalt.

    Nach Koran verboten

    Im Koran sei eine Zwangsheirat zwar verboten, aber die Ehe sei die einzige Lebensform und die Angst vor einem Ehrverlust sei für muslimische Familien ein starkes Motiv, das in bestimmten Fällen zu einer Zwangsverheiratung führen könne. Abgrenzen müsse man davon die »arrangierte Ehe«, bei der die Beteiligten auch »nein« sagen könnten.

    Selbstbestimmt und frei leben

    Die Referentin wies im anschließenden Gespräch mit den Zuhörern darauf hin, je besser die Integration gelinge, umso mehr würden die Frauenrechte geachtet. Nach ihren Erfahrungen wünschten sich die meisten Frauen, die als Migrantinnen in Deutschland angekommen sind, hier selbstbestimmt und frei zu leben. Dabei wies sie auf eine Reihe von Einrichtungen hin, wie etwa Terre des Femmes, die sich bundesweit als Beratungsstelle einsetzen.

    Auch Frauenhäuser, von denen es allein in Bayern 40 gibt, seien bewährte Zufluchtsorte für Frauen und Mädchen, die sich einer Zwangsheirat entziehen wollen und dringend Hilfe oder Schutz suchen. Alle diese Anlaufstellen arbeiten in oft sehr schwierigen Fällen nach dem Grundsatz, bei Menschrechtsverletzungen müsse man konsequent reagieren und dürfe sie nicht tolerieren.

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