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MAIN-SPESSART: Ist der Luchs zurück?

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Ist der Luchs zurück?

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    Dieser Luchs im Bayerischen Wald lief vor einer Wildkamera vorbei.
    Dieser Luchs im Bayerischen Wald lief vor einer Wildkamera vorbei. Foto: Foto: Sybille Wölfl

    Zumindest einen Luchs gibt es im Naturpark Spessart. Man kann ihn bestaunen, wie er unter einer Birke sitzt. Der charakteristische Backenbart ist gut zu erkennen, auch die Pinselohren, die ihn so wild erscheinen lassen. Doch wild ist dieser Luchs nicht, er ist ausgestopft und sein Platz ist im Naturpark-Infozentrum im Huttenschloss in Gemünden. Dort dient er als Anschauungsobjekt für die Tiere, die es im Naturpark Spessart einmal gab und die es wieder geben soll.

    Oder die es bereits gibt? Vielleicht ist er ja schon wieder da. Jäger, Förster und Wanderer wollen ihn gesehen haben. Einen Beweis für seine Existenz gibt es allerdings nicht. „Luchse wurden im Naturpark Spessart bislang nicht nachgewiesen“, sagt Sybille Wölfl vom Luchsprojekt Bayern.

    Es war im Jahr 2009, in dem sich Meldungen von der Rückkehr des Luchses in den Spessart überschlugen. Es gäbe keinen Zweifel, hieß es in Presseveröffentlichungen auch in der Main-Post. Der Luchs ist im Spessart zurück, es gäbe 25 Sichtungen. Es wurde vermutet, dass ein Pärchen zugewandert ist, das bald Nachwuchs bekommt, so dass sich eine kleine Population bilden kann.

    Weite Strecken sind kein Hindernis

    Seitdem ist es allerdings wieder ruhiger geworden um den Luchs. Daher geht Sybille Wölfl davon aus, dass es derzeit keinen Luchs im Naturpark Spessart gibt, obwohl der Spessart mit seinen großen Wäldern ein ideales Revier für ihn wäre. Ob es 2009 tatsächlich einen oder mehrere Luchse im Naturpark gab? Ausschließen kann sie es nicht, dass ein Luchs den Weg aus dem Bayerischen Wald über die Rhön in den Spessart gefunden hat. Sie können weite Strecken zurücklegen. Allerdings hält sie das für unwahrscheinlich. Ein sicherer, zweifelsfreier Nachweis ist bisher nicht gelungen, obwohl es im Jahr 2012 wieder ein paar Sichtungen gab.

    Sichere Nachweise können beispielsweise die genetische Analyse von Haaren oder von Bissspuren bei einem gerissenen Reh oder – wenn man Glück hat – eine Bild von einer automatischen Wildkamera sein, die bei Bewegung ein Bild auslöst. Eine Sichtung gehört nicht zu den Nachweisen, wenn sie nicht durch Foto belegt wurde. Sie gelten daher als nicht bestätigbare Hinweise für die Existenz des Luchses. „Denn schließlich können sich die Leute ja irren“, so Wölfl. Dabei würde sie sich sehr darüber freuen, wenn ein Luchs den Weg in den Spessart gefunden hätte.

    Um 1850 in Bayern ausgerottet

    Denn um 1850 wurde der letzte Luchs hierzulande im Bayerischen Wald erschossen. Man wollte den Großbeutegreifer nicht, da er ab und zu auf Schafe und Ziegen übergriff, die damals existenziell wichtig für die Menschen waren. Zuerst drängte man die Luchse in für Menschen unzugängliche Bereiche zurück. Als auch diese mehr und mehr genutzt wurden, war ihre Ausrottung besiegelt.

    Wie sie zurückkamen, weiß man nicht genau. Bereits in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren sie im Bayerischen Wald und im Fichtelgebirge wieder gesichtet worden. Vielleicht sind sie aus dem Böhmerwald wieder eingewandert, wo sie womöglich nie ganz ausgestorben waren, vielleicht wanderten sie aus den Karpaten zu.

    Anfang der 70er Jahre half der Mensch bei der Wiederansiedlung nach. Es wurden im Bayerischen Wald in einer heimlichen Aktion Luchse wahrscheinlich karpatischen Ursprungs freigelassen. Wie viele Tiere das waren, ist bis heute unklar – man spricht von fünf bis zehn Exemplaren. Auf tschechischer Seite wurden schließlich in den 1980er Jahren 17 Tiere offiziell wiederangesiedelt, so dass sich der Luchs seit Anfang der 90er Jahre in den grenznahen Hochlagen des Bayerischen Waldes wieder etabliert hat.

