Der Gemeinderat hat am Dienstag einstimmig beschlossen, keine Flächen aus dem Gemeindewald für die Kernzone einer Biosphärenregion Spessart zur Verfügung zu stellen. Über ein Ja oder Nein für die Biosphärenregion selbst wurde nicht abgestimmt. Begründung: Kommt die Kernzone nicht zustande, wird es keine Biosphärenregion geben.
Der Gemeindewald werde auch ohne Biosphärenregion seit Jahren ressourcenschonend bewirtschaftet, betonte Bürgermeister Karlheinz Albert. Nachhaltigkeit gehe dabei vor Gewinnmaximierung. Zwei Flächen seien im Rahmen des Förderprogramms "Klimaangepasstes Waldmanagement" aus der Bewirtschaftung genommen worden.
Zudem sei der Gemeindewald FSC-zertifiziert. "Wir brauchen keine weiteren Bestimmungen", so der Bürgermeister. Ihn treibt nach eigenen Worten die Sorge um, es könne Einschränkungen bei der Bekämpfung von Schädlingen geben. Durch eine Biosphärenregion sehe er keine Vorteile für die Gemeinde.
Zwei Forstleute bei Sitzung
Als Fachleute waren Wolfgang Grimm, Bereichsleiter Forst im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt und Betriebsleiter des Gemeindewalds, und der neue Revierleiter Simon Pillmeier anwesend. Ökologisch extrem hochwertige Flächen mit vielen Lebensräumen, viel Totholz und uralten Bäumen gebe es im Neuendorfer Wald nicht, meinte Grimm.
Dennoch seien dort überdurchschnittlich viele interessante Habitat- und Biotopbäume zu finden. Das sei dem langjährigen Revierleiter Stefan Feller zu verdanken, der für eine besondere Bewirtschaftung des Neuendorfer Waldes gesorgt habe. Ein Experte habe vor Jahren festgestellt, dass es im Neuendorfer Gemeindewald neun bis elf verschiedene Fledermausarten gebe, was sehr viel sei.
Das bedeutet laut Grimm, dass der Neuendorfer Wald, obwohl oder gerade, weil er bewirtschaftet wird, sehr vielfältig sei. Für die Gemeinde bestehe daher kein Anlass, noch mehr für die Natur im Wald zu tun. Der Gemeindewald sei "in einem richtig guten Zustand".
Dass zwei kleinere Flächen für das klimaangepasste Waldmanagement aus der Bewirtschaftung genommen worden seien, sei vertretbar. Aber für die Kernzone einer Biosphärenregion Spessart würden 5500 Hektar gebraucht. Die Kernzone müsse nicht zusammenhängend sein, eine einzelne Parzelle solle aber mindestens 50 Hektar groß sein.
Im Norden an den Gemeindewald angrenzend seien 18 Hektar Staatswald als Naturwald ausgewiesen worden, die in die Kernzone eingehen sollten. Bis 50 Hektar fehlten noch 32 Hektar. Im benachbarten Privatwald sei diese Fläche nicht ausweisbar, allein schon nicht wegen der Besitzzersplitterung.
In Anbetracht der Gesamtgröße des Neuendorfer Gemeindewalds (rund 190 Hektar) wäre es nach Grimms Worten nicht verhältnismäßig, die fehlende Fläche von der Gemeinde zu erwarten, obwohl es in der Nähe eine sehr schöne Waldfläche mit über 100 Jahre alten Bäumen gebe.
Für die Kernzone stünden bislang nur 1000 Hektar aus dem Staatswald und 200 Hektar der Stadt Lohr zur Verfügung. "Das ist das Problem, die Kernzone zusammenzubekommen", so der Bereichsleiter. Der Neuendorfer Gemeindewald sei zu klein, um dazu einen nennenswerten Beitrag zu leisten.
Fördermittel und Werbung
Wenn sich die Gemeinde entschließe, ja zu einer Biosphärenregion zu sagen, ohne einen Beitrag zur Kernzone zu leisten, könnte das nach Grimms Angaben gewisse wirtschaftliche Vorteile bringen, etwa in der Tourismuswerbung oder in Form von Fördermitteln.
Daran glaubt Bürgermeister Albert allerdings nicht: "Nach meinen Erfahrungen fallen wir hier am Rand immer durch." Er sehe deshalb keine Vorteile durch eine Biosphärenregion: "Wir haben den Naturpark Spessart, wir müssen kein neues Kind gebären, das kostet nur Geld."
Dennoch wollte er darüber abstimmen lassen, dass sich der Gemeinderat für eine Biosphärenregion ausspricht, aber keine Fläche für die Kernzone zur Verfügung stellt. Stephan Kraus von der Verwaltungsgemeinschaft Lohr gab zu bedenken, dass die Suche nach Flächen für die Kernzone der entscheidende Punkt ist. Ohne Kernzone brauche man nicht über eine Mitgliedschaft in der Biosphärenregion zu reden.
2. Bürgermeister Bernd Ries schlug vor, die Abstimmung über die Biosphärenregion auf später zu verschieben und nur über eine Fläche für die Kernzone abzustimmen. So geschah es. Das Votum fiel mit 7:0 Stimmen dagegen eindeutig aus.