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KARLSTADT: Johannes Zahn – Klosterpropst und Physiker

KARLSTADT

Johannes Zahn – Klosterpropst und Physiker

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    Seine Bautätigkeit demonstrierte Zahn für die Nachwelt, indem er sein Wappen an den Gebäuden anbringen ließ. Es handelt sich um ein „redendes" Wappen" – einen Elefantenkopf, der einen seiner Zähne deutlich vorweist. Im Zuge der Säkularisation wurde das Kloster Unterzell aufgelöst. 1818 kauften Mendel Rosenbaum und die Brüder Moses und Joel Rosenthal aus Theilheim die Gebäude und zogen 1820 mit  ihren Familien dort ein. Seitdem trägt der ehemalige Klosterkomplex mit Zahns Wappen den Namen „Judenhof".
    Seine Bautätigkeit demonstrierte Zahn für die Nachwelt, indem er sein Wappen an den Gebäuden anbringen ließ. Es handelt sich um ein „redendes" Wappen" – einen Elefantenkopf, der einen seiner Zähne deutlich vorweist. Im Zuge der Säkularisation wurde das Kloster Unterzell aufgelöst. 1818 kauften Mendel Rosenbaum und die Brüder Moses und Joel Rosenthal aus Theilheim die Gebäude und zogen 1820 mit ihren Familien dort ein. Seitdem trägt der ehemalige Klosterkomplex mit Zahns Wappen den Namen „Judenhof". Foto: FOTO Hans Müller

    Im Jahrbuch 2006/2007 „Beiträge zu Geschichte und Gegenwart", stellt Meders Neffe Hans L. Müller die Lebensgeschichte des Johannes Zahn dar. Vor 20 Jahren befasste sich Müller erstmals mit dem Leben des Wissenschaftlers und Theologen. Er forschte in der Staatsbibliothek in München, im Würzburger Diözesanarchiv, im Pfarrarchiv von St. An-dreas und in der Pfarrei Acholshausen, in der Johannes Zahn 20 Jahre als Landpfarrer gewirkt hatte.

    Als Sohn eines Kaufmanns wurde Johannes Zahn im Haus Nummer 201 (heute Obere Kirchgasse 1) geboren und am 29. März 1641 in St. Andreas getauft. Taufpate war der Karlstadter Bürger Johannes Brandt. Johannes Zahn hatte noch vier jüngere Geschwister. Der jüngste Bruder Johann Wilhelm wird später als Pfarrherr von Stetten genannt, der auch das Dorf Heßlar zu versorgen hatte.

    Als 15-Jähriger trug sich Johannes Zahn im November 1656 in die Matrikel der Universität Würzburg ein. Er musste also zuvor die Lateinschule in Karlstadt besucht haben. Bei dem Würzburger Jesuiten Pater Kaspar Schott studierte Johannes Zahn Naturwissenschaften. Später nahm er das Theologiestudium auf und trat in den Prämonstratenserorden ein. Im Dom zu Würzburg erteilte ihm Weihbischof Melchior Söllner am 30.Mai 1665 die Priesterweihe.

    Auf Geheiß seiner Oberen übernahm Johannes Zahn die Pfarrei Acholshausen im Ochsenfurter Gau, wo er sich besonders um die Wahrung der pfarrherrlichen Rechte und um die Erhaltung der Einkünfte der Pfarrei einsetzte.

    Gleichwohl hatte Zahn dort bei glücklicher Amtsführung die Muße zum optisch-mathematischen, sternenkundlichen und experimentell-pysikalischen Forschen. Seine Erkenntnisse veröffentlichte er unter dem Titel „Occulus artifi-calis Teledioptricus, sive Telescopium e triplici fundamentum stabilitum" (Künstliches licht-brechendes Auge oder Fernrohr, auf dreifacher Grundlage befestigt). Das Werk erlebte zwei Auflagen (Würzburg 1685/Nürnberg 1702) und enthält in drei Teilen alle optischen Kenntnisse seiner Zeit.

    Teleskope und Kameras

    Neben der Theorie befasste sich Johannes Zahn ausführlich mit der Herstellung von Teleskopen und ihrem Einsatz in der Astronomie. Er schaffte für die Verbesserung von Spiegelteleskopen die theoretische Grundlage durch die Berechnung des Strahlengangs eines Schiefspieglers, dessen leistungsfähiger Aufbau erst in unserer Zeit erfolgte. Zudem beschäftigte ihn der Aufbau der „camera obscura“, der „laterna magica“ und die Herstellung einer Sonnenuhr.