    Dort ist die Population länderübergreifend mit Tschechien und Österreich einigermaßen stabil, aber es werden auch nicht mehr, so Sybille Wölfl. Warum das so ist? „Illegale Nachstellungen“, sagt sie und meint damit einzelne schwarze Schafe unter den Jägern. Die Tiere seien streng geschützt, sie dürfen nicht geschossen werden, aber wenn es doch jemand tut, sei es ganz schwierig, den Täter ausfindig zu machen.

    Es sei erst letztes Jahr eine mit Schrot erschossene Luchsin gefunden worden, aber kein Täter wurde ermittelt. Sybille Wölfl betont aber, sie wolle nicht mit dem Finger auf die Jäger zeigen und sagen, die seien alleine schuld, dass der Luchs keine Chance zum Überleben habe. „Es ist eine Frage des gesellschaftlichen Miteinanders und eines gerechten Ausgleichs der Interessen“, betont Wölfl.

    Jäger sehen ihn als Konkurrenten

    Wegen der gesetzlich verankerten Devise „Wald vor Wild“ haben die Jäger hohe Abschussquoten beim Rehwild zu erfüllen. Diese verschärfen das Konkurrenzgefühl der Jäger dem Luchs gegenüber zusätzlich. Zudem gebe es keine Entschädigung, da das Rehwild als Beute des Luchses niemandem gehört. Nur wenn sich der Luchs ein Nutztier wie ein Schaf oder Wild aus einem Wildgehege holt, gäbe es Anspruch auf eine Entschädigung.

    Ein weiteres Problem für den Luchs: Straßen zerschneiden immer mehr die Landschaft, diese werden verbreitert und begradigt, so dass schneller gefahren werden kann. Auch so kommen nicht nur Luchse sondern viele andere Wildtiere ums Leben, sagt Wölfl. Querungshilfen seien die Seltenheit. „Dies kostet Geld, aber aus Verantwortung für die Wildtiere sollten wir das übernehmen“, meint sie.

    Projekt soll Ausbreitung fördern

    Sybille Wölfl ist Leiterin des „Luchs-Projekt Bayern“, das die Aufgabe hat, den Luchs-Bestand in Bayern möglichst genau zu erfassen und die Akzeptanz gegenüber dieser Tierart zu fördern. Ziel des Luchs-Projekts ist es, die Weichen dafür zu stellen, dass der Luchs sich seinen ehemaligen Lebensraum wieder zurückerobert.

    Dies gelingt aber nur dann, wenn die Anzahl der Luchse zunimmt und die jungen, abwandernden Luchse neue Reviere etablieren beispielsweise im Spessart, in der Rhön oder im Thüringer Wald. Doch die kleine Population stagniert und eine Ausbreitung findet nicht statt.

    Derzeit scheint es so, als ob nur eine gezielte Auswilderung von Luchsen das langfristige Überleben des Luchses in Bayern sichern könnte. „Doch das muss im Konsens mit allen Interessengruppen geschehen“, sagt Wölfl. Die Jäger, die Landwirte, die Förster und der Naturschutz müssten sich einig werden und dem Luchs eine Chance geben wollen. Und das bedeute, das jeder von seinem Maximalanspruch etwas abrücken müsse, um dem Luchs und unseren anderen Wildtieren wieder mehr Raum zu geben.

    Luchse in Bayern

    Mit einer Schulterhöhe von 50 bis 70 Zentimeter ist der Luchs die größte Katze Europas. Die männlichen Luchse, die auch als „Kuder“ bezeichnet werden, wiegen im Durchschnitt zwischen 20 und 25 Kilogramm.

    Charakteristisch sind beim Luchs die Pinselohren, der breite und rundliche Kopf und der sehr kurze Schwanz. Das Beutespektrum umfasst praktisch alle im jeweiligen Lebensraum vorhandenen kleinen und mittelgroßen Säuger und Vögel. So zählen unter anderem Rotfüchse, Marder, Kaninchen, junge Wildschweine, Eichhörnchen, Mäuse, Ratten und Murmeltiere zu den von Luchsen geschlagenen Beutetieren, auch Fische werden verzehrt. Kleine und mittelgroße Huftiere mit einem Gewicht von 20 bis 25 Kilogramm stellen jedoch die bevorzugte Beute dar. Der Luchs lebt als Einzelgänger, der vor allem in der Dämmerung und nachts jagt.

    Im April 2008 wurde der Managementplan „Luchse in Bayern“ veröffentlicht. Er bildet nun den Rahmen für den Umgang mit den Luchsvorkommen in Bayern. Nähere Informationen im Internet unter www.luchsprojekt.de

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