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LOHR: Kein Deo macht Weiber geil

LOHR

Kein Deo macht Weiber geil

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    Philipp Weber bei seinem Feldzug gegen Konsumterror. Foto: G. Büdel
    Philipp Weber bei seinem Feldzug gegen Konsumterror. Foto: G. Büdel

    „Werbung lügt, manipuliert und vernebelt den Verstand“ lautet Philipp Webers unüberhörbare Botschaft am Freitagabend in der Alten Turnhalle. „Weber N° 5: Ich liebe ihn“ nennt der gebürtige Miltenberger sein neues Programm. Adressat ist ein Publikum „von maximaler sittlicher Reife auf höchst intelligentem Niveau“.

    „Wie macht man aus Menschen Konsumenten?“, fragt Philipp Weber und hält ein flammendes Plädoyer gegen Konsumterror und Manipulation. Mit überschäumender Leidenschaft tritt er an gegen die Wunderwaffe Marketing. Auf seinem Weg dorthin redet sich der Kabarettist, Autor und Verbraucherschützer derart in Rage, dass sowohl ihm als auch dem Publikum kaum Zeit zum Atemholen bleibt. Eben noch in Sitzposition springt der 42-Jährige auf, tigert von Bühnenrand zu Bühnenrand und öffnet im rekordverdächtigen Schnellsprechertempo der Konsumgesellschaft die Augen. Was er sagt, hat Hand und Fuß, seine Pointen bewegen sich auf hohem Niveau. Weber will nicht nur unterhalten, sondern wachrütteln für die Verführungskünste der Konzerne.

    „Weber N° 5: Ich liebe ihn“, abgeleitet vom McDonald?s-Slogan, lebt vom intelligenten Mix aus Kleinkunst und Inhalt. Eigenwillige Ideen sind seine Stärke, gerade wenn er sich empört über Werbung, die selbst vor dem Kind im Bauch nicht halt mache, über Konzerne, deren Macht dank der „rappenden Kuh Pudding-Paula“ bis in die Schulen reiche.

    Die Industrie manipuliere Eltern, jährlich 90 Millionen Euro in Kinderlebensmittel zu investieren. „75 Prozent davon sind süß und fettig“, warnt der studierte Chemiker und Biologe und erinnert sich an seine Jugend ohne Kinderlebensmittel in Amorbach (Odenwald): „Da vergingen zwischen Muttermilch und Saumagen maximal fünf Minuten“.

    „Bier erhöht nicht die sexuelle Aktivität“, klärt er auf und nennt das Grundprinzip des Gerstensaftes: „Bier ist da, dass dir der Misserfolg nichts mehr ausmacht“. Apropos sexuelle Aktivität. 43 Prozent der Deutschen Frauen leide unter mangelnder Lust, die dank lustförderndem Nasenspray chemisch abrufbar sei. „Herbert, ich bin soweit“, laute das Startsignal zum Schäferstündchen.

    Der vielfach ausgezeichnete Kabarettpreisträger regt sich auf über das Füllhorn an Medikamenten und verordnet – selbstredend ohne Risiken und Nebenwirkungen – gegen HDS (Humor-Defizit-Syndrom) herzhaftes Lachen. Er kritisiert das selbstfahrende Auto („Da kann ich auch mit dem Zug nach Kassel fahren“), den Mann, der sich vom Jäger und Sammler zum Impulskäufer entwickelt, oder die „Business-Class-Kita“. Da könne man Kinder bereits um 5 Uhr morgens abliefern und erst nach dem Abitur wieder abholen.

    Wegen Platznot ob des überdimensionalen TV-Flachbildschirmes müsse er auf den Balkon ausweichen, obwohl dort schon der Weber-Grill „Galaxis“ stehe. „Werbung lügt“ betont er: „Denn kein Deo macht Weiber geil“. 50 Prozent aller Männerdüfte würden von Frauen gekauft. Aber warum? „Damit der Fettsack daheim wenigstens riecht wie David Beckham“.

    Applaus und nochmals Applaus für zwei Stunden, die das Bewusstsein schärfen für den freien Willen entgegen dem Manipulationsversuch der Industrie. Wird die Anleitung dazu „webermäßig lustig“ verpackt, fällt dem „kleinen, tapferen Lohrer Kulturmenschen“ die Umsetzung umso leichter.

    Veranstalter waren ktm-events und Kulturamt der Stadt Lohr.

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