    20 Jahre lang war Johannes Zahn Pfarrer in Acholshausen. Dann wurde ihm die benachbarte Pfarrei Gaukönigshofen zugewiesen, wo er vier Jahre lang wirkte. Am 16. Oktober 1692 wählten die Schwestern des Klosters Unterzell Johannes Zahn zum neuen Propst. Die bischöfliche Bestätigung von Johann Gottfried von Guttenberg erfolgte am 15. Dezember 1692. Johannes Zahn übernahm die Verwaltung eines reichen Klosters.

    Bereits im Jahre seines Amtsantritts kaufte er bei Johann Jakob Pfälzer für 100 Reichstaler einen mit Edelsteinen besetzten Kelch. Mit Eifer machte er sich auch an die bauliche Verbesserung des Klosters. 1693 ließ er das künftig als sein Amtssitz gedachte Gebäude restaurieren.

    Der Bau einer neuen Orgel, die Errichtung einer Bibliothek und eines Archivs sowie die Einrichtung eines kleinen Naturalienkabinetts zeugen vom kunstsinnigen Wirken des Vogteiherrn, der Einkünfte für das Kloster von mehreren Ortschaften aus der Umgebung einzog, aber auch zum Bezug des Zehnten von Unterboihingen in Schwaben berechtigt war.

    Auch auf dem karitativen Sektor wird Johannes Zahn genannt. Die Abgabe von Brot und Geld an Arme war wie in vielen Klöstern auch in Unterzell geübter Brauch. Für den 8. April 1700 wird eine besonders große Gründonnerstag-Speisung bezeugt. An diesem Tag wurden 900 „Brötlein" verteilt und Würzburger Dreier im Gesamtwert von zehn Gulden gereicht.

    Tod mit 66 Jahren

    In den Jahren kurz vor seinem Tod besuchte Zahn zur Stärkung seiner Gesundheit mehrfach die Bäder Ems und Kissingen. So stellt sich das Bild des Propstes als Herrn eines großen Klosters dar, der hinter den Prälaten größerer Klöster keineswegs zurückstand. Gewöhnlich stiegen auch die Pröpste von Unterzell zur Stufe eines Abtes von Oberzell empor. Diese Würde erlangte Johannes Zahn allerdings nicht mehr. Im Alter von 66 Jahren starb er am 27. Juni 1707.

    Der Historische Verein bereitet zurzeit eine kleine Sonderausstellung über Leben und Wirken eines der gelehrtesten Männer des ausgehenden 17. Jahrhunderts vor. Daten aus dem Leben des Johann Zahn werden dabei ebenso gezeigt wie die Entwicklung der „Lichtbildnerei", von der „camera obscura“ zur Spiegelreflexkamera.

    Von Mittwoch, 11. Juli, bis Freitag, 27. Juli, zeigt der Historische Verein in Zusammenarbeit mit dem Johann-Schöner-Gymnasium Experimentelles aus dem Wirken des Johannes Zahn, dabei auch eine begehbare „camera obscura“. Die Ausstellung ist während der Öffnungszeiten des Rathauses zu besichtigen.

    Die „camera obscura“ wurde viele Jahrhunderte vor der eigentlichen Fotografie erfunden. Sie projizierte ein Bild der Außenwelt in ein verdunkeltes Zimmer. Ein kleines Loch in der Wand lenkte die Lichtstrahlen von der Szene im Freien auf die gegenüberliegende Wand des Zimmers, wo sie diese Szene abbildete. Im 11. Jahrhundert vertrieben sich arabische Gelehrte die Zeit mit „Camerae obscurae“ die aus Zeltbahnen hergestellt waren. Im späten 15. Jahrhundert beschrieb Leonardo da Vinci die „Dunkelkammer" mit fachkundigen Einzelheiten.

    Eines der ersten tragbaren Kamera-Modelle entwarf Johannes Zahn. Das Modell bestand aus einem hölzernen Kasten, der 22,5 Zentimeter hoch und 60 Zentimeter lang war. Sie verfügte nicht nur über eine Linse, die man in einem Tubus hin- und herbewegte, um ein scharfes Bild zu erhalten, sondern auch eine veränderliche Lichtöffnung, um die in die Kamera eintretende Lichtmenge zu regeln. Ein Spiegel warf das Bild seitenrichtig auf eine Mattscheibe, auf der man es von außen betrachtete. Zahns Erfindung glich im Prinzip einer einäugigen Spiegelreflexkamera. Wenn er damals schon eine lichtempfindliche Platte zum Fixieren des Bildes besessen hätte, würde er heute wohl als Erfinder der Fotografie gelten.

    Jahrbuch 2006/07 – Beiträge zu Geschichte und Gegenwart“ befasst sich in einem Beitrag von Hans L. Müller mit dem Universalgenie Johannes Zahn. Das Buch kostet 16.40 Euro und ist erhältlich in der Druckwerkstatt Kralik, in der Buchhandlung Ehehalt und in der MAIN-POST in Karlstadt.

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